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Modulbau mit Metall im tschechischen Vizovice

Forschungszentrum von Chybik + Kristof im tschechischen Vizovice
Modulbau mit Metall

Flexibles Haus fast komplett aus Aluminium: Mit dem Forschungszentrum des Modulbauers Koma haben die Architekten Ondřej Chybík und Michal Krištof von Chybik + Kristof die Grenzen der Modulbauweise bewusst überschritten.

Autor Thomas Geuder

Der Klimawandel und die Energiewende sind momentan die wichtigsten Transformationstreiber des Bauwesens. Die Wahl der in einem Gebäude verbauten Materialien spielt dabei eine wichtige Rolle. Hier liegt der Fokus auf deren Produktion, Haltbarkeit, Rückbaubarkeit sowie Rezyklierbarkeit.

Auch das Bauen selbst erlebt eine grundlegende Erneuerung. Es geht ein gutes Stück weit weg vom auf der Baustelle angefertigten Unikat, hin zur schnelleren und kostengünstigeren Vorfertigung einzelner Elemente oder ganzer Module.

An diesen Entwicklungen beteiligt sich auch der Modulbauer Koma im tschechischen Vizovice. Dort entstehen seit rund 30 Jahren modulare Häuser. Internationale Bekanntheit erlangte der Hersteller mit dem tschechischen Länderbeitrag zur Expo 2015 in Mailand, der damals die Bronzemedaille für die Architektur erhielt.

Treffpunkt für Fachleute

Der Entwurf stammt vom Architekturstudio Chybik + Kristof, das Büros in Prag, Brünn und Bratislava betreibt. Das Gebilde wurde aus recycelbaren Modulen zusammengefügt und konnte deshalb nach der Nutzung auf dem Expo-Gelände komplett ab- und am Hauptsitz von Koma wieder aufgebaut werden. Als Bürogebäude bildet es seitdem den architektonischen Auftakt zum Produktionsgelände.

Die damalige Projektpartnerschaft hat nun zum Bau eines Forschungszentrums in direkter Nachbarschaft zum ehemaligen Expo-Haus geführt. Der eingeschossige Pavillon-Neubau schließt zusammen mit einem dritten Gebäude – der modularen, 2014 mit Chybik + Kristof verwirklichten Cafeteria – einen dreieckigen, halböffentlichen Vorplatz. Durch seine geringe Höhe lässt der Neubau von der Straße aus genügend Einblicke auf das ehemalige Expo-Gebäude zu.

Experimentelle Zickzack-Form

Aus seinem begrünten Dach ragen zwei große, metallisch glänzende Oberlichter pyramidenförmig heraus. Sie geben damit einen ersten Vorgeschmack auf die vorrangige Materialität. In der Außenansicht erschließt sich bereits die experimentelle Gebäudeform, in der kein rechter Winkel zu existieren scheint. Vielmehr zeigt sich das Bauwerk in einer freien Zickzack-Form, mit geschlossenen sowie raumhohen und breiten Glasöffnungen. Damit verweisen die Planer von Chybik + Kristof auf die Nutzung als Forschungs- und Innovationszentrum. Es soll zukünftig diversen Fachleuten als Treffpunkt dienen, um Produkte für die Zukunft der Modularität zu entwickeln.

Mehr noch aber geht es den Architekten um die Weiterentwicklung der Idee des auf Elementen basierenden Bauens. „Wir glauben an die Zukunft der modularen Architektur. Deshalb haben wir die traditionelle rechteckige Konstruktion infrage gestellt, um neue Grenzen zu erkunden“, betonen Ondřej Chybík und Michal Krištof.

Der Modulbau basiert heute meistens auf rechtwinkligen Modulen. Deren Breite, Höhe und Länge wird durch die maximalen und damit wirtschaftlichsten Größen durch die Fließbänder und den Transport definiert. Die Versuchung ist also groß, beim Entwurf solcher Bauten die einzelnen Module lediglich aneinanderzureihen, wie in einer Art Vervielfachungsprozess in der Horizontalen und der Vertikalen.

Prototyp für freies modulares Bauen

„Dieses für bestimmte Zwecke sicherlich effektive System schränkt jedoch die Gestaltungsmöglichkeiten ein, besonders für Bauherren, die unregelmäßig geformte Grundstücke haben oder Räume benötigen, die breiter oder höher sind als die Standardmaße“, erläutern die Planer. Deshalb sollte das Forschungszentrum ein Prototyp für freies modulares Bauen werden, in dem die Rahmenbedingungen aus der Produktion künftig in ein anpassungsfähiges System überführt werden können.

Im konkreten Fall basiert der Pavillon von Chybik + Kristof auf einem trapezförmigen Element, das entweder komplett oder halbiert als gefüllte Stahlrahmenkonstruktion vorgefertigt wurde. Die insgesamt sechs Teile wurden zunächst auf dem Grundstück frei angeordnet, wodurch sie bereits die Konturen des Pavillongebäudes vorzeichneten. Die Module begrenzen jedoch – so der Gedankenkniff der Architekten – nicht bloß einen Raum in ihrem Inneren, sondern dienen gleichzeitig als dreidimensionale Stütze für die Dächer des großen, offenen und vor allem stützenfreien Raums, der sich nun zwischen den Elementen aufspannt.

Im Gegensatz zum traditionellen Modulbau entsteht der Hauptraum bei diesem System durch den Freiraum zwischen den einzelnen Elementen. Um diesen Ansatz räumlich zu schärfen, weisen diejenigen mit geschlossenen Flächen und die Außenflächen des Freiraums viel Glas auf. Die Decken sind entweder geschlossen oder mit einem – ebenfalls frei geformten – Oberlicht versehen. Vorhänge trennen einzelne Bereiche ab, wodurch der Raum den Bedürfnissen angepasst wird. Das trifft ebenso auf die Möbel zu.

Trapez als Grundlage

Ins Auge springt die Materialität des Bauwerks. Dessen Oberflächen bestehen innen wie außen fast komplett aus Aluminium, genauer gesagt aus einem perforierten Alublech. Es ist eines der gebräuchlichsten und meistverwendeten bei Koma, da es leicht, maschinell bearbeitbar, wartungsfreundlich und haltbar ist und zudem nicht beschichtet werden muss.

Das Forschungszentrum dient zugleich als Prototyp für weitere Materialtests. Um die beste Spezifikation für das Produkt zu ermitteln, experimentieren die Fachleute mit verschiedenen Perforationsdichten und -durchmessern. Das verwendete Aluminium stammt, so versichert uns der Hersteller, aus lokaler Produktion. Es wurde also nicht über weite Strecken an Ort und Stelle transportiert. Das reduzierte den CO2-Fußabdruck.

Technisch-kühles Ambiente

Das metallisch-matt glänzende Material bestimmt Wände und Decken. Eine ähnliche Farbigkeit weist der Linoleumboden auf. Dieses eher technisch-kühle Ambiente erzeugt eine Innenraumatmosphäre, die von Innovation geprägt ist und die bestehenden Vorstellungen des modularen Bauens hinterfragt beziehungsweise weiterdenkt.

Bis auf das notwendige Betonfundament ist das Gebäude demontierbar. Die Module sind laut Hersteller sogar zu 100 % recycelbar. Damit ist ein wichtiger Aspekt des neuen Bauens bereits erfüllt.


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Porträt: KIVA. Courtesy of Chybik + Kristof Architects & Urban Designers

Chybik + Kristof

wurde 2010 von Ondřej Chybík (links) und Michal Krištof gegründet. Mit 60 Mitarbeitern sind sie auf den Gebieten Stadtplanung, öffentliche und private Bauten aktiv.

Über die Architekten


Fakten

Projekt: Forschungszentrum
Standort: Říčanská 1191, 763 12 Vizovice, Tschechien

 

Bauherr: Koma Modular s.r.o.
Bauaufgabe: Fertigstellung eines Forschungszentrums. Als dritter Teil des Masterplans dient es auch als öffentlicher Bereich und Zugang zum Fabrikkomplex
Architektur: Chybik + Kristof Architects & Urban Designers
Landschaftsarchitektur: Atelier Zahradní a Krajinářské Architektury Sendler
Gebäudetechnik: Jiří Valenta, Oldřich Studený, Petr Chval
Fertigstellung: 2022
Geschosse: 1
Geschossfläche: 170 m²
Materialien: perforierte Aluminiumplatten für Wände und Decken, ‚Marmoleum‘ von Forbo Flooring als Bodenbelag
Ausstattung (Auswahl): maßgeschneiderte, modulare und mobile Möbel, Sanitärkeramik von Laufen, Stühle von Vitra

Zum Interview mit Ondřej Chybík und Michal Krištof

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