Im Stuttgarter Westen steht seit kurzem die neue Jugendverkehrsschule nach Plänen von asp Architekten. Der Bau bezieht Nachhaltigkeitsaspekte mit ein.
1953 wurde die erste Jugendverkehrsschule Deutschlands auf dem Diakonissenplatz in Stuttgart eingeweiht. Während die Schulen früher vor allem das Bildungsziel erfüllten, Kinder zu mündigen Verkehrsteilnehmern zu machen, ist es das Gebot der Stunde, auch die Bauten selbst unter Einbeziehung von Nachhaltigkeitsaspekten zu planen. Der Neubau im Stuttgarter Westen von asp Architekten ersetzt den Bau am Diakonissenplatz.
Hier geht es um Bewegung
Fast wie ein Teil der Landschaft legt sich der eingeschossige Holzbau über den südlichen Rand des städtischen Grünzuges zwischen Zahmenhofstraße und der Straße Unter dem Birkenkopf. Man begreift sofort: Hier geht es um Bewegung. Dieser Eindruck entsteht nicht nur durch die geschwungene Form des Baus. Die Ausgestaltung seiner Hülle verstärkt diesen Eindruck noch.
Die vorvergrauten Nut- und Federbretter aus Europäischer Lärche an der Fassade sind im 45-Grad-Winkel geneigt. Die Vor- und Rücksprünge erhalten in der Fassade dadurch eine zusätzliche Dynamik. Ein gefaltetes, leicht geneigtes, begrüntes Flachdach mit Wasserspeicher unterstreicht diesen Effekt. Einzig die Durchfahrt und die „Einschnitte“ an der Nord- und Südseite des Gebäudes heben sich in einem leuchtende Rot hervor. Sie setzen Akzente und helfen bei der Orientierung auf dem Gelände.
Alles unter einem begrünten Dach
Insgesamt gliedert sich die Jugendverkehrsschule mit ihren knapp 500 Quadratmetern Netto-Raumfläche in vier Teilbereiche. Die leuchtend rote Zufahrt zu den PKWStellplätzen und für Einsatzfahrzeuge ist überdacht und schneidet sich optisch durch das Gebäudevolumen. Für die Kinder gibt es einen weitläufigen Eingang mit Garderoben und Sitzgelegenheiten sowie einen Schulungsraum und Sanitärräume. Die vor Ort stationierten Polizisten haben ihre eigenen Bereiche: Büro, Teeküche, Umkleiden und eine dem Gebäude auf der Südostseite vorgelagerte Aufenthaltsterrasse schaffen eine angenehme Arbeitsumgebung. Ergänzt wird das Raumprogramm durch betriebsrelevante Einrichtungen: Eine Werkstatt, ein Lager, ein Fahrradraum sowie ein Trockenraum für nasse Kleidung und ein Sanitätsraum.
Reduzierte Materialität mit maximaler Wirkung
Die Materialität des Innenraums gestaltet sich wie das gesamte Gebäude ressourcenschonend, ohne dabei den ästhetischen Reiz und die Raumqualität zu vernachlässigen. Um mit wenigen Mitteln eine maximale Wirkung zu erzeugen, sind Materialität und Farbgebung außen wie innen durchgängig, authentisch und pur. Die gedämmte Stahlbetonplatte, die als Basis für die gesamte Holzkonstruktion dient, wurde lediglich mit einem Hartstoffsichtestrich versehen, geschliffen und geölt.
„Um mit wenigen Mitteln eine maximale Wirkung zu erzeugen, sind Materialität und Farbgebung außen wie innen durchgängig, authentisch und pur.“
Die Wände und Hohlkastendecken wurden mit Platten in seidenmatt geölter Fichte verkleidet, wobei letztere zur Verbesserung der Raumakustik ein Lochmuster erhalten haben. Gleichzeitig dient die Perforation in einigen Wänden als Halterung für Holzstifte, die die Kinder nach einem spielerischen Steckprinzip zum Beispiel als Garderobenhaken nutzen können. Auch im Innenraum findet sich bei Einbauten oder der Möblierung ein Leuchtrot als Kontrast zur reduzierten Materialität in Beton und Holz.
asp Architekten setzen Projekt nachhaltig um
Dem Gebäude vorgelagert befindet sich der abwechslungsreiche, großzügige Fahrradparcours. Hier können sich die Kinder auf unterschiedlichen Untergründen wie Sand, Kies oder Kopfsteinpflaster mit ihren Rädern ausprobieren. Es gibt ein Bahngleis, das überquert werden darf, und auch eine Beschilderung, die die Fähigkeit der Kinder fördert, gleichzeitig Fahrrad zu fahren und sich zu orientieren. Mit der neuen Jugendverkehrsschule im Stuttgarter Vogelsang haben asp Architekten ein Projekt umgesetzt, das über seine wohldurchdachte Ausgestaltung nicht nur Beweglichkeit symbolisiert. Dank seiner Angemessenheit in Bezug auf Konstruktion, Materialität und Nutzbarkeit setzt es auch ein Zeichen für zeitgemäßes Bauen.
Fakten
Projekt: Jugendverkehrsschule Stuttgart
Standort: Vogelsang, Stuttgart
Fertigstellung: 2021
Architektur: asp Architekten GmbH, Stuttgart/DE, Webseite des Büros
Holzbau: Holzbau Schaible GmbH, Wildberg
Fotos: Zooey Braun
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