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Neubau von Christ & Gantenbein in Grenzach-Wyhlen/DE

Neubau von Christ & Gantenbein in Grenzach-Wyhlen/DE
Blick in die Zukunft

Frischer Wind bei einem Pharmariesen. Flexibilität ist beim jüngsten Neubau auf dem Roche-Campus nicht nur Wunsch, sondern wichtigster Teil des Entwurfskonzepts von Christ & Gantenbein: vom Bauwerk bis zur Möblierung.

Autor Thomas Geuder

Kaum ein Gestaltungsthema hat sich in den vergangenen Jahrzehnten derart gewandelt wie das Büro. Die Coronapandemie hat zudem gezeigt, dass das Arbeiten an verschiedenen Orten durchaus möglich ist, also auch im Homeoffice oder im Café um die Ecke. Dieser „New Way of Working“ in hybriden Arbeitswelten hat enorme Auswirkungen auf die Gestaltung der Büros in den Unternehmen, die umso mehr auf die veränderte Arbeitsweise reagieren müssen. Die Flexibilität – schon vor Corona ein wichtiges Schlagwort – hat dabei ein ungleich größeres Gewicht erhalten.

Büros müssen künftig als Ort der Identifikation mit dem Unternehmen funktionieren. Sie müssen maßgeschneidert, dabei anpassungsfähig sein. Sie müssen Raum zu kreativer Zusammenarbeit bieten, aber auch zu konzentriertem Rückzug und Kontemplation. Und sie müssen Lust auf Arbeit machen. Das Büro als multifunktionaler Ort also, als eine Art Stadt im Kleinformat, die bietet, was der Mensch zum neuen Arbeits-Lifestyle benötigt.

Christ & Gantenbein
Foto: Beat Ernst

Neues im Roche-Campus

Permanentes Wachstum und Platzmangel wie auch der deutliche Wandel durch Digitalisierung bedingten die Entscheidung für einen Neubau. Um auf diese Transformation eine adäquate Antwort zu finden, sollte die Art der Zusammenarbeit neu gedacht und damit das Unternehmen agiler werden, so der Wunsch des Bauherrn.

Es mussten also flexible und hybride Arbeitswelten geschaffen werden – in einem Neubau, der das künftige Zentrum des Roche-Campus mit immerhin rund 1 450 Beschäftigten ist.

Bereits im Jahr 2011 errichteten die Architekten von Christ & Gantenbein hier ein Büro- und ein Technikgebäude. Mit dem Neubau soll nun der Anfang des nächsten Kapitels in der Firmenhistorie geschrieben werden.

Städtebaulich schreibt er ein eher rationales Raster fort, für das zwei ältere Gebäude weichen mussten. Im Umfeld entsteht dafür eine Parklandschaft, die auch für die Öffentlichkeit jederzeit zugänglich ist. Der Pharmakonzern will Offenheit zeigen und so den inneren Wandel auch nach außen sichtbar machen.

Aussenansicht
Foto: Beat Ernst

Reduziert industrielles Bauwerk

Als Reminiszenz an den Pionier- und Unternehmergeist von Gründer Fritz Hoffmann, der die Firma F. Hoffmann-La Roche im Jahr 1898 gründete, hat das Multifunktionsgebäude den Namen Fritz erhalten. Der 23 m und fünf Stockwerke hohe und in der Grundfläche 50 x 36 m große Neubau erscheint kompakt, mit markanten, auf Gehrung geschnittenen Ecken, die freilich keine Referenz auf die Postmoderne sind, sondern als subtile Anspielung auf das Unternehmenslogo erscheinen.

Mit der streng orthogonal gegliederten Fassadenkomposition, in der die Aussteifungen hinter den Fenstern sichtbar sind, soll wiederum an eine Art industriellen Palazzo erinnert werden. Auch mit der eher nüchternen Materialpalette aus Aluminiumprofilen und Fensterflächen will man auf den Fabrikationshintergrund des Standorts verweisen und gleichzeitig die für viele Schweizer Bauten typische, raffinierte, aber zurückhaltende Eleganz erzeugen.

In den vier markanten Ecken befinden sich die ebenfalls im 45-Grad-Winkel angeordneten Erschließungskerne mit Nebenräumen. Zusammen mit einigen wenigen Stützen bilden sie einen Ring, der eine markante Kassettendecke trägt.

Durch dieses Konstruktionssystem erreichen die Architekten, dass die inneren Flächen stützenfrei bleiben können und somit ein großzügiger, nicht hierarchischer Innenraum gebildet wird, der alle erdenklichen Möglichkeiten der räumlichen Gestaltung im „Multifunctional Workspace Building“ offenlässt.

Christ & Gantenbein
Foto: Mark Niedermann

Ohne konstruktive Störung

So ist im kompletten Erdgeschoss das Foyer untergebracht, im ersten und zweiten Obergeschoss befindet sich ein (dreifach teilbares) Auditorium mit bis zu 550 Plätzen, darüber folgen schließlich die offenen, hellen und flexibel einrichtbaren Bürogeschosse.

Mit der Coronapandemie ist für viele Mitarbeiter die Arbeit mit anderen Lebensbereichen nahezu verschmolzen, sie beeinflussen sich wechselseitig. Zudem sind Arbeitsprozesse heute von interdisziplinärer Denkweise geleitet. Teambasierte Arbeitsformen und hybride Arbeitsmethoden gelten als Standard. Mit ihrer architektonischen Ausgestaltung des Gebäudes haben Christ & Gantenbein dafür eine gute Basis geschaffen.

Roche
Foto: Mark Niedermann

Dynamische Arbeitsatmosphäre

Die Ausgestaltung der Innenräume erfolgte wiederum in Zusammenarbeit mit dem Basler Gestaltungsbüro Inch Furniture. Es entwickelte ein Konzept, das den Anspruch hat, als Open Space möglichst zeitlos zu sein. Die eigens entwickelten Möbel sollen den unterschiedlichen Anforderungen an einen Arbeitsplatz auf selbstverständliche Weise gerecht werden und den Raum heterogen strukturieren.

Das innenräumliche Programm ist dabei bewusst auf die – wenn auch noch unbekannte – Zukunft ausgerichtet, in der die große Flexibilität den nicht digitalen Austausch fördern dürfte. Offene Flächen, veränderbare Elemente und neue, hybride Technologien sollen hier eine dynamische Arbeitsatmosphäre und ein professionelles Umfeld erzeugen.

Roche
Foto: Mark Niedermann

Zehn Orte der Zusammenarbeit

Inch Furniture hat jedes Objekt im Gebäude entworfen und kuratiert. In diesem Prozess arbeitete das Team elf ‚Fritz Elements‘ heraus, die sich zwischen den Polen Arbeit und Erholung sowie Öffentlichkeit und Privatsphäre bewegen. Ihre Namen lauten: ‚Creative Lab‘, ‚Flexible Workstation‘, ‚Agility Space‘, ‚Meeting Hub‘, ‚Silent Hub‘, ‚Sky Box‘, ‚Forest Circle‘, ‚Community Table‘, ‚Desert Area‘, ‚Residential Area‘ und ‚Teeküche‘.

Mit ihnen soll alles geboten sein, was zum Arbeiten bei Roche benötigt wird, also Raum für konzentriertes Arbeiten, soziale Interaktion, kreative Auseinandersetzung, auch genussvolle Momente, formelle und informelle Begegnungen sowie Rückzug und persönliche Kontemplation.

„Durch das Zusammenspiel der ‚Fritz Elements‘ entsteht die Atmosphäre eines verwobenen urbanen Raumes“, erklären die Planer von Inch Furniture und verweisen damit im Grunde darauf, dass ein Bürogebäude wohl am besten funktioniert, wenn es gestaltet ist wie die älteste Struktur des Zusammenlebens: die Stadt, die im Idealfall kein starres, sondern ein sich anpassendes, flexibles Gebilde ist.

Christ & Gantenbein ergänzen: „Entscheidend für die Qualität eines neuen Gebäudes ist seine Fähigkeit, Veränderungen im Laufe der Zeit zu antizipieren und sich an sich verändernde Bedingungen anzupassen.“ So können beim Fritz neue Anforderungen und noch zu entdeckende Formen der Zusammenarbeit recht problemlos umgesetzt werden.

Inch Furniture
Foto: Mark Niedermann

Zukunftsträchtig

Zu einem nachhaltigen Gebäude gehört auch die Wahl der Materialien. So berücksichtigten die Planer beim Innenausbau die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft. Sie verzichteten daher weitgehend auf Verbundstoffe und geklebte Verbindungen und bevorzugten energieeffiziente Geräte. Nicht zuletzt setzten sie auf langlebige sowie up- und recycelbare Materialien und ressourcenschonende Produktionsverfahren.

Der Bodenbelag in der ebenerdigen Empfangszone besteht aus geschliffenem, grobkörnigem Ortbeton und die maßgefertigten Einbauten aus Kreissegmenten mit Frontschürzen aus eloxiertem Strukturblech. Die ansonsten heterogene Möblierung ist locker angeordnet, mit großformatigen Teppichen und Pflanzeninseln. So soll ein Hauch internationaler Grandezza erzeugt werden. Ähnlich heterogen und elegant nüchtern erscheinen die Bürogeschosse, wobei viele Möbel mit Rollen versehen sind, um sie jederzeit neu platzieren zu können.

Einen wichtigen Teil der Nachhaltigkeitsstrategie macht die exakte Dokumentation der eingesetzten Produkte und Materialien aus. Das wiederum vereinfacht deren Pflege, Reparatur und möglichst verlustfreies Recycling in deutlicher Weise. In einer Zeit, in der die Arbeitswelt sich immer schneller wandelt und Bedürfnisse und Techniken hinzukommen oder eines Tages sogar obsolet werden, ist diese maximale Flexibilisierung des Büros wohl der einzig angemessene Weg in die Zukunft.

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Porträt: Lukas Wassmann

Christoph Gantenbein (li.) und Emanuel Christ

gründeten 1998 ihr Büro mit Hauptsitz in Basel und beschäftigen heute ein Team von 100 Architekten aus 20 Ländern. In der Arbeit sind Praxis und Forschung miteinander verwoben, was sich auch in der akademischen Lehre der beiden widerspiegelt.


Fakten

Projekt: Roche Multifunctional Workspace Building

Standort: Emil-Barell-Straße 1, 79639 Grenzach-Wyhlen, Deutschland

 

Bauherr: Roche Pharma AG, Deutschland

Architektur: Christ & Gantenbein, www.christgantenbein.com

Bauaufgabe: Verwaltungsbau

Fertigstellung: 2021

Geschosse: 1 UG, EG, 4 OG

Nutz-/Wohnfläche: 10 000 m²

Ausstattung: Inch Furniture

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