Dass Behnisch Architekten mit ihrer Adidas Arena ein ikonisches Gebäude gebaut haben, darüber muss man nicht streiten, das sieht man auf den ersten Blick. Wie bei guter Architektur üblich, funktioniert diese ohne erläuternden Beipackzettel. So könnte man an dieser Stelle innehalten und das Ganze für sich selbst sprechen lassen.
Wir sprachen aber natürlich mit Stefan Behnisch über den Entwurf und er erklärte uns: „Das Projekt sollte flexible, kooperations- und kommunikationsfördernde Arbeitsbereiche auf möglichst wenig Ebenen bieten und weithin sichtbar eine deutliche Zeichenhaftigkeit abbilden.“ Bei Adidas hört sich das gleich etwas pointierter und absoluter an. Man verlangte tatsächlich, dass den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Arena die „besten Arbeitsplätze der Welt“ zur Verfügung stehen.
Harmonisches Wechselspiel
Der Arbeitsplatz der Zukunft braucht einen flexibel nutzbaren Raum, sie müssen Bereiche der Kontemplation und der Konzentration bieten und sich leicht an wechselnde Arbeitsbedingungen anpassen lassen. Ein guter Arbeitsplatz, der wie ein guter Sportschuh optimal passt, Leistung ermöglicht und eine Markenbotschaft und Markenidentität vermittelt.
Die neue Adidas Arena ist im Erdgeschoss als hochflexible Raumfolge entworfen und konzipiert. Besucher und Mitarbeiter betreten ebenerdig einen Gebäudeteil, der äußerlich wie ein modellierter Landschaftshügel geformt ist und die gewohnte Maßstäblichkeit eines Bürogebäudes bietet. Der Weg führt zunächst in ein lichtdurchflutetes, offenes und für Veranstaltungen nutzbares Atrium.
Der Raum öffnet sich hier in die oberen Geschosse, von deren Größe man bereits beeindruckt ist, wenn man sich dem Bau nähert; die aber erst mal wie ein Arkanum über einem schweben und wenig über ihren Inhalt verraten. Man kann hier durchaus erkennen, dass die Planer den Menschen in ein Gebäude führen, dessen Kantenlänge 120 m beträgt und das leicht einschüchternd wirken könnte.
Die wahren Raumdimensionen werden im Erdgeschoss lediglich angedeutet. Im Atrium öffnet sich das Gebäude in die oberen Geschosse. Ein sich zum Campus hin anschließendes Bistro mit Terrasse verbindet den Innenraum mit den Freiflächen des Außenbereichs.
Über einen Lichthof können Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen das über dem Erdgeschoss liegende Landschaftsgeschoss erreichen und dort das Angebot an Aufenthalts- und Verweilmöglichkeiten nutzen. Grün- und Sitzflächen ergänzen sich und stehen im harmonischen Wechselspiel. Über differenziert angelegte Wege wird das in den Außenraum offene Geschoss an den Gesamtcampus und die Sportflächen angebunden
Arbeitsplatz der Zukunft
Skulpturales Herzstück des Gebäudes ist die beeindruckende freitragende Treppe im zentralen Atrium. Hier besteht für die Mitarbeiter die Möglichkeit, ihren Arbeitstag kommunikativ zu beginnen, denn die Treppe ist als Ort für Begegnungen und Kommunikation konzipiert. Orientierung ist in einem Gebäude dieser Größe eine Grundqualität.
Die oberen Geschosse empfangen ihre Besucher mit einer „Magistrale“, die sich von der einen Fassade zur gegenüberliegenden Fassade durchzieht und, laut Stefan Behnisch, „wie ein lebendiger Marktplatz die drei Arbeitsebenen vertikal und horizontal über einen Luftraum verbindet“.
Wie aber schaut er aus, der Arbeitsplatz der Zukunft? Adidas hatte die klare Vorstellung von möglichst großen und flexiblen Büroflächen, die sich mit informellen sowie formellen Kommunikationszentren und Freizeitbereichen abwechseln.
Mit einem speziell entwickelten, sogenannten „MyArena-Konzept“ entwarfen die Planer den architektonischen Rahmen für eine kreative Arbeitsatmosphäre. Die Arbeitsplätze stehen auf einer der offenen Flächen oder als Rückzugsbereiche für konzentriertes Arbeiten zur Verfügung. Behnisch Architekten erklären: „Die Büroflächen sind modular auf einer flexiblen und wandelbaren Matrix in die drei Geschosse eingestreut und gruppieren sich um unterschiedlich große, für die Tageslichtversorgung optimierte Lichthöfe.
Die folgen einem geordneten Raster, sind jedoch frei bespielbar.“ Auch in der Materialität gibt man sich klar und ehrlich! Der industrielle Look der Innenräume ist Programm: Der „Werkstattcharakter“ und die einfachen und robusten Details sollen die Wandelbarkeit der Arbeitsplätze andeuten.
Orientierung und Identität
In den oberen drei Geschossen sind sechs Zugangsbereiche je Ebene als „adressbildende“ Orte gestaltet, für die über ihre Materialität und Farbgebung eine eigene Identität entwickelt wurde. Man hat sich dabei an sechs „Key Cities“ orientiert, die für das Unternehmen Adidas bedeutende Orte sind.
Die Metropolen London. Los Angeles, Tokio, New York, Shanghai und Paris werden über unterschiedliche Farbschemata dargestellt. „Tokio“ zum Beispiel ist laut Behnisch Architekten „vom Weiß der Kirschblüten und von der traditionellen japanischen Architektur inspiriert: Das Design wird bestimmt durch Schwarz-Weiß-Kontraste, die Farbe Dunkellila und filigrane, hölzerne Strukturen“.
Damit man sich in diesem Haus zurechtfindet, haben Behnisch Architekten gemeinsam mit den Kollegen von Ockert und Partner aus Stuttgart ein Orientierungskonzept entworfen, das das Zurechtfinden im Gebäude unterstützt und das Architekturkonzept stärkt. Die Farbcodes der „Key Cities“ bilden die oberste Hierarchie, die durch das Stützenraster feiner gegliedert wird.
Wer sich in die Welt der Adidas Arena vertieft, wird auch Räume entdecken, die scheinbar ausschließlich der sportlichen Freizeit dienen. Aber das ist nur naheliegend. Adidas lebt für den Sport und natürlich vom Sport. Dass sportliche Freizeiteinrichtungen auch zur Attraktivität des Arbeitsplatzes beitragen, ist natürlich ein gewollter Nebeneffekt.
Ein Interview mit Stefan Behnisch lesen Sie hier
Architekt Stefan Behnisch
leitet mit vier weiteren Partnern das Büro Behnisch Architekten, ein weltweit agierendes Büro mit breitem Leistungsspektrum. Arbeitsbereiche: Schulen, Verwaltungsgebäude, Universitäten, Wohnbauten, Konzerthallen und Sportanlagen.
Factsheet
Projekt: Adidas World of Sports
Standort: Adi-Dassler-Straße 1, 91074 Herzogenaurach
Bauherr: Adidas AG
Bauaufgabe: Verwaltungs- und Empfangsgebäude
Fertigstellung: 2019
Geschosse: 4
Nutzfläche: 38 400 m²
Ausstattung (Auswahl):
Bodenbelag: Gerflor, Tarkett, Desso, Findeisen, Kährs
Möbel: Bene, Buzzi Space, Febrü, Muuto, Ophelis, Pedrali, Wilkhahn
Leuchten: Glamox, Fritz Hansen, Nemo, Secto Design