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Hoteldesign oder Das Hotel auf Reset

Architektur, Hoteldesign und die Coronapandemie
Das Hotel auf Reset

Hoteldesign heute: Die Hotelbranche ist im Umbruch und mit ihr die gesamte Tourismusindustrie. Wie sich das Reisen verändert und welche Rolle Architektur und Design dabei spielen, zeigt unsere Analyse.

Autorin Claudia Simone Hoff

Jahrzehntelang entwickelte sich der Tourismus ausschließlich nach oben. Doch seit letztem Jahr ist alles anders, denn die Covidpandemie hat die Hospitality-Branche schwer getroffen. Die Passagierzahlen im Flug- und Bahnverkehr sind eingebrochen, Restaurants und Hotels und andere touristisch relevante Orte monatelang geschlossen.

Prognosen des Mobility Market Outlooks (MMO) des Daten- und Marktforschungsinstituts Statista erwarten erst 2023 eine Erholung des weltweiten Reisemarktes, wobei für dieses Jahr eine Umsatzsteigerung von 50 % im Vergleich zu 2020 prognostiziert wird.

Trend
Foto: © Alpenglobe

Neue Konzepte für das Hoteldesign sind gefragt

Hierzulande zeichnete sich im letzten Jahr ein Trend ab: hin zu Binnenreisen und Ferienwohnungen. Um gegen den boomenden Ferienwohnungs- und AirBnB-Markt bestehen zu können, müssen Hotels umdenken und neue Hoteldesign Konzepte erarbeiten.

Das betrifft zeitlich begrenzte Hygienemaßnamen wie Abstandsmarkierungen, Screens und das Reduzieren von Sitzgelegenheiten ebenso wie längerfristige Raumkonzepte, die Bezug nehmen auf den gesellschaftlichen Wandel. Die Coronapandemie wirkt dabei als Verstärker von wirtschaftlichen, sozialen und gestalterischen Trends, die schon vorher zu beobachten waren – so beispielsweise individuelle Lösungen, hybride Räume und flexible Möbel.

Als erste deutsche Hotelkette führten die Achat Hotels vor fast einem Jahr das „Hotel Office“ als Alternative zum Homeoffice ein. Mit Blick auf die nach wie vor dringende Empfehlung, den Aufenthalt im Büro zu vermeiden, hat der Anbieter sein Angebot nun noch einmal erweitert: So gibt es beispielsweise die Möglichkeit, ganze „Büroetagen“ zu mieten.

Gestalterische Spielwiese

Hoteldesign  ist für Architekten und Designer seit jeher ein Ort des Experimentierens. Vor allem deshalb, weil die Umgestaltungszyklen hier viel kürzer sind als in privaten Räumen. Im Hotel lässt sich vieles ausprobieren: technische Raffinessen ebenso wie visuelle Elemente, wozu vor allem Möbel, Leuchten, Materialien und Farben zählen.

Die dem Hotel inhärente, stetige Transformation lässt sich anschaulich am Beispiel der Hotellobby zeigen, die sich von einem Ort des Glamours in einen Ort der sozialen Interaktion verwandelt hat, der einladend und behaglich ist. Überspitzt könnte man sagen: Das Wohnzimmer ist im Hotel angekommen, auch weil die Gäste weniger Zeit in ihren Zimmern verbringen.

Hotel Moxy
Foto: © Christian Kretschmar for Joi-Design

Herausforderung für Gestalter

Die Herausforderung für Gestalter: Verschiedene Funktionen wie Check-in, Wartebereich und Lounge, aber zunehmend auch Bar, Restaurant und Arbeitsplatz müssen in einem einzigen großen Raum untergebracht werden. Das hat zur Folge, dass auch die Möblierung flexibler wird, weshalb Designer mit Vorliebe auf Sessel, Poufs und Beistelltische setzen.

Flexible Raumkonzepte werden auch in Zukunft im Hoteldesign gefragt sein, sagt Sabrina Voecks, die als Creative Director von Joi-Design an großen Hotelprojekten arbeitet. Dass sich ein sozialer und kommunikativer Ort wie die Hotellobby wegen der Pandemie verändern wird, glaubt sie indes nicht. „Niemand wünscht sich die leeren Flächen zurück oder ein Hotel ohne gesellschaftlichen Mehrwert – sonst ist es nur eine Schlafstätte, die schnell austauschbar und überholt ist.“

Hoteldesign
Hoteldesign aus der Feder von Michele De Lucchi. Foto: Max Rommel

Monotonie gehört der Vergangenheit an

Immer gleich gestaltete Hotelinteriors gehören der Vergangenheit an, stattdessen rücken Identität und Originalität in den Vordergrund. Wie sie gestalterisch umgesetzt werden können, zeigt Michele De Lucchi im südtirolerischen Radein: Seit dem letzten Sommer gesellen sich zum Hotel Zirmerhof aus dem 19. Jahrhundert die „Häuser der Wiese“, die aus Lärchen- und Tannenholz bestehen, das aus dem Waldbestand des Bauherrn stammt.

Siegeszug der Individualität

Für Architektur und Interiordesign arbeitete der italienische Architekt mit lokalen Handwerkern und Tischlereien zusammen, sodass die gesamte Wertschöpfung vor Ort blieb. Solch ein ganzheitlicher Ansatz von Regionalität, Bodenständigkeit und Nachhaltigkeit ist ein Glücksfall, der gerade in Pandemiezeiten zu einem Vorteil werden könnte. Auch weil sich der Reisende verstärkt zurück in die Natur sehnt, nach Abgeschiedenheit sucht und es schätzt, ausreichend Platz zu haben.

Hotel
Foto: © Stilwerk, T. Baermann

Hoteldesign heute

Hinzu kommt, dass Covid-19 einen Trend befördert hat, von dem künftig viele Hotels profitieren könnten: das Arbeiten jenseits örtlicher Gebundenheit. Die Pandemie währte erst kurz, da hatten einige Hotels bereits umgedacht und ihre Zimmer und öffentlichen Bereiche als funktionsfähige Arbeitsplätze für den Kurz- und Langzeitaufenthalt umgestaltet. Die derzeitige Situation stellt Architekten und Designer auch bei der Planung von neuen Projekten vor besondere Herausforderungen.

Andreas Neudahm arbeitet für Hotelketten wie Leonardo und erstellt aufgrund der Coronapandemie für seine Kunden derzeit immer gleich zwei Designvarianten. Er geht davon aus, dass die erforderlichen Hygienemaßnahmen künftig gestalterisch besser in die Raumkonzepte eingepasst werden, während vieles jetzt noch provisorisch wirkt.

Trend
Foto: © Meyers Deli

Corona-angepassten Gestaltung

Verändert habe sich der Umgang mit Materialien, der bewusster geworden sei, wie er sagt: „Wo starke Beanspruchung herrscht, geht der Trend zu leicht zu reinigenden und schnell austauschbaren Flächen.“ Weitläufigkeit und private Rückzugsorte sind schon seit einiger Zeit angekommen im Hoteldesign, was einer Corona-angepassten Gestaltung natürlich sehr entgegenkommt.

Der Schweizer Hoteldesigner Claudio Carbone geht davon aus, dass künftig aber auch funktionale Räume wie Aufzugsanlagen und Treppenhäuser größer dimensioniert sein werden. Sicherlich wird es Hotels und Restaurants geben, die die wirtschaftlichen Verwerfungen der Coronapandemie nicht überstehen werden. So wie es andere geben wird, die sogar davon profitieren könnten.

Soziale Interaktion ist unersetzlich

Egal, wie durchdacht Architektur oder Interiordesign sind: Es zeigt sich, dass es die soziale Interaktion ist, die unersetzlich ist. „Spätestens jetzt haben wir verstanden, wie viel ein Handschlag, eine Umarmung oder ein Lächeln bedeutet“, sagt Sabrina Voecks von Joi-Design. Und zieht für die Hotellerie den Schluss, „dass diese Komponente insbesondere auch im Vergleich zu anderen Anbietern der eigentliche Mehrwert ist“.

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