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Soziales Wohnen auf Mallorca

Neubau von Fortuny – Alventosa Morell in Inca, Spanien
Soziales Wohnen

Ein Bau im mallorquinischen Inca tritt den Beweis an, dass sozialer Wohnungsbau keineswegs trist und grau sein muss. Stattdessen realisierten Fortuny – Alventosa Morell, ein Zusammenschluss zweier Architekturbüros, eine unter Umweltgesichtspunkten qualitativ hochwertige Ausführung.

Autorin Andrea Eschbach

Auf Mallorca und seinen Nachbarinseln würden nicht noch mehr Luxuswohnungen benötigt, sondern solche, die sich die Bürger auch leisten können. Das waren die Worte von Francina Armengolder, der balearischen Ministerpräsidentin, bei einem Pressetermin Ende Mai diesen Jahres auf Mallorca. Bezahlbare Mieten sind seit Jahren ein großes Thema auf der iberischen Insel. Menschen, die hier leben wollen, müssen fürs Wohnen immer tiefer in die Tasche greifen. Mieten fressen einen immer größeren Teil der monatlichen Einnahmen auf.

Wohnraum mit einer Monatsmiete unter 600 Euro ist extrem dünn gesät, und der Staat subventioniert lediglich einen sehr kleinen Prozentsatz, nämlich 0,6 %, aller Wohnungen. Die Wohnungsnot auf Mallorca und den drei anderen balearischen Inseln soll daher durch mehr sozialen Wohnungsbau gelindert werden. Dafür setzt sich das Instituto Balear de la Vivienda (IBAVI) ein, das sich seit 1986 als öffentliche Einrichtung des regionalen Verkehrs- und Bauministeriums dem sozialen Wohnungsbau verpflichtet hat und diesen baut.

Sozial und ökologisch

Rund 1 800 Mietwohnungen existieren bereits, 900 weitere entstehen derzeit nach den Prinzipien des von der EU geförderten Programms „Life Reusing Posidonia“. Dabei steht eine klimaangepasste Bauweise und die Nutzung regionaler Baustoffe mit geringem CO2-Fußabdruck wie Seegras, Kalkstein, Lehmziegel und Holz im Vordergrund.

Die meisten seiner Neubauten lässt sich das IBAVI von unabhängigen Architekturbüros gestalten. Darunter sind führende Vertreter der spanischen Architektur wie HArquitectes, Peris + Toral und López Rivera. Auch junge Büros wie Alventosa Morell Arquitectes sind vertreten. 2022 realisierte das Büro mit Sitz in Barcelona zusammen mit dem Büro Joan Josep Fortuny Giró einen Sozialwohnungsbau in der Kleinstadt Inca auf Mallorca im Auftrag des IBAVI.

Beide Büros sind auf bioklimatische Projekte spezialisiert. Ihr Ziel ist es, sozial, ökonomisch und ökologisch verantwortungsvolle Gebäude zu entwerfen, die attraktiv und innovativ sind. Dafür firmierten sie unter dem Namen Fortuny – Alventosa Morell.

Fortuny – Alventosa Morell

Hinterlüftete Fassade

„Das Besondere am Auftrag in Inca waren die Anforderungen, die an die Reduzierung der CO2-Emissionen gestellt wurden. Und die Auflage, wann immer es möglich ist, natürliche Materialien aus der Umgebung zu verwenden“, erklärt Architekt Marc Alventosa.

Das Grundstück, das sich im Besitz der IBAVI befindet, weist eine rechteckige Form mit einer Fläche von rund 3 266 m² auf. Die Anlage besteht aus einem unterirdischen Parkplatz und 54 Wohnungen. Die beiden Gebäude sind L-förmig ausgerichtet. Der dadurch entstandene Innenhof bietet einen gemeinsamen Raum für die Nutzer. Das Gebäude organisiert sich entlang einer Nord-Süd-Achse.

„Der Standort ist für uns immer der grundlegende Ausgangspunkt eines jeden Projekts. In diesem Fall waren der zentrale Hof im Südosten und die Zufahrtsstraßen im Nordwesten mit Blick auf das Gebirge ausschlaggebend für den Entwurf der Wohneinheiten“, erläutern die Protagonisten von Fortuny – Alventosa Morell.

„Die Lage der Bahngleise und die starke Sonneneinstrahlung haben uns dazu bewogen, eine hinterlüftete Fassade mit Holzläden zu wählen. So schützen wir die Bewohner vor Strahlung und Lärmbelästigung“. Die Erschließung über insgesamt neun Zweispänner erlaubt eine zweiseitige Ausrichtung der Wohnungen: Die Lage der Wohn- und Schlafräume berücksichtigt dabei die klimatischen Verhältnisse wie die Sonneneinstrahlung und den Windeinfall. Küche und Bad sind zentral in der Mitte der Wohnungen angeordnet.

Lokale Baustoffe

Die Bodenbeläge bestehen aus keramischem Ton aus der Region, der unter Verwendung von Biomasse gebrannt wurde. Bei der Klimatisierung der Gebäude setzen die Architekten auf erneuerbare Energien: Die Warmwasserbereitung erfolgt über ein Aerothermie-System, die Belüftung über einen Wärmetauscher. Damit gelang es, ein Niedrigenergiegebäude mit dem niedrigen Energiebedarf von 0,65 kW pro m² im Jahr zu entwickeln.

Zum Warum sagen die Macher von Fortuny – Alventosa Morell: „Es ist heute nicht mehr möglich, Gebäude mit hoher architektonischer Qualität ohne Umweltaspekte zu entwerfen.“ Pflanzen übernehmen eine wichtige Funktion. Die Häuser verfügen allesamt über einen privaten Garten im Erdgeschoss und Terrassen in den darüber liegenden Etagen. Einheimische Flora wie Jacaranda-Bäume übernehmen in den privaten Zonen und öffentlichen Außenbereichen eine klimaregulierende Funktion.

Drainierende Kiesbeläge sorgen für die natürliche Durchlässigkeit des Bodens für Wasser und ermöglichen die Absorption des Wassers durch Pflanzen oder Bäume. Zudem sammelt sich das Regenwasser auf den Dächern und Terrassen in Zisternen.

Für die Konstruktion verwendeten die Architekten – soweit möglich – lokale und nachhaltige Baustoffe. Die Fassadenkonstruktion besteht aus einer doppelten Keramikschale, deren Zwischenraum zur Dämmung mit recycelter Baumwolle gefüllt ist. Für die Außendämmung kamen Spritzkork und Grobkalk zum Einsatz, auf die eine Schicht aus feinem Kalk mit natürlichen Pigmenten aufgetragen wurde.

Rhythmische Struktur

Die Fensterläden aus nachhaltig angebautem, zertifiziertem Lärchenholz lassen sich ziehharmonikaartig schließen und öffnen. Sie prägen mit ihrer rhythmischen Struktur die Fassade. Akzente im harmonischen grau-ockerfarbenen Farbspiel setzen die mintgrün gestrichenen Aluminiumrahmen der Fenster und Türen gekonnt in Szene. Die Flachdächer sind als Umkehrdach ausgebildet, die Dämmung liegt über der Abdichtung.

Sie sind mit recyceltem Kies gedeckt, wodurch sich ihre Lebensdauer erhöht. Darüber befinden sich die Fotovoltaik-Paneele, aerothermische Anlagen und Wärmerückgewinnungsanlagen sowie die Lüftungskanäle. „Wir sind der Meinung, dass jeder Mensch das Recht hat, unabhängig von seiner wirtschaftlichen Lage, in den Genuss von qualitativ hochwertigem Wohnraum zu kommen“, betonen die Architekten von Fortuny – Alventosa Morell.

„Mit Projekten wie diesen den Bausektor in Richtung einer ökologischeren und sozial verantwortlicheren Industrie zu verändern, ist nicht einfach, aber es ist eine motivierende Herausforderung.“


Marc Alventosa Zaidin, Joan Fortuny Giró und Xavier Morell Jané (v. l.). Porträt: Anna Berenguer
 
Für das Projekt schlossen sich die beiden Büros Alventosa Morell Arquitectes und Joan Josep Fortuny Giró zusammen. Beide sind im Wohnungsbau tätig.

Fakten

Projekt: Sozialer Wohnungsbau

Standort: Canonge Sebastia Garcias Palou nº 54, Inca,
Balearische Inseln, Spanien

Fertigstellung: 2022

Bauherr: Instituto Balear de la Vivienda (IBAVI)

Architektur: Fortuny – Alventosa Morell, Alventosa Morell & Joan Josep Fortuny Giró

Bauaufgabe: 54 Wohneinheiten

Fläche: 3 208 m²

Materialien: Ton aus der Region, Keramik für die Fassadenelemente, recycelte Baumwolle für die Dämmung, Spritzkork und Grobkalk für die Außendämmung, Fensterläden aus Lärchenholz, Aluminiumrahmen.

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