Vom Amsterdamer Architekten Caspar Schols stammt der Entwurf zu Cabin Anna

Vom Amsterdamer Architekten Caspar Schols stammt der Entwurf zu Cabin Anna; ein unorthodoxes Gebäude, das mit dynamischer Konstruktion und nachhaltiger Bauweise Signale für die Zukunft des Bauens setzt. Den Anfang nahm Anna als Familienprojekt.

Autorin: Daphna Ute Wildemann

Ressourcenmangel und steigende Temperaturen verlangen danach, Architektur neu zu denken. Alles begann mit dem Wunsch, nah in der Natur zu leben. Unter freiem Himmel schlafen, mit Vogelgezwitscher aufwachen; drin und draußen sein, ohne sich entscheiden zu müssen. Was so verlockend klingt, hat obendrein einen positiven Einfluss auf unser körperliches und geistiges Wohlbefinden.

Nach dem frühen Tod des Vaters zog sich Caspar Schols in die Wälder Schwedens zurück. Nach seinem Retrait äußerte die Mutter den Wunsch, der studierte Physiker solle ihr ein Gartenhaus bauen, das sie flexibel nutzen kann. So entstand der erste Entwurf, die Blaupause für die Serie Anna. Zusammen mit Freunden arbeitete er ein Jahr lang an dem Projekt. Die erste Veröffentlichung auf der Architektur- und Designplattform Dezeen löste einen wahren Medienrummel aus und brachte dem experimentellen Haus mehrere Designpreise und Nominierungen ein; darunter eine für die Radical Innovation Awards, ein Forum zur Förderung revolutionärer Ideen in der Hotellerie. Der Erfolg führte zu einem Stipendium an der Architectural Association in London, wo Schols von 2016 bis 2019 Architektur studierte. Er überarbeitete die Idee und entwickelte mithilfe von Investoren ein neues Design. Anna, ein Haus mit variablem Grundriss und dynamischen Hüllen.

Mensch, Architektur und Natur in Balance

Trotz aller Schlichtheit wollte der Architekt auf nichts verzichten. Anna sollte modular konstruiert, nachhaltig und netzunabhängig sein; sich in verschiedenen Klimazonen auf- und wieder abbauen und überall auf der Welt reproduzieren lassen. In De Maashorst errichtete er den ersten Prototyp. Neun Modelle später hat das Haus die Serienreife erreicht. Auf ungewöhnliche wie denkbar einfache Weise schafft Anna ein Gleichgewicht zwischen Mensch, Architektur und Natur. Einer leeren Plattform stehen zwei auf Schienen verschiebbare Gebäudeschalen gegenüber, die man einzeln öffnen kann. Wie ein Organismus reagiert das Haus auf seine Umgebung, das Wetter, den Nutzen und die Stimmung der Bewohner: in der Mitte geöffnet, seitlich, teilweise oder ganz. Im geschlossenen Zustand stehen 30, offen 50 Quadratmeter zur Verfügung.

Modular, nachhaltig und rückbaubar

Außenhaut und Boden bestehen aus Accoya, ein modifiziertes Produkt aus der Radiata-Kiefer. Dazu Schols: „Dass der Rohstoff aus Neuseeland kommt, hat mich abgeschreckt, weil wir kein Material um die Welt verschiffen wollen. Dennoch ist es ökologisch, weil es schnell wächst und lange hält, das gleicht den CO₂-Ausstoß wieder aus.“ Für das Tragwerk mit Doppelglas und den Innenausbau wird Birkensperrholz verwendet. Sägemehl und Schafwolle sichern die Dämmung. Das Modulsystem ermöglicht kurze Bauzeiten.

Anna ruht auf einem Schraubfundament mit Stahlpfählen, die sich wieder entfernen lassen. Trockenverbindungen machen den Bau rückstandslos abbaubar. Der Clou: Um Transportaufwand und Umweltbelastung gering zu halten, können achtzig Prozent der Einzelteile via digitale Datei auf 3D-Druckern hergestellt werden. Vier Personen finden in dem Haus alles, was sie brauchen; vor allem viel Platz. Die Wanne wurde in den Boden eingelassen. Auch das Masterbett lässt sich versenken. Tisch und Stühle verschwinden in einem Stauraum in der Küche. Im Zwischengeschoss ist ein zweites Bett untergebracht. Anna ist ein Paradebeispiel dafür, wie Architektur trotz Rohstoffknappheit und Klimawandel fit für die Zukunft werden kann. Neugierige buchen im Naturreservat De Maashorst einen Ferienaufenthalt. Oder kaufen gleich ein eigenes Häuschen.

Fakten

Projekt: Cabin Anna, Webseite des Projekts

Standort: Naturreservat De Maashorst, Niederlande

Fertigstellung: 2023

Bauherr: Cabin Anna Miteigentümer und Staatsbosbeheer (niederländische Regierungsorganisation für Forstwirtschaft und die Verwaltung von Naturschutzgebieten)

Architekt: Caspar Schols, Webseite des Architekten

Fläche: 50 m²

Inneneinrichtung: Studio Must

Möblierung/Ausstattung: Bett, Tisch und Küche: Maßanfertigung, Holzofen von Esse Bakeheart, Stühle von Ethnicraft, WC von Villeroy & Boch, Badewanne von Xenz, Dusche von Bespoke Taps, Gasherd von Atag

Fotos: Jorrit ‚t Hoen

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