Der Geschäftsführer strahlt. „Wir machen unseren Kunden quasi auch das karierte Maiglöckchen. Sie sollen sich rundum zufrieden fühlen“, sagt Uwe Blaumann, 62, weißgraue Mähne und Bart. Wohl auch darum sei Palmberg bei der Umfrage „markt intern – Leistungsspiegel Büromöbelhersteller“ wieder zum Handelspartner Nummer eins in Deutschland gewählt worden.
Zum vierten Mal in Folge. 2020 gewann Palmberg sogar jede der 12 abgefragten Kategorien. Blaumann, der sonst schon einmal ein Rekordergebnis vermeldet und meint, das Jahr sei „ganz zufriedenstellend“ gelaufen, wirkt entspannt.
Palmberg: Vorsprung durch Service
Er ist ein Macher, jemand, der anpackt und im Grunde „nie zufrieden“ ist, wie er einmal zugab. Vielleicht liegt das schon am Namen: Blaumann. Vielleicht am Studium der Fertigungsprozessgestaltung. Jedenfalls hat Maschinenbauer Uwe Blaumann aus den ehemaligen „VEB Möbelwerken Schwerin, Betriebsteil Schönberg“ einen Hidden Champion der Branche geformt.
Der Hersteller von „Schlafraummöbeln“ für die ehemalige Sowjetunion und Polen wurde einer der größten Büromöbelfabrikanten Deutschlands. Blaumann habe eine „DDR-Ruine“ verwandelt, schrieb „Impulse“ im Jahr 2015. Da war bereits die zweite Krise der Firma überwunden. Der Einbruch des neuen Marktes hatte selbst in der Büromöbelbranche Spuren hinterlassen.
Service für Fachhändler
Blaumann reagierte auf seine Weise: Er investierte in Service für seine Fachhändler, über die Palmberg bis heute ausschließlich verkauft. Eine eigene Serviceabteilung entstand für Planung, Transport und Aufbau. Und eine Transportflotte aus Dutzenden von Lastwagen. Das Konzept ging auf. Wie in den 1990er-Jahren eilte der Büromöbelhersteller wieder von einem Rekord zum nächsten.
2014 waren es 77 Millionen Euro Umsatz, zwei Jahre später bereits 93. Selbst in dem Coronajahr 2020 kam die Palmberg Büroeinrichtungen und Service GmbH auf 109,5 Millionen Euro. Anders ausgedrückt: 156 000 Schränke und 144 000 Schreibtische verließen die zwei Standorte in Norddeutschland. Zum Jahresende betrieben die Werke sogar Extraschichten.
Zwei Trümpfe stehen hinter dieser sagenhaften Erfolgsgeschichte. Da ist zum einen Uwe Blaumann selbst, Jahrgang 1957. Der Unternehmer, der den VEB im Management-Buyout übernommen hatte, startete nach der Wende mit einem Schrank in fünf verschiedenen Größen und einem Tisch in einen völlig neuen Markt.
Flexibilität ist Trumpf
Heute produziert Palmberg rund acht Arbeitsplatzsysteme, drei umfangreiche Schrankprogramme und zahlreiche Sonderanfertigungen. Flexibilität ist Trumpf. Die gesamte Fertigung fußt auf Losgröße eins. „Es ist uns vollkommen egal, ob wir 1 000 gleiche Schränke bauen oder 1 000 verschiedene. Das ist eine Frage der Logistik und der Technik“, sagt Blaumann.
Die Fertigung ist zum großen Teil automatisiert. „Ich sage mal, immer kompliziertere Prozesse werden beherrscht – und das immer schneller. Das ist der eigentliche Antrieb, die Fertigungszeiten zu senken und so flexibel zu bleiben. Wir haben kein Fertigteillager. Wir produzieren direkt auf unsere Lkw.“
Blaumann, Spezialist für Fertigungsprozessgestaltung, arbeitete sich nicht nur in eine neue Materie ein, Büromöbel und Vertrieb. Er ging vor allem raus und tourte zu den Fachhändlern, schaute, was sie brauchten. „Ohne Kunden sind wir nichts. Sie sind der einzige Chef, der zählt“, bleibt bis heute sein Motto. Und diese waren während der Coronakrise besonders im Fokus. In einer Mitteilung vom Juni 2020 verspricht Tochter und Co-Geschäftsführerin Nicole Eggert, man werde den rund 600 Fachhandelspartnern „jegliche Unterstützung zukommen lassen“.
Generationswechsel bei Palmberg
Langsam steht die Stabübergabe an. Ostentativ verweist der Senior auf die beiden jungen Geschäftsführerinnen, wenn es um Fragen der Zukunft geht. Seit Januar 2017 stehen Nicole Eggert sowie Julianne Utz-Preußing, Tochter des verstorbenen Gesellschafters Torsten Utz, als geschäftsführende Gesellschafterinnen an Blaumanns Seite. Beide sind seit Kindesbeinen mit dem Unternehmen verwurzelt.
Das ist nicht übertrieben. Seit über 25 Jahren kennt Nicole Eggert, 43, das Unternehmen, in dem sie eine kaufmännische Ausbildung absolvierte und jahrelang die heutige Planungsabteilung leitete.
Julianne Utz-Preußing, 32, bringt einen Bachelor in BWL und anschließend einen Master im Bereich Nachhaltige Unternehmensführung mit. „Natürlich freuen wir uns, das Unternehmen weiterzuführen, und sind überzeugt davon, diese Aufgabe zusammen zu meistern“, sagen sie unisono. „Ziel ist, dass das Familienunternehmen weiterhin gesund wächst, damit sämtliche Arbeitsplätze langfristig gesichert werden können.“
Das Büro der Zukunft
Was heißt das für das Büro der Zukunft, das nach Corona eventuell ganz anders aussieht, womöglich stark schrumpft auf einige wenige Stehschreibtische und VR-Kabinen? Da winkt Nicole Eggert ab: „Das Büro wird nach wie vor eine große Bedeutung haben.“ Kommunikationszonen wie Meeting- oder Konferenzbereiche würden zunehmend wichtiger. „Es wird immer eine ganz bunte Mischung bleiben und es liegt an uns, jeden einzelnen Kunden mit den passenden Produkten bedienen und mitnehmen zu können.“
Auch im Homeoffice sehen sie keine Konkurrenz. Der Mensch sei eben ein Herdentier. Er wolle mit anderen Menschen zusammenarbeiten und kommunizieren. Und dies in einer möglichst angenehmen Arbeitsumgebung. Umgekehrt braucht auch das Homeoffice „einen vernünftigen, ergonomischen Arbeitsplatz.“ Am Ende werde es eine gesunde Mischung geben aus Homeoffice, Büro und Meetingbereichen. Design spielt dabei natürlich eine Rolle.
Bei allem aber sollte man aber nicht vergessen, dass Büromöbel Investitionsobjekte sind. „Wir produzieren Produkte, die zehn bis 15 Jahre genutzt werden, daher auch unsere eher klassisch-schlichte Designlinie. Büromöbel werden immer etwas konservativer bleiben“, betont Uwe Blaumann. Und Julianne Utz-Preußing ergänzt: „Gutes Design baut auf der Funktion auf und soll alle Sinne ansprechen.“
Auch in der nächsten Generation muss eben alles zusammenpassen: Funktion und Gestaltung, Innovation, Service und Flexibilität.
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