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Walter Wendel: Beton ist seine Leidenschaft

Monolithische Möbel im Dialog mit dem Raum
Walter Wendel

Walter Wendel fertigt besondere Kochskulpturen für Orte, an denen Auge und Gaumen gleichermaßen angesprochen werden. Dabei vereint er ästhetischen Feinsinn mit skulpturaler Kraft und avancierter Technik.

Autor Oliver Herwig

Beton ist seine Leidenschaft, Küchengestaltung seine Berufung. „Wir haben uns zu einer kleinen Unikatsmanufaktur entwickelt“, sagt der Architekt, „die weltweit in besonderen Häusern, an besonderen Orten und mit besonderen Menschen agiert.“

Wenige gehen mit dem Werkstoff so souverän um und angesichts der Dimensionen fast schon zärtlich. „Schon als Junge habe ich ihn geliebt“, sagt Wendel, 1948 in Bingen geboren. Mit Mitte zwanzig schuf er eine erste Skulptur aus diesem Werkstoff in einer Sektkellerei.

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Foto: Lioba Schneider

Benutzbare Skulpturen

Wendels Mission: das als roh missverstandene Material salonfähig machen. „Ich wollte Beton immer kultivieren.“ Das ist dem Tischlermeister, Bildhauer, Innenarchitekten und Architekten gelungen, indem er dem Baustoff der Moderne die Schwere nahm.

Er experimentierte und ersetzte Stahlarmierungen schließlich durch Glasfaser. So konnte er 80 % des Gewichts einsparen. Plötzlich waren seine Skulpturen transportfähig und konnten in der Werkstatt hergestellt werden.

Walter Wendel ist ein Urgestein und daher wundert es nicht, dass der 73-Jährige gar nicht ans Aufhören denkt. Verschmitzt erzählt er, dass er gerade auf 95 erhöht habe. 95 Jahre! Dann könnte er sich vielleicht vorstellen, wirklich in Ruhestand zu gehen.

Lieber schwärmt er von einer Baustelle in Tel Aviv, für die er einen meterlangen Betonblock samt Badewanne entwarf, eigentlich eine benutzbare Skulptur. Warum er sich das Ganze antut in einem Alter, in dem manche Weggefährten nur noch an ihrem Golfhandicap arbeiten?

Walter Wendel
Foto: Thomas Malburg

„Weil ich stur bin“, schießt es aus Wendel heraus. „Ich möchte Spuren säen. Und ich will, dass wir ein gutes Ding gemacht haben.“ Ein gutes Ding? Damit meint Wendel einen Ort der Hitze und Leidenschaft, an dem alles stimmt – auch das Licht, ganz zu schweigen von Materialien, Proportionen oder Laufwegen. Dafür dreht das Team auch einige Extrarunden.

Nichts ist schwer, nichts ist leicht. „Wenn der Kunde wünscht, dass die Tür aufgeht, wenn er klatscht, schwitzen wir manchmal kurz, finden dann aber auch eine Lösung“, verspricht der gelernte Tischler. Eine Küche sei gut, wenn Technik und Design vereint seien. Wenn die Werkstatt zum Wirken einlade und Kommunikationszentrum sei, die nötige Technik den Menschen funktional unterstütze, nicht dominiere, und in einem schönen Raumdesign Freiheit zum Sein entstehe. „So entsteht Kreativität, sinnlicher Genuss, Begegnung, Austausch.“

Wendel Küche
Foto: Thomas Malburg

Von XS bis XXL

Walter Wendel kann ziemlich groß – 3 000 m² – und richtig klein: 20 m². Und natürlich alles dazwischen. „Wir hören zu, wir modellieren und gestalten den Lebensraum proportional.“ Wichtig dabei: „Der Proporz des Raumes mit den Menschen, die den Raum beleben, muss im Einklang sein.“

Mit seinen skulpturalen Betonblöcken bewegt sich der Maestro mit wenigen Mitteln aus dem Mainstream. Die Kunden, die zu ihm kommen, sind gewissermaßen vorsortiert.

Dem Gestalter eilt ein Ruf voraus, perfektionistisch zu sein in den Details und lässig in der Gesamtanmutung. Da schweben Betonküchen schon mal auf einer im Boden versenkten Stahlscheibe. „Mit 10 000 Euro komme ich nicht hin“, sagt Wendel ganz sachlich.

Kochen ist Emotion

Dafür gäbe es andere Anbieter. Er wolle nicht nur den Menschen zuhören, er wolle auch genau das liefern, was sie sich vorstellten – oder auch nur zwischen den Zeilen von sich geben. „Wo ich darf, werde ich zum Missionar.“ Aber Walter Wendel will Menschen nicht überreden, sondern überzeugen. Kochen sei Emotion, nicht nur Sattmachen, da zähle es, wie der Mensch lebe.

Wendel nimmt sich Zeit, spricht und macht sich gedankliche Notizen von den Wünschen. Erkenne, was der Kunde braucht, ist sein Mantra. Kein Wunder, dass der Weg zum Unikat mitunter ganz schön lang sein kann. Ein Schloss-Projekt zieht sich schon ins fünfte Jahr.

Projekt Camp de Mar
Foto: Jürgen Waskowiak

Aber kein Grund zur Ungeduld. Selten gäbe es ein Projekt, das sehr schnell ginge, sinniert Wendel. Corona spielt der Firma sogar in die Hände. Gerade durch das letzte Jahr sei klar geworden, dass die neue große Freiheit oft das eigene Zuhause sei. „Das wird jetzt priorisiert, der Lebensqualität Raum gegeben.“ Diesen Raum füllt er mit seinen Kreationen.

Walter Wendel: Mut zum Wandel

Wenn Wendel über seine Leidenschaft fürs Kochen und die Küche spricht, hat man den Eindruck, dass nicht er das Feld gefunden hat, sondern umgekehrt das heiße Herz des Hauses sich ihn als Botschafter ausgesucht hat.

Jahrelang hatte er als Möbeldesigner gearbeitet, die elterliche Tischlerei geleitet und ein Planungsbüro. So gesehen, ist sein jetziges Betätigungsfeld ideal für jemanden, der sich dreidimensional ausdrücken muss. „Ich war Revolutionär, nun bin ich Bewahrer“, schmunzelt Walter Wendel, der in den Achtzigerjahren in Ruanda arbeitete. Entwicklungshilfe hieß damals wie heute gute Ausbildung und Hilfe zur Selbsthilfe.

Noch heute habe er Kontakt zu seinem ehemaligen Mitarbeiter, der längst eine eigene Firma betreibe, um ein Vielfaches größer als die Manufaktur von Wendel selbst. Der wiederum hat das Unternehmen schon 1995 seinen Mitarbeitern geschenkt, um sich ganz der kreativen Arbeit hinzugeben.

Aber noch heute kommt es vor, dass er durch die Produktion geht und mit Chef angesprochen wird. Chef, das sei schon in Ordnung, sagt Wendel, obwohl er gar doch gar keiner mehr sei. Aber Antreiber, Unruhegeist und Formgeber. Daran wird sich wohl nichts mehr ändern. Wie meinte der Skulpturenbauer doch: „Wir planen außergewöhnliche Objekte, sind offen für Neues und für Wandel.“

Wendel Küche
Foto: Lioba Schneider

Und wohin geht die Reise? Gestalterisch wie technisch? Wendel kontert: „Vermutlich werden die Materialien nachhaltiger, die Geräte intelligenter“ – er könne auch biothermische Kochfelder oder Lichtquellen aus Lumineszenz nicht ausschließen. „Es gibt super spannende Ideen – und ich freue mich, dabei zu sein.“ 22 Jahre hat er noch — mindestens.

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