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Die wichtigsten Kriterien für moderne, mitarbeiterorientierte Büros

Wichtige Kriterien für moderne, mitarbeiterorientierte Büros
Interview mit Friedrich Weil

Der Vorstand der Alfons & alfreda AG, ein Düsseldorfer Immobilienentwickler, äußert sich zur Büroimmobilienentwicklung in Deutschland. Zukunftsfähig sind nach Meinung von Friedrich Weil nur moderne, an den Bedürfnissen der Mitarbeiter orientierte Arbeitsumgebungen.

Autorin Gabriele Benitz

md: Kennengelernt haben wir uns bei einer Veranstaltung im MO 26 in Stuttgart-Weilimdorf. Das ist eine von Alfons & alfreda errichtete neue Büroimmobilie. Wie weit ist die Vermarktung der Flächen gediehen?

Friedrich Weil: Ein Viertel der Fläche ist inzwischen belegt, weitere 50% sind reserviert. Wir arbeiten vor allem mit dem Maklerbüro Immooraum vor Ort zusammen, aber auch mit allen weiteren Beratern im Markt.

Das Gebäude punktet mit einer DGNB-Gold-Zertifizierung, hohen technischen Standards, vor allem in der Gebäudetechnik.

Friedrich Weil: Die DGNB-Gold-Vorfertifizierung haben wir erhalten. Das zahlt auf unser Hauptvermarktungsargument ein, dass das MO 26 durch eine Reihe von Maßnahmen etwa 65% weniger Energie verbraucht als ein herkömmliches Bürogebäude in Deutschland. Natürlich liegt das auch daran, dass es ein Neubau und dadurch ohnehin verbrauchsärmer ist.

Um das Vorstellungsvermögen der Interessenten hinsichtlich der Büroeinrichtung anzuregen, arbeiten Sie mit dem Büromöbelhersteller Vitra zusammen. So auch in Stuttgart. Das Unternehmen hat eine Musterfläche bestückt. Sie dient als Blaupause für die spätere innenarchitektonische Gestaltung der Flächen. Was versprechen Sie sich von der Zusammenarbeit?

Friedrich Weil: Mit dem Gebäude wollen wir mittelständische Unternehmen ansprechen, die in der Regel über keine hauseigene, professionelle Immobilienabteilung verfügen. Indem wir voll ausgestattete Musterflächen präsentieren, können wir leichter eine Vorstellung davon vermitteln, wie die angemieteten Räumlichkeiten aussehen könnten. Mit Vitra arbeiten wir gern zusammen, weil der Büromöbelhersteller sich stark mit den Themen Innovation und Zukunft des Büros auseinandersetzt.

Die Ausstattung der Musterfläche ist übrigens nichts Statisches, sondern das lokale Vitra-Vertriebsteam passt sie an die veränderten Wünsche der Mieter oder potenziellen Mieter an. Ich bezeichne die Kooperation von Alfons & alfreda mit Vitra als klassische Win-win-Situation. Wir profitieren von der Vitra-Pop-up-Fläche mit Blick auf eine bessere Vermarktung, Vitra davon, dass die Mieter möglicherweise deren Möbel kaufen beziehungsweise die Vitra-Experten für die innenarchitektonische Planung beauftragen.

Für die Einrichtung ihrer Flächen sind die Mieter selbst verantwortlich. Alfons & alfreda sorgt für die Gestaltung der Gemeinschaftsflächen im Erdgeschoss, unter anderem durch eine Cafeteria. Wie weit ist das fortgeschritten?

Friedrich Weil: Von den Gemeinschaftsflächen sind die Innenhöfe und die Dachterrasse eingerichtet. Derzeit statten wir das Bistro im Erdgeschoss zur gemeinschaftlichen Nutzung aus. Gerade bauen wir eine Lüftungsanlage ein, das Mobiliar ist bereits gekauft und steht bereit.

Zurzeit führen wir Gespräche mit Gastronomiebetreibern. Für die Interessenten mag ausschlaggebend sein, dass Alfons & alfreda ihnen die Fläche kostenlos zur Verfügung stellt. Das Bistro-Angebot ist überdies offen für Menschen, die in der Umgebung – einem Gewerbegebiet ohne Restaurants und Cafeterias – arbeiten.

Inwieweit haben Sie die Wünsche der Mieter berücksichtigt und umgesetzt?

Friedrich Weil: Unser Architekt, die Phase 5, beschäftigt rund 75 Architekten und Innenarchitekten, und stellt damit sicher, dass wir die Bedürfnisse der Mieter in hohem Maß treffen. Deren Wünsche beziehen sich nicht nur auf die eigenen, sondern auch auf die allgemeinen Flächen. Je nachdem, wie sie diese Räumlichkeiten annehmen, passen wir das Konzept an.

Meistens ist es aber so, dass die Interessenten oder Nutzer nicht aktiv über das Konzept und die Ausstattung der Allgemeinflächen nachdenken oder ihre Gedanken dazu zumindest nicht artikulieren, sondern die Ausstattung der Allgemeinflächen als gegeben sehen.

Aus der Sicht eines Projektentwicklers: Auf welche Parameter kommt es hauptsächlich an?

Friedrich Weil: Am meisten zählt die Lage – und das ist noch wichtiger als vor Corona. Wir achten darauf, dass unsere Projekte an Verkehrsknotenpunkten liegen, sodass die Beschäftigen leicht mit dem Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit hin- und wegkommen.

Ganz wichtig ist natürlich auch das Thema Nachhaltigkeit, nicht nur als Imagefaktor, sondern auch, weil es von den Regularien und Gesetzen her gefordert wird. Dann kommt es auf die Attraktivität der Flächen an, der eigentlichen Arbeitsplätze und der Gemeinschaftsorte für den Austausch. Gefragt sind großzügige, offene Räume. Außerdem versuchen wir von Alfons & alfreda  immer, die Story des Gebäudes zu erzählen. Bei einem renovierten Altbau gelingt das naturgemäß leichter als bei einem Neubau.

Was akzeptieren die Mieter, was nicht?

Friedrich Weil: Das ist sehr individuell. Je größer das Unternehmen, desto individueller. Über den Preis entscheidet sich viel, aber dessen Bedeutung hat im Gegensatz zu früher abgenommen. Vorausgesetzt, die übrigen Parameter stimmen.

Wichtiger denn je ist vor allem die Frage der Energiekosten. Wann favorisieren Sie einen Neubau, wann die Sanierung eines Altbaus?

Friedrich Weil: Tendenziell bevorzugen wir Altbauten. Zum einen aus Gründen der Nachhaltigkeit, zum anderen, weil sich damit eher eine Geschichte und damit eine Marke verbinden lässt. Aber diese Immobilie muss man erst mal finden.

Dann geht es darum, in welcher Lage, in welchem Zustand sie sich befindet und wie hoch die Umbaukosten sind. Denn in der Regel muss alles bis auf den Rohbau entkernt und wieder neu errichtet werden.

Welche regionalen Unterschiede stellen Sie fest, wenn es um die Vermarktung der Objekte geht?

Friedrich Weil: Alfons & alfreda engagiert sich nur in sieben Top-Städten. In Stuttgart und Berlin machen wir kaum Vorvermietungsverträge. Das geht zurück, weil viele Mieter in der Krise erstmal abwarten. Dann stimmen wir uns mit großen Maklerbüros in diesen Städten und deren Umgebung ab. Darüber hinaus bieten wir maximale Flexibilität und sprechen große und mittelgroße Unternehmen an.

Welche Projekte planen Sie als nächstes und wo?

Friedrich Weil: Derzeit planen wir drei neue Projekte, darunter zwei Gewerbecampus in Köln-Ehrenfeld und ein Bürogebäude in Berlin-Westend, das wir in Holz bauen wollen. Die Grundstücke haben wir gekauft, die Architekten arbeiten.

Bei zwei bis drei weiteren Projekten, unter anderem in Düsseldorf, hat Alfons & alfreda aber auf die „Pause“-Taste gedrückt. Denn die Kreditgeber halten sich im Moment sehr damit zurück, neue Projekte zu finanzieren.

In Zeiten von Homeoffice werden weniger Büroflächen benötigt. Es gibt vielerorts Leerstand oder die Gebäude werden zu Wohnungen oder Hotels umgewidmet. Wie sehen Sie vor diesem Hintergrund die derzeitigen Vermarktungschancen?

Friedrich Weil: Der Hotelmietermarkt läuft wieder sehr gut. Er ist umsatzmäßig auf Vor-Corona-Niveau. Anders sieht es auf Finanzierungs- und Käuferseite aus. Wenn es um Bestandsbauten geht, müssen wir darauf achten, dass es sich wegen der hohen Baukosten rechnet.

Außerdem besteht ein hoher regulatorischer Aufwand für solche Umwandlungen. Oft wird es genauso teuer wie ein Neubau. Dabei müssten wir langfristig denken und handeln, zum Beispiel in Richtung gemischter Nutzung von wohnen und arbeiten.

Wie wird sich Ihrer Einschätzung nach der Büroimmobilienmarkt in Deutschland entwickeln?

Friedrich Weil: Der Markt wird kleiner. Wegen der wirtschaftlichen Situation werden sich die Nutzer ihre Zukunftsentscheidungen genau überlegen. Denn sie wissen auch, dass sie neue Mitarbeiter nur gewinnen können, wenn sie attraktive, deren Ansprüchen gerecht werdende Räume bieten.

In diesem Zusammenhang ist interessant, dass das Büro als Statussymbol wieder an Bedeutung gewinnt. Nicht im hergebrachten Sinn, dass man ein Einzelbüro beziehen möchte. Vielmehr geht es darum, dass die Personen, die ins Büro für Treffen kommen, wichtig sind. Diejenigen, die hauptsächlich im Homeoffice arbeiten, werden mittelfristig durch Künstliche Intelligenz ersetzt.

Kurzvita Friedrich Weil

  • Gründer und Vorstandsvorsitzender von Alfons & alfreda
  • Als CEO verantwortet er den kaufmännischen Part der Organisation
  • Jahrgang 1991
  • Abschluss M.Sc. in Real Estate an der EBS Universität
  • Direkt nach dem Studium gründet er die LIWON Real Estate GmbH (Projektentwicklungsunternehmen für Geschosswohnungsbau).
  • Nach Verkauf der Anteile an der LIWON gründet er 2018 Alfons & alfreda
  • Weiterentwicklung von Alfons & alfreda zur AG im Jahr 2021
  • Dozent an der TH Köln (Vorlesungen über Projektentwicklung, Masterstudiengang Architektur)

Über den Designer und Unternehmer Alexander Seifried

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