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Blickfang-Gründer und Geschäftsführer Dieter Hofmann

Der Unternehmer blickt zurück auf 30 Jahre Blickfang
Dieter Hofmann

Hinter den Kulissen von Europas größter Designverkaufsmesse. Blickfang-Gründer und Geschäftsführer Dieter Hofmann reflektiert über drei Jahrzehnte Trends und Moden. Was ist das Geheimnis der Messe? Und was macht Design-Labels erfolgreich?

Autor: Oliver Herwig

Eigentlich wollte Dieter Hofmann Schreiner und Möbeldesigner werden. Er entschied sich stattdessen für das Wirtschaftsstudium an der Universität Stuttgart-Hohenheim, weil er sich unter der Ausbildung zum Schreiner „etwas anderes“ vorgestellt hatte: praktisches Arbeiten eben und Entwerfen und keinesfalls wieder Schule. Hofmann grinst.

Die Aussicht reizte ihn keineswegs und er kam sich „irgendwie fehl am Platz“ vor. Also studierte er etwas, das man „immer gebrauchen“ könne: Wirtschaft. Klingt nach Pragmatismus, hat aber einen tieferen Grund. Märkte hatten es Hofmann schon immer angetan, als Kinder verkauften sein Bruder und er regelmäßig auf Flohmärkten.

Blickfang
Foto: Christian Metzler

Dieter Hofmann: Ein Ohr am Markt

„Das war unheimlich spannend.“ In der praktischen Arbeit eignete sich der damalige Student das Basiswissen des Kaufmanns an. Wenig verwunderlich, dass er parallel zu Zivildienst und Studium bereits an eigenen Projekten arbeitete – einer Abenteuersportmesse und einer Umweltmesse. Es war noch nicht ausgemacht, wohin die Reise gehen sollte, als plötzlich die Idee für Raumobjekte auftauchte, ausgelöst durch einen Ex- Mitarbeiter.

Das Konzept klang einfach: Der Betriebswirt wollte innovativen Möbelhäusern eine Plattform bieten und um sie herum junge Design-Labels zeigen. Doch irgend etwas stimmte nicht: „Wir merkten, dass es eigentlich andersherum läuft: Wir schufen also eine Plattform für junge, aufstrebende Labels und holten uns noch eine Handvoll Einrichtungshäuser als Partner dazu.“ Die Blickfang war geboren.

Dreißig Jahre später hat sich die Verkaufsmesse von einer reinen Präsenzmesse zu einer Shopping-Plattform entwickelt für all jene, „die unkonventionelles, hochwertiges Design entdecken wollen“ – und das „jenseits von Massenware und Mainstream, großen Einkaufsmeilen und Luxusmarken“.

Hinzu kommt die Blickfang-Akademie mit ihrer Online-Schulungsplattform. Der Kern der Marke blieb aber analog und greifbar: das reale Geschehen mit echten Menschen, die stöbern, Fragen stellen und die es gut finden, mit den Macherinnen und Machern hinter den Labels ins Gespräch zu kommen.

Nichts schult so wie der direkte Kontakt mit Kundinnen und Kunden. Für Hofmann ist klar, dass die „Blickfang“ eine perfekte Marktforschung bietet. „Was hier nicht funktioniert, wird auch sonst nicht funktionieren“, meint der Verkaufsprofi und klingt wie Frank Sinatra und dessen Hymne auf New York City als Ort des Wettbewerbs: „If you can make it here, you can make it anywhere.“ Jeder Auftritt, jede Schau ist für Hofmann eine Gelegenheit: „Denn wenn 30 Personen die gleiche dumme Frage stellen, dann ist sie wahrscheinlich gar nicht dumm, sondern das Designlabel hat in seiner Kommunikation irgend etwas verkehrt gemacht.“

Blickfang
Foto: Christian Metzler

Fähigkeit zur Kommunikation

Gerade unbequeme Fragen bieten die Chance, etwas zu verbessern. Schließlich müsse ein Label heutzutage schon „wahnsinnig viele Kompetenzen mitbringen“. Ein gutes Produkt zu entwerfen reiche nicht, hinzu kommend müsse es „Nachhaltigkeitskriterien und ein Preis-Leistungs-Versprechen erfüllen“. Und natürlich einen Blick für den Markt haben: „In letzter Konsequenz muss ich ein guter Verkäufer sein, auf Veranstaltungen und auch sonst.“

Sein Rat aus drei Jahrzehnten: „Letzten Endes ist die Fähigkeit zur Kommunikation im Verkauf sogar ähnlich wichtig wie das Produkt selbst.“ Hofmann selbst hört zu und hakt ruhig, aber bestimmt nach. Die Kombination aus guten Produkten und guter Kommunikation gilt für den Marketingprofi bis hin zum High-Level-Bereich: „Das sind Leute, die gut kommunizieren und sich gut verkaufen.“ Insofern ist die Blickfang der Reality-Check für Ideen, hier lassen sich Innovationen testen.

Hofmann selbst entwickelt die „Blickfang“ immer weiter und hat längst internationale Designer an Bord, um die Teilnehmer zu kuratieren: Das sind etwa das Hamburger Designbüro Besau Marguerre und die Stuttgarter Jehs und Laub. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der richtigen Auswahl: „Bei jeder Schau überlegen wir uns, wer am Anfang steht und wer am Ende. Das ist ganz wichtig, wenn es darum geht, Reichweite zu generieren.“

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Foto: Christian Metzler

Klare Auswahl

Hofmann kann sich die rigorose Auswahl leisten, denn „zum Glück gibt es fast immer die doppelte Anzahl an Bewerbungen“ für die Veranstaltungen in Stuttgart, Zürich, Basel, Wien und Hamburg. Jahr für Jahr besuchen sie 70 000 Menschen. Rund 1 000 Designlabels aus den Bereichen Möbel, Wohnaccessoires, Mode und Schmuck präsentieren dort ihre Neuheiten.

Einen Lieblingsort hat Hofmann nicht. „Hamburg ist nordisch geprägt. Am größten finde ich aber den Unterschied zwischen den Orten Wien und Zürich. „Letzterer ist sehr clean, sehr reduziert und in der Mode sehr schwarz. Wien hat Humor und nimmt sich selbst gerne mal auf die Schippe.“

Unterschiede zeigen sich auch in den Verkaufszahlen. „Von der Kaufkraft her ist Zürich unser stärkster Standort, was aber nicht bedeuten muss, dass es für Design die beste Plattform ist. Stuttgart zum Beispiel ist rein von den Zahlen her unser größter Standort mit den meisten Ausstellern und Besuchern. Dort erfährt das Handwerk eine hohe Wertschätzung.“

Blickfang
Foto: Christian Metzler

Es geht um Austausch und das Authentische

Trotz aller Begeisterung für den Verkauf vor Ort ist auch die eigene Online-Präsenz ein Gewinn, da hier größere Objekte verkauft werden. Im Schnitt gehen einmal die Woche ein Regal für 1 000 Euro oder ein Tisch für 3 000 Euro weg. Das sei in den letzten Jahren mehr geworden.

Aber was für den ‚Eames Chair‘ gilt, der sich online wunderbar verkaufen lässt, gilt nicht für neue Produkte, weiß der Verkaufsprofi. „Bei Eames entscheidet nur der Preis, aber ein unbekannter Stuhl ist Online eine echte Herausforderung. Das Netz gilt als wichtiges Fenster nach draußen, aber es muss auch stationär funktionieren.

Selbst Corona hat seine Überzeugung nicht verändert. Das erste Pandemie-Jahr war eine unglaubliche Herausforderung. Fast über Nacht brachen die Besucherzahlen ein und ebenso schnell wurde eine Online-Messe geplant und durchgeführt. Nach vielen Experimenten ist Hofmann wieder bei klassischen Konzepten gelandet: „Die Produkte, die wir auf der „Blickfang“ zeigen, leben durch den persönlichen Kontakt und durch Anfassen.“ Es geht um Austausch und das Authentische.

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Foto: Christian Metzler

Flexibles Konzept

Das Konzept einer großen kuratierten Designschau, die den Besonderheiten folgt und Exklusives entdecken lässt, wie früher nur beim gut sortierten Möbelgeschäft, hat sich als sehr flexibel erwiesen. Was vor 30 Jahren vielleicht noch avantgardistisch wirkte, ist umgekehrt längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Ohne dass Labels nachhaltig und authentisch sowie regional auftreten, gehe es einfach nicht mehr.

Nur eines bleibt: das sorgfältig ausgewählte, hochwertige Stück. Vor Veränderungen ist Dieter Hofmann nicht bange. Risiko sei Teil des Lebens – und „ohne Risiko kein Leben und keine Weiterentwicklung“. Als Pragmatiker ist er weit weg von vorgefertigten Lösungen. „Perfektionismus hemmt meistens“, weiß der Initiator. Sein Credo: anpassen und besser machen.

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