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Scapelab: Umbau einer Fabrik zu einem Kulturzentrum

Umbau von Scapelab in Ljubljana/SI
Bestandsaufnahme

Der Entwurf des örtlichen Architekturbüros Scapelab bezieht die Geschichte des Bauwerks als industrielle Stätte in Ljubljana durch die Wahl der klaren und rohen Materialität ein. Spannungsreiche Volumen unterstreichen den besonderen Charme des Ortes. Überraschend gut ist die Raumakustik der Cukrarna Gallery.

Autorin Christiane Sauer

Die denkmalgeschützte, ehemalige Zuckerraffinerie Cukrarna in Ljubljana wurde 1828 errichtet und in den Jahren 2018 bis 2021 vom ortsansässigen Architekturbüro Scapelab zu einem multifunktionalen Gebäude für Kunst und Kultur umgebaut: Cukrarna Gallery. In den zwei Jahrhunderten zuvor diente sie nicht nur der Herstellung von Zucker, sondern in der Folge auch als Tabak- und Textilfabrik, als Kaserne und als Obdachlosenheim.

2009 wurde ein internationaler Wettbewerb für Renovierung und Umnutzung ausgeschrieben, den Scapelab mit dem Konzept gewannen, die historische Hülle zu bewahren, das Gebäude im Inneren aber zu entkernen, um großzügige Räume für Kunst und Kultur zu schaffen. Hier können nun Veranstaltungen und Ausstellungen stattfinden, ein Teil der Räumlichkeiten ist zudem für Bildung, Vorträge und Workshops vorgesehen.

Überraschend gute Raumakustik

Beim Betreten der Eingangshalle wird der Besucher auf die gewaltigen Dimensionen der ehemaligen Fabrik aufmerksam. Die als „White Cube“ konzipierten Galerieräume mit unterschiedlichen Proportionen hängen an der Konstruktion des neuen Stahldachs. Die Einbauten sind klar von der historischen Hülle abgesetzt, ihre perforierte Metallhaut steht im Kontrast zu den Sichtbetonwänden. An einigen Stellen sind die Volumen hinter der Perforierung verglast und bieten so ungewöhnliche Perspektiven.

Die perforierte Haut ist nicht nur ein prägendes ästhetisches, sondern auch funktionales Element. Sie reduziert zum Beispiel die Nachhallzeit und ermöglicht so die Durchführung von unterschiedlichen Aufführungen in der Haupthalle – vom Elektronikkonzert mit tausend Besuchern bis zur Kammermusik mit wenigen Instrumenten und kleinerem Publikum. Die verwendeten Lochbleche bestehen aus 6 mm dicken Alucubond-Platten mit CNC gefertigten Löchern, die einen 8 cm Radius haben – insgesamt 16 350 Stück. Hinter der Metallverkleidung befindet sich eine 4 cm dicke Dämmschicht mit sehr guten schallabsorbierenden Eigenschaften.

Visuelle Identität

Zudem dienen die Öffnungen als Belüftungsauslässe. Die Luft wird vom Dach angesaugt und durch die Löcher verteilt. Bodenschienen, die neben den tragenden Wänden verlaufen, führen die Abluft wieder ab. Ebenso sind Lichtschienen in die Blechverkleidung integriert, die eine flexible Beleuchtung der Veranstaltungen ermöglichen. Ein kleines Café und ein 360 m² großer Vorführungssaal ermöglichen als weitere Räume mit separater, präziser Akustik unterschiedliche Aufführungsmöglichkeiten für Live-Musik.

Durch die Fassade fällt natürliches Licht in den Innenraum und schafft eine lebendige Grundausleuchtung. In der Außenansicht wird die historische Außenhülle vom Raster der 368 Fenster bestimmt. Jedes davon kann von einer LED-Lichtquelle beleuchtet werden, die in Farbe und Intensität programmierbar ist. So entsteht eine Art großer „Screen“, der bereits von weitem sichtbar ist und als visuelle Identität der Cukrarna Gallery dient.

Erweiterung des öffentlichen Raums

Am Rande des Stadtzentrums gelegen, schafft dieses Gebäude einen öffentlichen Anziehungspunkt und belebt ein ehemals brachliegendes Gebiet mit neuem Leben. Das Erdgeschoss dient als Erweiterung des öffentlichen Raums, sodass jede Aktivität auf dieser Ebene grundsätzlich auch von außen zu sehen ist. Gleichzeitig können auch außerhalb des Gebäudes Veranstaltungen stattfinden. Das Gebäude ist rund um die Uhr auch jenseits der Veranstaltungen beliebt und belebt: Tagsüber wird das ebenerdige Café zum Treffpunkt, abends finden sich Skater oder Salsatänzer vor dem Haus ein.

Historische Außenhülle

Dieser Umbau stellt deshalb nicht nur in puncto Ressourcen einen nachhaltigen Ansatz des Bauens dar, der die fast 200 Jahre alte Außenhülle weiter verwendet, sondern bezieht auch den Ort und die Menschen aktiv mit ein. Der Grundstein für ein architektonisches Fortleben, auch über die nächsten Jahrzehnte, wurde somit wieder neu und nachdrücklich gelegt.


Fakten

Projekt: Cukrarna Gallery

Ort: Poljanski nasip 40, 1000 Ljubljana, Slowenien

Architektur: Scapelab (Marko Studen, Jernej Šipoš, Boris Matić), Webseite des Büros

Auftraggeber: Stadt Ljubljana

Internationaler Wettbewerb: 2009

Fertigstellung: September 2021

Fläche: 6 000 m²

Material Ausstellungsräume: Fußböden: 8 cm Betonestrich; Wände: weißer Sichtbeton mit scharfen Kanten; Decken: Akustikplatten ‚Cleaneo‘ von Knauf; Freistehende Innenelemente: Douglasien-Sperrholz von Kolpa

Möblierung: Tische: ‚Fold it‘ von Engelbrechts, ‚Elephant‘ von Kristalia, ‚New Order‘ und ‚Bella‘ von Hay; Stühle: ‚ID mesh‘ und ‚ID Trim‘ von Vitra, ‚Charik 107‘ von Engelbrechts, ‚Spun‘ von Magis, ‚AAC 22‘ von Hay; Leuchten: ‚Groove Hcl‘ und ‚Bright‘ von Esse-ci, ‚Palco‘ von Iguzzini, ‚Sense‘ von Neko Light, ‚Parade‘ von Griven, ‚Kelvin LED‘ von Flos


Die Autorin Christiane Sauer ist Architektin und Materialspezialistin. Sie lehrt als Professorin für Materialentwurf an der Weissensee Kunsthochschule Berlin.
www.formade.comwww.dxm-berlin.de

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