Nein, das Reihenhaus ist nicht der große Traum vieler Bauherren, aber es ist ein kostengünstiger Weg zum Eigenheim. Vor allem, wenn der Bau schon vorhanden ist und „nur“ nach einer Modernisierung ruft. Darüber hinaus kann diese Baugattung Teil einer nachhaltigen Stadtplanung sein, die die Nutzung von städtischem Raum optimiert.
Bei dem hier vorgestellten Projekt handelt es sich um ein dreigeschossiges Gebäude, dessen Kellergeschoss kühn aus dem Boden ragt. Im Vergleich zu den Nachbarbauten verleiht das dem Gebäude eine „aristokratische“ Höhe.
Formensprache des Bauhauses
Die Elemente der Reihenhaussiedlung sind unterschiedlich gestaltet und variieren in Höhe, Farbe und Fassade. Mit seinen klaren Linien, der weißen Fassade, den dunklen Fenstern und dem strukturierenden Rhythmus von Außentreppe und Geländer orientiert sich das Gebäude an der Formensprache des Bauhauses. Ein kleiner Garten davor und dahinter bilden das Glacis des Anwesens. Aus den oberen Stockwerken blickt man auf die Landschaft und den 379 m hohen „Berggipfel“ des Bílá Hora (Bílá Hora ist tschechisch und heißt Weißer Berg) in Prag.
Neue Sichtachsen für Reihenhaus
Die Planer von No Architects nahmen eine komplette Rekonstruktion des Reihenhauses aus den 1970er-Jahren vor. Der Bauherr, der aufgrund seines Berufs mehrmals im Monat „um die Welt jettet“, hatte sich mit seiner Familie für eines der älteren Exemplare entschieden, das sich nicht ganz zufällig „in Sichtweite“ des Prager Flughafens befindet.
Das alte Gebäude brachte nach Meinung der Architekten bereits viele Qualitäten mit. Um sein volles Wohnpotenzial auszuschöpfen musste es aber teilweise entkernt, umgebaut und mit der Infrastruktur des 21. Jahrhunderts ausgestattet werden. „Bei unserer Ankunft bestand das Rückgrat aus einer etwas deprimierenden Stahltreppe, die in einer dunklen Ecke des Hauses eingemauert war“, erklären No Architects.
Helles Treppenhaus
Offensichtlich war diese „deprimierende“ Stahltreppe den Kreativen ein besonderer Dorn im Auge, denn heute bildet eine wunderschön gestaltete, massiv wirkende Holztreppe mit raffinierter Beleuchtung und hoher gestalterischer Qualität das neue Herzstück des Ganzen. „Wir zogen zunächst die Treppe in den Wohnbereich und schufen dann Lücken zwischen den Treppenläufen.
Dadurch geriet das Treppenhaus heller und das Leben im vertikalen Haus durch die neuen Sichtachsen sozialer, als es die ursprünglich streng getrennten Geschosse zuließen. Das war gar nicht so einfach, denn die Fußbodenkonstruktionen sind Hohlkörperdecken, die die damaligen Bewohner in den 1970er-Jahren selbst eingezogen hatten, so wie das ganze Gebäude von ihnen gebaut oder renoviert worden war“, beschreiben die Architekten den Beginn ihrer planerischen Arbeit.
Öffnung in der Vertikalen
Die massiv wirkende Wange und die wandbegleitende Holzvertäfelung mit einem regelmäßigen Fischgrätmuster laden geradezu dazu ein, das Bauwerk in der Vertikalen zu erkunden. Dem Schreiner, der die Treppe errichten durfte, gebührt ein großes Lob. Denn im Vorfeld war es notwendig gewesen, jeden Schritt mit einem Statiker und der ausführenden Baufirma abzustimmen, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden, falls die Bauarbeiter in der Vergangenheit die statischen Kräfte etwas unterschätzt haben sollten.
Die Gesamtsanierung umfasste neben der bautechnischen Ertüchtigung auch die komplette Erneuerung der technischen Infrastruktur, einschließlich der elektrischen Anschlüsse. Dazu den Austausch der Fenster, die Isolierung der Fassaden, den Abriss und Neubau der Terrasse, die Reparatur des Dachs und die Erneuerung aller Oberflächen sowie viele weitere notwendige Eingriffe.
No Architects nahmen große Änderungen am Grundriss vor, indem sie das Innere neu anordneten. Einige Räume wurden auf entgegengesetzte Seiten verlegt. Die Küche wurde durch die Öffnung einer tragenden Wand konsequent mit dem Wohnzimmer und dem Treppenhaus verbunden.
No Architects schaffen fließenden Raum
Das Ergebnis ist ein großer, fließender Raum, der das eigentlich kleine Haus viel größer erscheinen lässt. Die Küche im Erdgeschoss zeigt, dass die Architekten es verstanden haben, einen Arbeitsraum – und nichts anderes ist eine Küche letztlich – offen, praktisch und mit innenarchitektonischen Qualitäten zu gestalten. Gleichzeitig ermöglichen die freien Sichtbezüge zum Wohn- und Essbereich mit der kleinen Bar den Bewohnern ein durchgängiges Raum- und Aufenthaltserlebnis.
Zurückhaltende Materialität
Trotz des massiven Einsatzes von Holz wirkt der Innenraum grazil, fein gezeichnet und in seiner zurückhaltenden Materialität modern. Obwohl Sprossenfenster in der zeitgenössischen Architektur völlig aus der Mode gekommen sind, nimmt man sie hier wie selbstverständlich wahr. Im Wohnbereich ist mit einer zum Sitzen einladenden Fensterbrüstung über dem zurückgenommenen Heizkörper ein lebendiges Fenster zur nachbarschaftlichen Umgebung entstanden.
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Jakub Filip Novák und Daniela Baráčková
sind die Gründer des Büros No Architects aus Prag. Sie verbinden Architektur und bildende Kunst. Der Schwerpunkt liegt auf individuellen und detailorientierten Lösungen. Sie sollen die Wunschvorstellung jedes Kunden widerspiegeln.
Fakten
Projekt: In a Row
Standort: Prag, Tschechische Republik
Bauherr: privat
Bauaufgabe: Umbau eines Reihenhauses
Architektur: No Architects, Webseite des Büros
Fertigstellung: 2022
Geschosse: 3
Bebaute Fläche: 110 m²
Bruttogeschossfläche: 318 m²
Grundstücksgröße: 291 m²
Ausstattung (Auswahl): Armatur ‚Grohe Essence‘ von Grohe, Stuhl ‚881‘ und Barhocker ‚Valencia‘ von Ton, Fliesen ‚Goroka Grafito‘ von Vives, Türgriff ‚Nov‘ von M&T, Pendelleuchte ‚Bulb SR1‘ von &Tradition, Leuchte ‚Darling 3352‘ von Argon