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Minihaus: Circular Tiny House aus Naturbaustoffen

Circular Tiny House aus Lehm, Stroh und Holz
Autarkes Minihaus

Autarkes Minihaus: Auf dem Gelände der Hochschule Coburg ist ein umweltfreundliches Circular Tiny House (CTH) entstanden. Es besteht fast ausschließlich aus nachwachsenden Materialien wie Lehm, Stroh und Holz.

Experten wie Prof. Dr. Rainer Hirth, Prodekan der Fakultät Design an der Hochschule Coburg, sehen im Tiny House keine Generallösung für politische und bauliche Herausforderungen. Vielmehr eigne es sich als Sonderlösung zur Nachverdichtung von Baulücken und ungenutzten Restflächen im städtischen Raum. Wohnraumsuchende können wertvolle Flächen optimal nutzen und sparsame Minihäuser schaffen, die für viele Menschen erschwinglich sind.

Nachhaltiges Minihaus

Ein besonders nachhaltiges Minihaus – ein so genanntes „Circular Tiny House“ (CTH) – mit hoher Autarkie, das kein CO2 ausstößt und dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft entspricht, hat ein studentisches Team um Prof. Hirth zu Forschungszwecken auf dem Campus der Hochschule Coburg errichtet. Anhand eigens erstellter Entwürfe ist so ein Tiny House ohne Rollen entstanden, das gänzlich auf den Einsatz von Beton und Stahl verzichtet. Es verfügt über 18 m² Wohnfläche auf zwei Geschossen. Dadurch wirkt es besonders großzügig. Das Minihaus bietet Platz für ein Doppelbett, einen Laptop-Arbeitsplatz, ein Sofa zum Entspannen, eine „Smart Kitchen“, ein Bad und Stauraum sowie Platz für drei Personen zum gemeinsamen Essen.

Lehm als zirkulärer Baustoff

Die tragende Holzkonstruktion des CTH besteht ausschließlich aus geschädigtem Kiefern- und Fichtenholz aus der unmittelbaren Umgebung. Für die Dämmung der Wand fand man schnell einen nachwachsenden, CO2-speichernden Rohstoff: Stroh. Die Herausforderung bestand darin, aus diesem sehr weichen, flexiblen Material eine Wand zu errichten, die man verputzen kann. Als natürliche Ergänzung zu dem Baustoff Stroh fiel die Wahl auf Grundputz, Feinputz und Lehm-Wandfarbe des Herstellers Lehmorange.

Ausgeprägte Energiespeicherfähigkeit

Als einer der ältesten Baustoffe der Welt zeichnet sich Lehm insbesondere durch seine guten bauphysikalischen Eigenschaften aus. Er besteht aus rein natürlichen Materialien wie Ton, Steinen, Sand und Kies und wirkt sich dank seiner hohen thermischen Masse positiv auf das Raumklima aus. So verfügt Lehm über eine ausgeprägte Energiespeicherfähigkeit sowie thermische Trägheit. Damit sorgt er im Sommer für einen angenehmen Kühleffekt und trägt im Winter zu einer angenehmen Raumwärme bei. Lehm ist zudem diffusionsoffen und kann überschüssige Feuchtigkeit aus der Luft aufnehmen. Er nimmt Gerüche auf und schirmt hochfrequente elektromagnetische Strahlung ab.

Stroh-Lehm-Wände

Das Auftragen des Lehmputzes auf der Innenseite der Strohwand im Coburger Minihaus erfolgte in rund acht Arbeitsgängen, die jeweils eine eigene Trocknungszeit beanspruchten. Die Arbeiten fanden in der kühlen und relativ trockenen Luft der Monate November und Dezember statt. Ein Lüfter beheizt, belüftet und trocknete den Lehm schnell aus. Im letzten Arbeitsschritt erhielten die Wände einen anstrich mit Lehmfarbe. Die 35 Zentimeter starken Stroh-Lehm-Wände verfügen über einen U-Wert von 0,13 W/m2K, der unter den Anforderungen eines Passivhauses liegt und den Heizenergiebedarf damit insgesamt sehr niedrig hält.

Lehm-Heizelemente für den Dachausbau

Das Minihaus arbeitet energetisch autonom und deckt seinen gesamten Energiebedarf durch die Sonne. Die notwendige Wärme führt eine elektrische Strahlungsheizung, die von insgesamt zwölf PV-Paneelen auf dem Dach gespeist wird. In der Dachschräge befinden sich neben Basis-Lehmplatten insgesamt vier Lehm-Heizelemente mit einer Größe von 1.250 mal 625 Millimetern und einer Stärke von 22 Millimetern.

Das Besondere dabei: Direkt in die Lehmplatten integriert ist ein Karbonvlies, das mit Schwachstrom beheizt wird. Es wandelt die per Heizdraht zugeführte elektrische Energie nahezu verlustfrei in Wärme um. Da Letztere direkt an den Baustoff Lehm mit seiner sehr guten Wärmespeicherkapazität weitergeleitet wird, entstehen keine Energieverluste. Für das Minihaus fiel die Wahl auch auf eine elektrische Strahlungsheizung, weil für diese kein Heizraum benötigt wird und sich die Platten einfach im Trockenbau verlegen lassen. Sie sind zudem unempfindlich gegen Beschädigungen: Wird das Element beispielsweise versehentlich angebohrt, arbeitet die Heizung dennoch weiter. Nicht zuletzt sorgt die großflächige Strahlungsheizung für ein behagliches Raumklima.

Fünf Jahre bis zum Rückbau

Das Minihaus dient künftig als Gästewohnung für Dozenten und Studenten. Über einen Zeitraum von etwa fünf Jahren möchte das Projektteam per Monitoring belegen, dass sich ein solches Gebäude ausschließlich mit Photovoltaikkollektoren komfortabel betreiben lässt. Nach Ende der Mess- und Nutzungszeit wird das Minihaus rückstandsfrei demontiert. Dabei wird das Lehm-Stroh-Gemisch auf einem nahegelegenen Feld untergepflügt. Der Draht aus den Lehm-Heizelementen wird geborgen und separat entsorgt. Die Lehmplatten selbst können ebenfalls recycelt und wiederverwendet werden.


Fakten

Projekt: Forschungsprojekt Minihaus: Circular Tiny House

Bauherr: Hochschule Coburg, Fakultät Design

Architektur/Projektleitung: Prof. Dr. Rainer Hirth, LBA Anders Macht, cand. Arch. Christopher Nguyen, cand. Arch. Till-Oliver Frank

Hersteller Lehmprodukte: Lehmorange, Webseite des Herstellers

Fertigstellung: Juni 2022

Fotos: Sebastian Kolm

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