Autorin: Birgit Schneider
Ganz besondere Einblicke in die Wechselwirkung zwischen Raumgestaltung und Wohlbefinden der Nutzer gewannen Carl Harding, Abteilungsleiter bei Stride Treglown, und sein Team bei der Planung und Realisierung der neuen Taubstummen-Akademie in Exmouth gewinnen. Die Innenarchitektur des Gebäudes beeinflusst gehörlose Menschen hinsichtlich Gesprächsführung und Lernen sowie Privatsphäre und Sicherheit entscheidend.
Die Akustik spielt dabei eine zentrale Rolle. Auch für den Einsatz neuer Technologien in der Gehörlosenbildung ist sie entscheidend. Die besondere Herausforderung bestand darin, dass die Gebäudenutzer unterschiedliche Hörgrade haben. Einige setzen Hilfsmittel wie Cochlea-Implantate und Hörgeräte ein. Für diese Schüler und für diejenigen, die noch ein gewisses Hörvermögen haben, achteten die Planer besonders auf die Reduzierung der Nachhallzeit und des Hintergrundlärms.
Durchdachte Akustik
„Wir haben sorgfältig auf die Raumakustik durch Oberflächenbearbeitungen und schallabsorbierenden Konstruktionen geachtet“, berichtet Harding. So reduziert z. B. im Atrium des Lernhubs eine Kuppel aus schallabsorbierenden Akustikpaneelen, die von der Decke abgehängt sind, die Nachhallzeiten. Ebenso verringern die Wandoberflächen aus Holzlamellen mit dahinterliegenden Steinwolle-Akustikplatten die Nachhallzeiten. Für die Decke kam perforierter Gipskarton zum Einsatz.
Im Mittelpunkt des zentralen Learning-Forest-Bereichs steht ein Baum. Diese mit Holz verkleidete Struktur dient gleichzeitig als Verkehrsweg aus Treppen und dem Aufzug. Harmonisch fügen sich die akustischen Paneele sowie die Beleuchtung in dieses Bild ein. Mit ihrer organischen Form erinnern sie an Blätter. Geräusche aus der Einrichtung selbst sowie laute Räume wie die Küche sind akustisch isoliert. Unerwünschte Klänge können für Menschen mit Cochlea-Implantaten und Hörgeräten als störend und sogar schmerzhaft empfunden werden.
Visuelle Verbindungen
Für eine visuelle Kommunikation sind freie Blickbeziehungen notwendig. Das erleichtert Gespräche in Gebärdensprache oder über Lippenlese. Damit Lehrende und Schüler sich gut sehen, gibt es die Möglichkeit, die Klassenzimmersitze in Hufeisenform oder im Kreis anzuordnen. Die Möbel sind flexibel beweglich. Jede Gruppe kann sie nach Bedarf umstellen.
Ausreichende Beleuchtung
Die Flure sind breit genug, dass zwei Gehörlose nebeneinander in Gebärdensprache plaudern und andere daran vorbeilaufen können. In allen Bereichen wurde auf eine ausreichende Beleuchtung geachtet, sodass die Gehörlosen sich im Gespräch gut sehen. Denn Schattenbildung, Blendeffekte oder zu viel Licht behindern die Kommunikation. Um das zu umgehen, schirmen die farbigen, breiten Fensterrahmen direkte Sonneneinstrahlung ab. „Es war inspirierend an einem Projekt zu arbeiten, dass das Leben der Schüler verbessern und ihre Lernerfolge steigern wird“, beschreibt Carl Harding seine Erfahrungen.
Klare Farben
Die Farben in der Bildungseinrichtung schaffen eine beruhigende und zurückhaltende Umgebung, um die Belastung für die Augen zu verringern. Wird die Gebärdensprache über einen längeren Zeitraum angewandt, kann ein unruhiger Hintergrund sehr anstrengend für gehörlose Menschen sein.
Gleichzeitig dienen die Farben der Orientierung im Gebäude. Verschiedene Zonen weisen unterschiedliche Farbschemata auf. Der Schulbereich ist beispielsweise blau, der Hochschulbereich rot, das Grundlagenlernen gelb und gemeinsame Unterrichtsbereiche sind grün.
Fakten
Projekt: Deaf Academy
Standort: Exmouth, England
Fertigstellung: 2020
Bauherr/Architektur: Stride Treglown, Webseite der Architekten
Auftraggeber: The Deaf Academy, www.thedeafacademy.ac.uk
Innenarchitektur/Design: Stride Treglown
Produkte/Hersteller: Akustik: Akustische Wandverkleidungen ‚Lauder Linea‘ von Laudescher, akustische Wandpaneele ‚Ecophon Texona‘, abgehängte akustische Paneele ‚Rockfon Eclipse Island Freeform‘ (Blattform), ‚Eclipse Island Circular‘ (rund); Bodenbeläge: Teppichboden ‚Bumatex‘, Tivoli/Tivoli Mist Kollektionen), Vinyl ‚Altro Xpresslay‘, Aquarius und Stronghold; Fliesen Johnson Prismatic und Hexagon/Chevron; Möbel im Allgemeinen von SpaceZero; Bleuchtung im Learning Forest ‚Glamox‘
Fotos: Stride Treglown