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Krankenhausbau, Anforderungen, Trends

Zwischen Effizienz und Menschlichkeit: Trends im Krankenhausbau
Räume, die wirken

Selten stand der Krankenhausbau so im Licht des öffentlichen Interesses wie in den vergangenen Monaten. Doch es stellt sich die Frage, welche Anforderungen über die aktuelle Krise hinaus relevant sein werden.

Autoren Christine Nickl-Weller, Hans Nickl

Die Digitalisierung durchdringt das Krankenhaus auf allen Ebenen und bildet eine vierte Dimension im Gesundheitsbau: ein Internet of Things, welches sich in der intelligenten, (teil-)automatisierten Immobilie und deren Management räumlich manifestiert.

Sie reicht von der Erfassung der Gesundheitsdaten über „Patient Empowerment Tools“ wie Apps oder Mobile-Health-Devices bis hin zur telemedizinischen Begleitung von Behandlungsprozessen und Robotik im OP-Saal, bei der Visite und in der Logistik.

So werden Krankenhäuser Teil einer lokal und überregional vernetzten Gesundheitslandschaft, in der sich der Arzt nicht unbedingt am selben Ort befinden muss wie der Patient.

Planer können die Möglichkeiten der digitalisierten Bauplanung nutzen, um die räumliche Erfahrung und die Nutzungsqualität im Krankenhausbau zu verbessern. Simulationen, die Güter- und Personenströme analysieren, können auch dazu genutzt werden, emotionale Raumerfahrungen zu analysieren oder Nachhaltigkeitsaspekte wie Energie- und Ressourcenverbrauch vorab zu berechnen. Das Krankenhaus der Zukunft sollte vor allem in dieser Hinsicht architektonisch smart sein.

Herausfordernde Planung

Die Planungs- und Bauzeiten sind lang, das Gesundheitswesen wandelt sich – gerade in Hinblick auf die oben genannten digitalen Treiber – mit großer Geschwindigkeit. Das ist ein immanentes Problem im Krankenhausbau.

Healing Architecture
Foto: Werner Huthmacher

Umso mehr gilt es, einige Parameter im Blick zu behalten: demografischer Wandel und damit einhergehende Veränderung der Patientenstruktur in Alter, Verweildauer und Morbidität, zunehmende Personalknappheit, Sanierungsstau, Bettenabbau in der Normalpflege und Ausbau spezialisierter Zentren und der Intensivpflege. Mit alldem einher geht das Primat eines wirtschaftlichen und effizienten Betriebes.

Räumliche Flexibilität

Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass im Krankenhausbau nur Bauten, die flexibel auf Veränderungen reagieren können auch wirtschaftlich nachhaltig sind: Zum Beispiel, indem sie in Krisensituationen schnell Normalpflegekapazitäten für die Intensivpflege bereitstellen können.

Flexibilität lässt sich auf Raumebene herstellen, wenn modular geplant wird, etwa im Sinne eines Bettenzimmer-Grundmoduls, welches auf verschiedene Intensitätsstufen der Behandlung dynamisch adaptiert werden kann. Flexibilität kann aber auch auf Grundrissebene entstehen, indem möglichst große, zusammenhängende Flächen auf vielfältige Art miteinander verknüpft werden.

Healing Architecture
Foto: Werner Huthmacher

Healing Architecture

Mit den oben skizzierten Trends geht ein verändertes Denken hinsichtlich Raumqualitäten einher, welches seine Ursprünge bereits in dem Erstarken der Umweltpsychologie in den 1970er-Jahren hatte.

Dieser Forschungsrichtung ist das Konzept einer „Healing Environment“ – einer heilenden Umgebung – entlehnt. „Healing Architecture“ wiederum beschreibt den Paradigmenwechsel, Architektur als eine Variable anzuerkennen, die physisches und psychisches Wohlbefinden von Patienten, Personal und Angehörigen im Krankenhaus unterstützt.

Krankenhausbau
Foto: Werner Huthmacher

Die Entwurfshaltung im Krankenhausbau lässt sich nicht auf eine Wohlfühlarchitektur reduzieren, vielmehr stehen auch handfeste Probleme wie Sicherheit auf der Agenda. Es gilt, Krankenhauskeime zu stoppen, Stürze zu verhindern und Patienten, Angehörige und Personal eine Umgebung zu bieten, die Stress reduziert. Das alles trägt im Idealfall zum effizienten und wirtschaftlichen Betrieb eines Krankenhauses bei.

Wissenschaftliche Basis

Planer im Krankenhausbau können auf eine weltweit wachsende Anzahl von Studien zurückgreifen, die sich mit den Auswirkungen der Krankenhausumgebung auf Patienten, Personal und Angehörige auseinandersetzen.

Man kann deren Zahl auf 50 oder 500 beziffern, je nachdem, wie streng man die wissenschaftlichen Standards definiert. Untersucht werden in solchen Studien sowohl harte Fakten wie Mortalität, Fehlerquoten, Verweildauer, Medikamentendosierung, Wegelängen oder Stresssymptome als auch die qualitative Bewertung von Räumen und Prozessen.

Krankenhausbau
Foto: Werner Huthmacher

Gestalterische Potenziale im Krankenhausbau

Es würde an dieser Stelle zu weit führen, die einzelnen räumlichen Faktoren näher zu beleuchten. Daher seien hier nur zusammenfassend die meistgenannten Stellschrauben der räumlichen Umgebung genannt, die Einfluss auf die Gesundheit, das Befinden oder das Verhalten der Nutzer haben.

Licht kann sowohl das Schmerzempfinden als auch das Schlafverhalten der Patienten beeinflussen. Ebenso wirkt es sich auf den zirkadianen Rhythmus, also die biologische Uhr des Menschen aus und kann folglich Stressempfinden und Stimmung beeinflussen. Nicht nur für den Patienten, sondern auch für die Effizienz des Pflegepersonals ist die Lichtführung daher wesentlich.

Einfluss der Umgebung

Zugang zu Natur und Außenraum, etwa über Gärten, Dachterrassen oder Balkone, kann sich ebenfalls positiv auf Stressempfinden und Konzentrationsfähigkeit von Patienten und Personal auswirken.

Auch die akustische und klimatische Umgebung trägt viel zum individuellen Empfinden einer Raumsituation bei. Wichtig sind hier Steuerungsmöglichkeiten, die es dem Patienten erlauben, sie auf sich anzupassen.

Layoutentscheidungen in den Bereichen Bettenzimmer, Station und Wegeführung tragen entscheidend zur Effizienz des Pflegepersonals bei, begünstigen aber auch Gespräche mit dem Arzt oder den Angehörigen.

Krankenhausbau
Foto: Werner Huthmacher

Farbgestaltung und Kunst

Kontrovers diskutiert werden im Krankenhausbau Erkenntnisse über Farbgestaltung und Kunst. Beiden wird ein Einfluss auf Stimmungen und Akzeptanz der Krankenhausumgebung bescheinigt, jedoch ist es schwierig, allgemeingültige Aussagen zu treffen – Farbwahrnehmung zum Beispiel ist stark kulturell geprägt.

Es bleibt zu hoffen, dass weitere Evaluationen einer „Healing Architecture“ im Krankenhausbau Betreibern vor Augen führen können, dass auch betrieblich und ökonomisch die Rechnung aufgeht: durch verbesserte Genesungsverläufe, zufriedeneres Personal und effizientere Prozesse.

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