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Pere Llonch

Kluger Stratege: CEO und alleiniger Inhaber Vibia
Pere Llonch

Pere Llonch, CEO und alleiniger Inhaber von Vibia, stellt seine Leuchtenfirma international auf. Design spielt dabei eine große Rolle. Aber es geht nicht allein um Formen, es geht um gutes Licht.

Autor Oliver Herwig

Die Adresse klingt so vielversprechend, wie es das Unternehmen ist: Carrer del Progrés. Der spanische Leuchten-Produzent Vibia hat seinen Hauptsitz in einem Industriepark. Der Blick verliert sich in einem Einerlei aus Lagerhallen, Speditionen, Dächern und Aufbauten.

Pere Llonch
Geschickte Strategie: Der Hauptsitz von Vibia im Gewerbegebiet Barcelonas ist nur gemietet, allerdings nach den Wünschen der Leuchtenfirma optimiert. Foto: Fernando Alda

Irgendwo im Osten liegt das brummende Barcelona. Immerhin: Nur wenige Autominuten entfernt ist auch der Flughafen. Und das ist nun wirklich ein Wettbewerbsvorteil in einer Branche, die sich in rasantem Tempo internationalisiert und digitalisiert.

In den letzten 15 Jahren blieb kein Stein mehr auf dem anderen, dafür sorgten das Glühlampenverbot und der rasante Aufstieg der LED, interaktive Gesten-Steuerung und völlig neue Geschäftsmodelle bis hin zum Licht-Leasing.

Im Grunde ist die Leuchten-Industrie eine Art Chip-Industrie geworden, mit immer schnelleren Produktzyklen und sich ständig verändernden Leistungskurven.

Pere Llonch
Pere Llonch (rechts) schätzt den Prozess wie auch das Produkt. Hier arbeitet er mit Sebastian Herkner. Foto: Fernando Alda

Wie sieht das Pere Llonch? Schon seit 20 Jahren arbeitet er in der Firma, 2005 wurde er CEO, 2015 alleiniger Inhaber. Natürlich sei das eine Herausforderung, gibt der Spanier zu, aber gehe es nicht ständig um Herausforderungen? Er möchte nachhaltige Entscheidungen treffen, es gehe um Werte und Identitäten – und wie diese in Beziehung zueinander stünden. Llonch wirkt so strukturiert wie der Schreibtisch vor ihm. Er spricht klar und akzentuiert. Der Mann mit den fein geschnittenen Gesichtszügen ist ein Stratege.

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Erfolgsrezept der Spanier: Trotz aller Vielfalt Leuchtenfamilien weiterzuentwickeln und zu pflegen. Jordi Vilardell und Meritxell Vidal sind die Designer der Kollektion ‚Meridiano‘. Foto: Fernando Alda

Er hat es geschafft, aus der 1987 gegründeten Traditionsfirma einen modernen Leuchtenhersteller zu formen, der seit 2006 weltweit auftritt. Design und Marketing waren dabei seine Hauptinstrumente. Durchgezogen mit beinharter Konsequenz.

Llonch sei ein Workaholic, heißt es, er arbeite elf Stunden am Tag und sei auch am Wochenende da oder zumindest erreichbar. Zugleich ist Llonch bescheiden und reiht sich gerne ein ins Team. Erfolgsrezept Teamplayer? So könnte man es nennen.

Emotion und Funktion

Was ist das eigentlich – nachhaltiges Design? Llonch überlegt keine Sekunde. „Zeitloses Design“, unaufdringlich und doch emotional berührend. Aber keinesfalls modisch. Llonch verdeutlicht das mit einer Armbewegung. Wenn da die Mode sei – er deutet nach rechts –, stünde Design ganz links.

Als CEO und Inhaber gehe es ihm um eine solide Entwicklung, er denke mittel- bis langfristig. Llonch versteht es, aus Marketing-Sprech eine geradezu philosophische Fragestellung zu schälen, etwa die, wie es gelinge, eine bessere Firma zu werden. Und das richtige Tempo für Wachstum zu finden.

Der Hintergrund: Seit zehn Jahren legt Vibia zu, im Schnitt 11 % pro Jahr. Man kann sich schnell ausrechnen, was das bedeutet – mehr als eine Verdopplung des Umsatzes in dieser Zeit.

Die Mitarbeiter kommen inzwischen aus 15 Nationen – und weltweit müssen 110 Handelspartner mitgenommen werden – nicht nur, was die je neueste Kollektion angeht, sondern vor allem in Sachen Geist und Philosophie von Vibia.

Und die hat es in sich: Licht und Design seien die „Harmonie von Atmosphäre und Materie, die Balance aus Emotion und Funktion, die Symbiose aus Technologie und Feingefühl.“ Das steht zumindest auf dem aktuellen Katalog.

Und Pere Llonch hat seine eigene Interpretation der Kernsätze: Er setzt auf Zusammenarbeit, stellt das Team in den Mittelpunkt, die Mannschaft. Und nimmt sich selbst nicht so wichtig. Kein Wunder, dass auch Marketing-Chefin Judith Patiño die Gemeinschaft betont, die regelmäßigen Meetings und Qualitätszirkel über die Fachabteilungen hinweg.

Wie an diesem Stehtisch. An der Wand klebt ein Diagramm der einzelnen Abteilungen und ein genauer Zeitplan für Besprechungen. Alles ist detailliert vermerkt und klar gestaltet, vom Marketingbüro bis zur Auslieferung der fertigen Ware.

Pere Llonch fordert gemeinsammes Nachdenken

Design hat einen hohen Stellenwert bei Vibia. Aber offenbar ändert sich gerade etwas Grundsätzliches. Die Zeit der Heldenentwürfe und genialen Skizzen ist vorbei. Und auch die der schönen Objekte, die ganze Wohnlandschaften dominieren durften.

„Die finale Form ist nicht das Wesentliche“, sagt Pere Llonch, „sie ist einfach eine Konsequenz des Prozesses.“ Und dieser beginnt bereits mit dem Briefing, das freilich auch nicht mehr nur eine Seite mit abstrakten Anforderungen und Spezifikationen darstellt, eine Top-down-Botschaft, die irgendwie abzuarbeiten ist, sondern ein offenes System, eine Plattform für Gespräche.

Erst im Austausch, in der „gemeinsamen Reflexion“, wie Llonch sagt, schärfe sich das Ganze. Und dann fügt er hinzu: Eigentlich „schreiben wir das Briefing gemeinsam.“ Und es fühlt sich tatsächlich so an – als ein gemeinsames Werk, das im Austausch entsteht.

Wie sieht das konkret aus? Auf der Euroluce 2019 stellte Stefan Diez seinen Entwurf ‚Plus Minus‘ vor.

Eine Leuchtenfamilie, die in weniger als einem Jahr entstand – und zwar in enger Zusammenarbeit mit dem Hersteller und dem Textile Prototyping Lab, einem Unternehmen, das auf die Entwicklung innovativer Textilien spezialisiert ist.

Das patentierte System, bei dem Elektrizität durch einen Stoffgürtel fließt, lässt bis zu 20 Leuchten zu, das textile Band wiederum gibt neue Freiheiten, wenn es darum geht, die Leuchten aufzuhängen und zu fixieren, das heißt: flexibel an einem Band zu verschieben.

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Vibia hat sich mit ausgefeilten Pendelleuchten einen Namen gemacht. Produkte wie ‚Match‘ lassen sich online konfigurieren und perfekt an das Interieur anpassen. Foto: Fernando Alda

Pere Llonch fördert solche Querdenkereien, indem er wenig vorgibt und sich Zeit nimmt. Dass die Leuchte dann doch schnell entwickelt war – umso besser. Llochs Rolle als CEO und Designchef ist vielfältig: die des Antreibers und Mitmachers, des Moderators, des Zuhörers.

Und dann schwirrt wieder so ein Satz durch den Raum, der nachhallt: „Wir liefern Werkzeuge für die Gestalter.“ Die Herausforderung bestehe darin, anzuregen und das Unerwartete zu fördern. „Gutes Design ist nie offensichtlich“, sagt Llonch, es gehe „über die Erwartungen hinaus.“ Daher reicht auch nicht mehr die schöne Form, so spannend sie auch sein mag. Wer sich darauf kapriziere, beende jeden Prozess.

Die Rolle des Designers

Im Grunde gehe es immer um einen sinnvollen Bezug zur Gesellschaft. Gerade beim Licht mit seinen unterschiedlichen Atmosphären und Raumwirkungen. Da gibt es keine einfache Lösung einer vorgegebenen Beleuchtungssituation.

Wer eben noch über Design Thinking lächelte und über Schlagworte wie „Nutzer im Zentrum“, sollte nach Barcelona fahren. Hier bei Vibia wird Design Thingking nicht zur Bastelstunde für Buchhalter, sondern zum Prinzip, das den Gestaltungsprozess antreibt.

Auf der Website liest sich das so: „Wir laden Designer dazu ein, mithilfe von Licht neue Kreationen zu erschaffen. Dabei befinden wir uns in einem ständigen Entwicklungsprozess, der unseren Nutzern die Möglichkeit eröffnen soll, zu Komponisten, Poeten, Regisseuren und Dirigenten ihres eigenen Lebensraums zu werden.“

Klar wird, dass sich die Rolle der Designer verändert. Sie stehen vielleicht noch im Mittelpunkt, bilden aber nicht mehr das alleinige Zentrum.

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Die strukturierte Farbumgebung aus 23 Tönen von Note Design bringt Kohärenz in die breit angelegte Kollektion. Foto: Fernando Alda

In letzter Zeit hat sich Llonch daran gemacht, das Spektrum an Leuchten und Materialien zu systematisieren, zumindest optisch. ‚Chromatica‘ heißt der Versuch, ein harmonisches, dabei möglichst offenes Farbspektrum über die vielen Produkte zu ziehen. Die vom Stockholmer Note Design Studio kuratierte Palette aus 23 Farben wurde für die moderne Architektur- und Designlandschaft ausgewählt.

Also eine Art Le-Corbusier-Palette des 21. Jahrhunderts. Pastelltöne und sanfte Farben. Einheitlichkeit und Wiedererkennbarkeit gehen nicht auf Kosten der Lebendigkeit.

Das kann zugleich als Versuch gesehen werden, die ausufernde Personalisierung von Produkten in vernünftige Bahnen zu lenken. 84 % aller Vibia-Leuchten sind inzwischen „customized“, jede von ihnen besteht im Schnitt aus 55 Teilen. Das ist aber auch eine Stärke. Dies belegen die Zugriffszahlen auf den Online-Konfigurator.

Gut 10 000 Profis sind dort angemeldet und bauen sich aus den bestehenden Systemen Hunderttausende von individuellen Lösungen. Um zu ahnen, welche Logistik dahintersteckt, lohnt sich ein Abstecher ins Hochregallager.

Sechseinhalb Mio. Teile sind auf 11 000 m² abgelegt. Reihe um Reihe, bis unter die Decke. Eine seltsame Stimmung herrscht hier, still wie in einer Kathedrale, nur unterbrochen vom Sirren der Gabelstapler. Das Werk in Barcelona übernimmt rund 45 % der gesamten Produktion. Die Teile werden in Arbeitswannen vorkonfektioniert und in die benachbarte Fertigung transportiert. Vorsprung durch Design – hier ist er sichtbar.

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