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Sandra Schramke: Hochschullehrerin im Porträt

Die Hochschullehrerin im Porträt
Sandra Schramke

Sie verbindet Theorie und Praxis räumlicher Gestaltung und Szenografie. Von ihren Studierenden erwartet sie vor allem zwei Qualitäten: Neugierde und Ausdauer. Sandra Schramke versucht, jedes Talent zu erkennen und individuell zu fördern.

Autor Oliver Herwig

Wer mit Sandra Schramke spricht, stößt unweigerlich auf einen Begriff, der wie ein Generalton durch das Denken der Architektin schwingt: Neugier. Der Wunsch, nicht stehen zu bleiben und selbst Bewährtes immer wieder zu hinterfragen, ist die Faszination der Wissenschaft durch Neuigkeiten und die Wiege der Moderne und eng mit ihrer Biografie verbunden.

Die steckt voller Wendungen: als Architektin in Spanien ebenso wie als Wissenschaftlerin am Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin. Mit der Promotion an der Bauhaus-Universität Weimar hatte sie sich zuvor qualifiziert.

Neugier und permanentes Infragestellen

Diese Haltung verlangt Schramke auch von angehenden Szenografen, genauer: „Neugier und das permanente Infragestellen des eigenen Handelns beziehungsweise Entwurfs als Voraussetzung für ein erfolgreiches Studium.“ Dazu kommt noch etwas anderes: genau hinzuschauen und die zunehmend inszenierte Welt kritisch zu reflektieren.

„Die Verantwortung von Gestaltern liegt immer darin, unter Einsatz neuer Medien Aufgaben der jeweiligen Zeit zu lösen und daraus eine eigene Haltung und Handschrift zu entwickeln.“ Sie legt dabei besonderen Wert auf Ästhetik, also Wahrnehmungslehre. Eine erweiterte Naturästhetik, die auch die Umweltzerstörung kritisiert, liegt ihr besonders am Herzen. Ein Mittel dazu ist die Zeichnung, die für die Hoch- und Städtebauarchitektin und Szenografin viel mehr ist als die bloße Übersetzung einer Idee auf ein Blatt Papier. Denn sie stellt die zentrale Verbindung von Hand, Kopf und Welt dar. So gerät die Zeichnung für sie zum Mittel der Welterschließung.

Versuchung des Geistes

Die „schönste Versuchung des Geistes“ habe Paul Valéry die Zeichnung genannt, sagt Schramke und macht deutlich, warum sie so viel von dieser Technik hält. Wie Studierende Dinge zu Papier brächten, habe natürlich „auch mit Können und Talent“ zu tun. Viel wichtiger aber ist der Professorin, dass die Zeichnung nicht nur als Visualisierung einer vorgefertigten Idee begriffen werde, sondern eng mit der Produktion einer Idee zusammenhänge.

„Dieses Wechselverhältnis zu lernen, dauert Jahre.“ Im Studium ließe sich zumindest ein bestimmtes Handwerk vermitteln. Das beginnt an der Muthesius Kunsthochschule Kiel mit der Prüfung von Mappen, mit denen sich junge Menschen für den Studienplatz bewerben.

Bei der Mappenberatung sieht sie es so: „Ich lege Wert darauf, dass Studierende sich die Mühe machen, einen Raum in allen seinen Facetten zu erfassen.“ Daher rate sie immer, sich direkt dort hinein zu begeben, am besten die ganze Woche in einem Raum zu zeichnen, und keinesfalls vom Foto abzumalen. Vielmehr gehe es darum, „Raum wahrzunehmen, zu konstruieren, Oberflächen und Lichtverhältnisse sowie Farbigkeit darzustellen“. Ein solch genauer Blick verlangt allerdings Zeit. Sandra Schramke sieht diese zeichnerische Meditation und Welterfassung als Antwort auf die Schnelllebigkeit unserer Gesellschaft und digitaler Medien:

„Mein Rat ist immer, sich auf eine Sache zu konzentrieren und sich die Mühe zu machen, genau zu schauen und etwas zu entdecken.“ Da wären wir wieder bei ihrem Lieblingswort Neugier.

Brückenbauerin zwischen Praxis und Theorie

Diese Konzentration übersetzt sich für die Hochschullehrerin im besten Fall in Qualität. Ein abgemaltes Foto ist nicht genug. Angehende Szenografen müssten sich mit ihrer gesamten Umgebung, der Gesellschaft und der Natur, auseinandersetzen. Dazu bietet die Brückenbauerin zwischen Praxis und Theorie, die 2009 über Kybernetische Szenografie promovierte, entsprechende Kurse an. Unter anderem zum Thema KI (Künstliche Intelligenz) an, damit Studierende „diverse Medien – auch VR (Virtual Reality) und XR (Erweiterte Realität) – und Methoden erlernen sowie sich theoretisches Wissen zu ästhetischen, soziologischen und kulturwissenschaftlichen Fragestellungen zum Thema Raum aneignen“.

Von Theorieseminaren flankiert

Eine solche Verschränkung von Theorie und Praxis zeichnet die Muthesius Kunsthochschule insgesamt aus. Konkret heißt das, dass die von Sandra Schramke betreuten Projekte so angelegt sind, dass sie von Theorieseminaren flankiert werden. „Die Studierenden sollen früh die entgegengesetzten Bewegungen von freier, künstlerisch-gestalterischer Arbeit und kritischem Abstand und Hinterfragen des eigenen Handelns lernen.“

Die Kurse sind überschaubar, durchschnittlich 20 Studierende arbeiten in den Seminaren und an Projekten. Dabei liegt der Frauenanteil fachübergreifend bei fast 75 %, im Feld Raumstrategien (B. A.) bei 82 % und im Masterstudiengang Raumstrategien sogar bei 91 %. Die Professorin schätzt dies und sagt ganz unverblümt: „Frauen sind zuverlässig, es ist kommunikativ.“ Kein Wunder, dass dabei gemeinschaftliches Gestalten immer mehr in den Fokus rückt.

Anhand von Skizzen, Zeichnungen und Modellen (analog und digital) werden Konzepte entwickelt und kritisch diskutiert. „Es ist wichtig, die Übersetzungsschritte von einer Idee bis hin zum fertigen Produkt und Raum und zur Performance zu vollziehen“, unterstreicht Schramke.

Die Studierenden arbeiten in Ateliers, in denen Professoren sie projektbezogen betreuen. Egal, ob in den Studiengängen Freie Kunst, Kunst Lehramt an Gymnasien, Raumstrategien, Industrie- und Kommunikationsdesign, ob mit Holz, Metall, Keramik, Typografie, Druck, Textil, Fotografie, Prototyping (inkl. 3D-Druck), Sound, VR oder im Experimentallabor. Heute sind rund 640 Studierende in den Bereichen Kunst und Design eingeschrieben. Sie kommen aus mehr als 30 Ländern.

Dichtes Netzwerk

Kiel zeichnet ein gutes Netzwerk mit internationalen Hochschulen aus: mit der Filmuniversität Konrad Wolf Babelsberg ebenso wie mit der Design Academy Eindhoven. Dazu kommen Institute in Basel, Brescia, Breslau, Budapest, Den Haag, Dublin, Nancy, Oslo, Poznan und Riga. Die Muthesius Kunsthochschule ist schließlich Mitglied in den Kunst- und Designnetzwerken ELIA (Europa) und CUMULUS (global). Sie sieht im Wissenstransfer die Möglichkeit, Entwicklungen innovativer Fragestellungen, neuartiger Ideen und nachhaltiger Konzepte zu stärken, die über rein technische Lösungen hinausgehen. Der Blick ist also weit offen, es ließe sich fast sagen: neugierig ausgerichtet auf das, was in Zukunft kommt.

Dazu verhelfen regelmäßige Treffen mit internationalen Künstlern und Gestaltern während der Forumswoche ebenso wie die ausgeklügelte Transferstruktur, die Studierenden bisher die Möglichkeit bot, Kontakte zur Wirtschaft, zu Institutionen und der Verwaltung zu knüpfen. Nach dem Studium erstreckt sich die Auswahl der Berufsfelder von Architekturbüros und Büros für VR-Anwendungen über Theater bis hin zur Werbung. Das Feld breitet sich immer weiter aus.

Sandra Schramke sieht ihre Arbeit vor allem darin, Neugier zu wecken, historisches und theoretisches Wissen zu vermitteln, Medien zur Verfügung zu stellen und Methoden zugänglich zu machen. Und dann sagt sie noch ganz unakademisch: „Dazu versuche ich, jede Anlage und jedes Talent zu erkennen und individuell zu fördern.“


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In ihrer Arbeit verbindet sie Therie und Praxis räumlicher Gestaltung und Szenografie. Foto: Melanie Leßmann

Sandra Schramke

Nach dem Architektur- und Städtebaustudium an der TU Dortmund arbeitete Sandra Schramke als Architektin in Deutschland und Spanien. Im Anschluss war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät Architektur der Bauhaus-Universität Weimar tätig. Es folgten die Promotion über Kybernetische Szenografie (2009) und die Wissenschaftliche Mitarbeit an der Professur Wissens- und Kulturgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit April 2017 hat Schramke eine Professur an der Muthesius Kunsthochschule Kiel inne.

www.muthesius.de


Foto: Lea Kötting

Muthesius Kunsthochschule Kiel

Bachelor-Studiengang: Szenografie / Interiordesign
Studienbeginn: jeweils zum Wintersemester
Abschluss: Bachelor of Arts (B. A.)
Dauer: 8 Semester 
Workload: 240 ECTS

Zulassung: künstlerische Eignungsprüfung; digitale Bewerbung 1. bis 15. Mai; im Vorfeld ist eine Mappenberatung möglich

Absolventen: ca. 18 pro Jahr

Master-Studiengang: Raumstrategien
Studienbeginn: jeweils zum Sommer- und Wintersemester
Abschluss: Master of Arts (M. A.)
Dauer: 4 Semester
Zulassung: Abschlussnote im grundständigen artverwandten Studium mindestens 2,5; künstlerische Eignungsprüfung; digitale Bewerbung 1. bis 15. Mai und 1. bis 15. November. Eine Portfolioberatung im Vorfeld ist möglich.
Absolventen: ca. 12 pro Jahr 

Information: studieninfo@muthesius.de

www.muthesius.de

Weitere Persönlichkeiten aus der Gestaltung finden Sie hier

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