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Gabriel Weber

Hochschullehrer im Porträt
Gabriel Weber

Gabriel Weber widmet sich als leidenschaftlicher Hochschullehrer ganz der Lehre und Forschung, etwa mit dem „Sense Lab“, das auditive Atmosphären in Räumen schafft. Er liebt Experimente und setzt dazu auf viel Freiheit für die Studierenden.

Autor: Oliver Herwig

Wie klingt eigentlich ein Raum? Solche Fragen mögen ungewöhnlich klingen. Sie faszinieren aber den Designer und bekennenden Experimentator Gabriel Weber, der seit 2010 eine Professur für Produkt- und Interiordesign an der Hochschule Rosenheim bekleidet. Und daran werde sich so schnell nichts ändern, sagt der 60-Jährige. „Ich unterrichte bis zur Pension mit 67.“ Er habe sich schließlich für die Hochschule entschieden, für die Arbeit mit jungen Menschen, die hier ihren eigenen Weg finden sollen. Und genau dabei möchte er sie bestmöglich unterstützen.

Was ist Gestaltung?

Für Gabriel Weber fächert sich Gestaltung in drei Bereiche auf, die zusammenkommen müssen: das Technisch-Handwerkliche, das Schöne und das Experimentelle. Er selbst fühlt sich vor allem für Letzteres zuständig. Seine eigene Forschung zielt auf das Ephemere. Gabriel Weber interessiert sich beispielsweise für Atmosphären von Orten und bringt Räume zum Klingen. Was macht akustische Wahrnehmung mit uns?

Als „Artist in Residence“ am Zentrum für Kunst und Medien war Gabriel Weber solch flüchtigen Phänomenen auf der Spur – was umgekehrt seiner Forschung in Rosenheim Auftrieb und Anerkennung gab. Im dortigen Sense Lab, dem Labor für multisensuelle Wahrnehmung, untersucht er „secondary emotions“, also jene Gefühle, die indirekt mitschwingen und uns oft gar nicht bewusst sind, da sie gewohnheitsmäßige oder erlernte Reaktionen umfassen.

Damit gestaltet Gabriel Weber subtile Atmosphären, zum Beispiel den Eindruck, trotz Homeoffice im Büro zusammen mit anderen Menschen zu arbeiten. Weber schuf dazu einen 15-minütigen Loop mit typischen Geräuschen, etwa von Menschen, die Seiten umblättern. Oldschool? Da muss Weber lachen. Als Designer seien sie doch nah an der materiellen Welt. Niemand sollte die Kraft subtiler akustischer Phänomene unterschätzen.

Wunderkammern der Forschung

So testete Gabriel Weber eine Sounddusche, die einen dreidimensionalen Eindruck von fallenden Wassertropfen vermittelt, inklusive leichter Schwingungen am Boden. Bei allen, die darunter standen, ein voller Erfolg. „Vielleicht“, so spekuliert Weber, könnte sie einmal Wasser sparen helfen, wenn ein feiner Wassernebel dazukommt. Alles, was im Soundlabor steht, stammt aus Projektmitteln: die Lautsprecher, die Anlage, die Steuerung. Immer, wenn wieder etwas Geld übrig ist, kommt ein neues Stück hinzu.

Die Werkstätten und Arbeitsplätze im Untergeschoss des Gebäudes E, das Product-LAB, und die Stuhlsammlung sind für Weber Wunderkammern, in denen etwas passiert. Mit einer Industrienähmaschine lassen sich sogar Spanplatten nähen, im Materiallabor werden für ihn Träume wahr: „Nur mit CAD geht gar nichts“, meint Weber, der viel vom Anfassen und Ausprobieren hält. Und wenig von „Pinterest allein“. Scheitern gehört für den bekennenden Materialisten dazu, besonders mit heiklen Bio-Materialien.

Aber erstmal möchte Gabriel Weber die Studierenden ankommen lassen. Vor allem: machen lassen. Designerinnen und Designer müssten ihr eigenes Ding machen können. „Genau dazu möchte ich sie bringen.“ Kein Wunder, dass für ihn das Wichtigste in der Lehre darin besteht, „Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu vermitteln“. Seine eigene Methode klingt denkbar einfach – und ist doch so schwer: „Machen. Denken. Nochmal machen. Nochmal denken. Anders machen.“

Also verlangt Weber von angehenden Gestalterinnen und Gestaltern: Leidenschaft, Widerstand, Mut, Selbstvertrauen, beobachten, entdecken und forschen. Da muss nicht alles gleich perfekt sein, im Gegenteil. Weber möchte spüren, dass sich alle intensiv mit einer Fragestellung auseinandergesetzt haben. „Objektdesign, da müssen alle durch. Es ist der USP der Innenarchitektur.“

Testfeld Modellbau

Der Maschinenpark in Rosenheim: umfassend. Im eigenen Sägewerk könnten ganze Stämme verarbeitet werden. Metall gießen, Kunststoff verformen und mit Materialien experimentieren gehört einfach dazu. Auch hier gilt die Devise: selber machen.

Nach einer Einführung in die Maschinen ist der Werkstattleiter zwar für Fragen da (und übernimmt schon mal knifflige Sachen), aber es sind die angehenden Innenarchitekten, die hier eigene Erfahrungen sammeln sollen. Weber möchte ein Gefühl für Dinge vermitteln. Wie schwer ist eine Stange, wann bricht sie eine Verbindung – und was passiert eigentlich, wenn …? Als Testfeld gilt der Modellbau, der viel Raum in Anspruch nimmt. Rund 1 000 Modelle dürften im Semester zusammenkommen, schätzt Weber. Insgesamt. Denn unter drei Modellen pro Person geht es seiner Erfahrung nach kaum.

Kurz vor Abgabe sind die Werkstätten voll, da drängen sich 30 bis 40 Studierende in einem großen Werkraum, ausgerüstet mit Akkuschraubern, während nebenan Industrie-maschinen surren, an denen Mannschaften arbeiten.

Folgen der Digitalisierung

Herzstück ist für Gabriel Weberein 200 m² großer Projektraum, den er gegen alle Vorschläge, hier doch endlich zwei, drei Maschinen unterzubringen, verteidigt. Weber erklärt auch, warum er so viel Freiraum braucht, einen 7 m hohen Raum mit 5 m breiten Toren. Für ihn ist dieser Freiraum einfach unerlässlich für die Forschung.

Gerade steht da ein umgebauter Camper, bald aber wird hier ein 1:1-Mock-up eines ÖBB-Schlafwagens entstehen, der hier Schritt für Schritt entwickelt werden soll. Diesen Freiraum lässt sich Weber nicht nehmen, auch wenn er sonst skeptisch ist gegenüber der freundlichen Aufforderung, doch mehr Drittmittel einzuwerben.

Eine Hochschule sei nun eben ein Ort frei von Zwängen, Dinge zu entwickeln und Menschen reifen zu lassen. Gabriel Weber selbst sieht es so: Er gibt etwas von der Freiheit zurück, die er als Student an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart genossen hat. Richard Sapper und Klaus Lehmann sind zwei Persönlichkeiten, die gegensätzlicher nicht sein könnten: flamboyant-genial und italophil der eine, betont nüchtern und angelsächsisch der andere.

Die Kurse sind überschaubar und zählen – je nach Semester – zwischen 16 und 19 Studierende. An der Fakultät IAD Innenarchitektur, Architektur und Design sind zur Zeit 640 Studierende in drei Studiengängen eingeschrieben, davon 366 im Bachelor Innenarchitektur, 180 im Bachelor Architektur und 94 im Master Innenarchitektur und Möbeldesign. Der Anteil von Frauen liegt zwischen 32 (BA ARC) und 88 % (BA INN). Und da die Hochschule schon jetzt aus allen Nähten platzt, und perspektivisch ein Designstudiengang hinzukommt, hoffen alle auf den Erweiterungsbau, der auch der Fakultät IAD indirekt zugutekommen soll. Doch das dürfte noch etwas dauern.

Probleme als Herausforderungen begreifen

Bis dahin heißt es: zusammen weiter Probleme als Herausforderungen begreifen und Innovationen zu fördern, wie etwa das Projekt Mapping, bei dem per Beamer wechselnde Stoffe und Oberflächen auf eine experimentelle Sofalandschaft projiziert wurden. „Die globale Digitalisierung“ verändere die „Anforderungen an unsere traditionellen Wohn-, Freizeit-und Arbeitswelten und damit auch an deren Einrichtung und Möbel“, meint Gabriel Weber.

Diese Veränderungen herauszuspüren und entstehende Möglichkeiten für das Möbeldesign zu erkennen“, sieht er als zwei seiner Hauptaufgaben. Womöglich stünden wir am Anfang einer neuen Ästhetik: derjenigen poröser Bio-Oberflächen, weit weg von der Perfektion gewohnten Hochglanzes.

Weitere Porträts von Lehrenden


Foto: Stefan Guggenbichler

TH Rosenheim Fakultät IAD, Innenarchitektur, Architektur und Design

Bachelor-Studiengang: Innenarchitektur

Studienbeginn: jeweils zum Wintersemester

Abschluss: Bachelor of Arts (B. A.)

Dauer: 7 Semester (inklusive ein Praxissemester)

Workload: 210 ECTS

Absolventen: ca. 90 pro Jahr

Bachelor-Studiengang: Architektur

Studienbeginn: jeweils zum Wintersemester

Abschluss: Bachelor of Arts (B. A.)

Dauer: 8 Semester (inklusive ein Praxissemester)

Workload: 240 ECTS

Absolventen: ca. 45 pro Jahr

Master-Studiengang: Innenarchitektur und Möbeldesign

Studienbeginn: jeweils zum Wintersemester

Abschluss: Master of Arts (M. A.)

Dauer: 3 bzw. 4 Semester

Workload: 90 bzw. 120 ECTS

Absolventen: ca. 30 pro Jahr

www.th-rosenheim.de


Gabriel Weber
Foto: Stefan Guggenbichler

Gabriel Weber

Gabriel Weber studierte bei Richard Sapper und Klaus Lehmann an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Mit seiner Frau Simone Raus führt er das Münchner Büro Raus + Weber Design. Seit 2010 hat er eine Professur für Produkt- und Interiordesign an der Hochschule Rosenheim (Fakultät IAD Innenarchitektur, Architektur und Design) inne. Er ist Studiengangsleiter Innenarchitektur (B. A.) und Vorsitzender der Prüfungskommission Innenarchitektur und Architektur (B. A.), darüber hinaus Leiter der Fakultätswerkstätten und Mitglied des Senats.

www.rausweber.de


Designtalent der Fakultät – Nachtzüge in Europa

Eine Reise könne vieles sein, meint Elisa Mayer, die an einem völlig neuen Konzept für Liegewagen arbeitet: „Vergnügen, Routine, Belastung, Neuanfang oder Rückkehr dorthin, wo man herkam.“ Die vom Fliegen verwöhnten Kunden verlangen immer mehr. Die Zugfahrt solle schnell sein, „komfortabel, unkompliziert – und mittlerweile auch immer öfter klimafreundlich.“ Ihr Fokus lag auf einem „nach Strecke konfigurierbaren Großraumliegewagen, der diesen Ansprüchen gerecht wird“. Der Entwurf zielt auf ‧eine „effiziente Anordnung und Ausarbeitung der Liegemöglichkeiten“.
Es sollen die Potenziale einer vermeintlich veralteten Reisemethode heraus- und die Vorteile des Schlafwagens wieder in den Vordergrund gestellt werden.

Zukunftsfähige Nachtzüge in Europa
Projektbeteiligte: Elisa Mayer
Betreuer: Prof. Gabriel Weber

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