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Equipo de Arquitectura bauen Haus aus gepressten Ziegeln

Wohnhaus von Equipo de Arquitectura in Asunción/PY
Gepresste Ziegel

Equipo de Arquitectura schuf mit dem Projekt ‚La Casa Intermedia‘ in Paraguays Hauptstadt einen privaten Rückzugsort, der innen und außen verschmelzen lässt. Erbaut aus handgeformten Ziegeln, herrscht im Haus ein optimales Wohlfühlklima.

Autorin Ute Laatz

Als ein guter Freund Horacio Cherniavsky, den Gründer von Equipo de Arquitectura, bat, sein neues Haus zu planen, sagte der gebürtig chilenische Architekt sofort zu. Schließlich kannten sich die beiden bereits gut und aufgrund des großen Vertrauens versprach es, ein Projekt mit buchstäblich viel Gestaltungsfreiraum zu werden.

Das ins Auge gefasste Grundstück liegt am Stadtrand der paraguayischen Hauptstadt Asunción, deren stetiges Wachstum die zur Verfügung stehende bebaubare Fläche schrumpfen lässt. So erstand der Bauherr auch nur ein Drittel eines für Einfamilienhäuser bislang üblichen Grundstücks.

Der rechteckige Bauplatz umfasste mit seinen Seitenmaßen von 7, 20 und 26 m immerhin rund 190 m². „Aber mitten auf der Fläche stand ein schöner alter Mangobaum, der einen perfekten Schattenspender abgab, und den wir nicht fällen wollten. Da uns ohnehin ein Gebäude vorschwebte, das innen und außen miteinander verschwimmen lassen sollte, ließen wir ihn also stehen und planten das Haus einfach um ihn herum“, erläutert Horacio Cherniavsky die individuelle Grundrissplanung im mehrfach preisgekrönten Podcast „Another Architecture“ des britischen Architekten George Bradley.

Exklusives Material

Mit vier Mauern entlang der Grundstücksgrenzen nutzte das Planungsteam von Equipo de Arquitectura die volle Fläche für den Bau und schuf damit eine zur Straße abgeschottete Privatheit, die sich im Inneren wie eine Oase öffnet. „Das Haus spielt“, so die Beschreibung des Architekturbüros aus Paraguay zum Projekt, „mit den Grenzen zwischen dem Öffentlichen und dem Privaten, dem Offenen und dem Geschlossenen, dem Innen und dem Außen, dem Mobilen und dem Feststehenden, dem Licht und den Schatten, dem Natürlichen und dem Künstlichen, dem Handwerklichen und dem Industriellen”.

Als Baustoff verwendete das Team ungebrannte Ziegel, die es exklusiv für dieses Projekt erstmals selbst aus lokaler Erde hergestellt hatte. Zwei Typen von Ziegeln wurden benötigt – massive und solche mit zwei Löchern, in denen notwendige Armierungen bei der Errichtung der perforierten Wände unsichtbar versenkt werden konnten. Dafür kauften die Architekten eine spezielle, von Hand und mit viel Muskelkraft zu bedienende Pressmaschine. Damit formten sie die rechteckigen Blöcke lediglich unter Zugabe von etwas Zement, um Erosionsschäden durch starke Regenfälle zu verhindern.

Ganze 300 Stück am Tag ließen sich auf diese Weise fertigen, was natürlich die gesamte Bauzeit in die Länge zog. Aber das Experiment hat sich Cherniavsky zufolge gelohnt. Er denkt seither darüber nach, eine größere Maschine anzuschaffen, die durch tonnenschwere Gewichte zu einer höheren Kompressionskraft und größeren Produktionskapazität von bis zu 5 000 Ziegeln am Tag führen würde,

Denn für den in besonderer Weise um Umweltschutz bemühten Planer bringt das Material eine Menge positiver Eigenschaften mit, die ihn in seinem Ansatz wirksam unterstützen, etwas maximal Naturnahes zu schaffen. Zuallererst ist die markant rote Erde das lokalste Material, das zur Verfügung steht, nicht gebrannt werden muss und so keinen ökologischen Fußabdruck hinterlässt. Ein wichtiger Aspekt, auch im Hinblick auf nachhaltiges Bauen.

Zudem erweist sich das Naturmaterial als optimal klimaausgleichend. Durch die Aufnahme von Feuchtigkeit wirkt es kühlend, was bei ganzjährig subtropischen Wetterbedingungen für Wohlfühltemperaturen und wohngesunde Atmosphäre sorgt. Darüber hinaus stärkt es mit seiner Farbe und Textur die Identifikation mit der Gegend. Außer den Ziegeln wählte der Architekt lediglich Glas, Stahl und Holz als weitere Materialien, um die erdverbundene Simplizität des einstöckigen Gebäudes zu unterstreichen.

Offen und geschlossen

Die Konstruktion des Baus sah vor, zwei Gebäudekörper zu erstellen, die durch den Patio miteinander verbunden werden. Als Überdachung spannt sich eine gemauerte Konstruktion mit jeweils vier Bögen über die nach oben geöffneten Kuben. Das betont die Leichtigkeit und luftige Durchlässigkeit. Stabilität erhalten die halbrunden Formen durch Stahlträger, die statische Aufgaben übernehmen und das Gewicht nach unten auf ebenfalls stählerne Pfeiler ableiten.

Tritt man durch den über wenige flache Stufen erreichbaren Eingang, gelangt man in den einladenden Essbereich, dessen Mittelpunkt ein langer Esstisch bildet. Statt Einblick gewährende Fenster in die Außenwand zu setzen, wendete der Architekt die in Südamerika verbreitete Bauweise perforierter Mauern an, bei denen durch versetzte Ziegel eine licht- und luftdurchlässige Struktur entsteht.

Bevor dann Klimaanlagen Innenräume temperierten, waren Innenhöfe und Mauern, die die natürliche Luftzirkulation begünstigen, probate Mittel für die natürliche Klimatisierung. „Wir sehen unsere Architektur auch eher als traditionell denn als futuristisch an. Alles, was wir einsetzen und anwenden, ist althergebracht, nur die Art, wie wir es umsetzen, ist neu“, beurteilt der Planer seine Arbeit.

Auch wie man Funktionselemente entlang der Außenwände platziert, übernahm er von seinen konventionellen Vorbildern. Das verhindert, dass Räume kompliziert verschachtelt werden. Ebenso verringert das die Länge nötiger Leitungen für Wasser und Strom und führt zum einfacheren Verlegen. Dafür positionierte der Gründer von Equipo de Arquitectura rundum 60 cm tiefe Betonkuben für die Küchen- und Badinstallationen sowie als Stauraum, der hinter hölzernen Falttaschentüren bei Bedarf optisch komplett verschwindet.

Work in Progress

Die Räume im hinteren Teil jenseits des Patios lassen sich mit Holzelementen zugunsten von mehr Intimität gänzlich voneinander separieren. Eine Wand aus beweglichen Lamellen zoniert dazu Wohn- und Schlafbereich. Vertikal um die eigene Achse gedreht, bieten sie Transparenz oder Geschlossenheit. Die gläserne Front am Ende des Gebäudes sorgt dagegen für ein großzügiges Raumgefühl im aufs Wesentliche beschränkte Schlafzimmer und lässt viel Tageslicht herein.

Diese Tatsache ist für Cherniavsky ein gutes Beispiel für seine These, dass ein Haus nie wirklich fertig ist. „Erst nachdem unser Freund eingezogen war, fiel auf, wie hell es nachts war. Also entwickelten wir passende Fensterläden aus Holz“, erinnert er sich. Er ist überzeugt davon, dass Erfahrungen ein gutes Konzept perfektionieren, das sich wiederum mit den Bewohnern und deren wechselnden Bedürfnissen entwickelt.

Viele dieser Erkenntnisse wurden in der „Casa Intermedia“ berücksichtigt, das aufgrund seiner funktionalen Bereiche intim und gastfreundlich zugleich ist. Seine Einrichtung hielt der Architekt bewusst reduziert. Nur wenige Möbelstücke in zeitloser Schlichtheit ergänzen die Einbauten und Regale. Damit überlassen sie dem allgegenwärtigen unverputzten Ziegel die Rolle als heimlicher Star.


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Porträt: Equipo de Arquitectura

Equipo de Arquitectura

wurde von Horacio Cherniavsky (re.) und Viviana Pozzoli gegründet. Seit 2017 arbeitet das jetzt achtköpfige Studio von Asunción aus an Projekten diverser Größenordnungen. Für seine Entwürfe erhielt das Büro mehrfach nationale und internationale Auszeichnungen.


Fakten

Projekt: Intermediate House

Standort: Asunción, Paraguay

Bauherr: privat

Bauaufgabe: Wohnhaus

Büro: Equipo de Arquitectura, Webseite des Büros

Architekten: Horacio Cherniavsky, Viviana Pozzoli, Gabriela Ocampos, Franco Pinazzo, Rolph Vuyk

Fertigstellung: 2021

Nutzfläche: 115 m²

Landschaftsplanung: Lucila Garay

Materialien (Auswahl): Schreibtisch, Stühle, Wohngarnitur von Saccaro; Schmied: Gabriel González; Tischler: Marcial Careaga; Glas: Orlando Zacarías

Fotos: Federico Cairoli, Equipo de Arquitectura

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