Mit im Boot: der Denkmalschutz und ziemlich viele konkrete Vorgaben. Was fand das junge Studio Komo vor?

Umgestaltung des Schloss-Shops
Fürstliche Prunkräume aus zwei Jahrhunderten, Baustile von Barock über Rokoko bis hin zum Klassizismus, das verkörpert das Residenzschloss Ludwigsburg und ist somit eines der wichtigsten im Original erhaltenen Schlösser in Europa.
Für die mehr als 300 000 Besucher sollte das Besucherzentrum ein attraktives, neues Erscheinungsbild erhalten. Ohne sich mit den unterschiedlichen Baustilen zu „streiten“.
Studio Komo gewannen 2018 den Ideenwettbewerb zur Umgestaltung der Museumskasse, des Schloss-Shops sowie des Informationszentrums von Schloss Ludwigsburg.

Studio Komo lässt Substanz unberührt
„Entstanden sind Räume, die dem historischen Bestand schmeicheln, ihn unterstreichen und sich dessen annehmen!“ so Moritz Köhler, Gründer von Studio Komo. Entgegen vorangegangener Ansätze früherer Umbauten wird dem Gewölbe nichts entgegengesetzt.
Der Ansatz der Planer war vielmehr, das Vorgefundene einzubinden und sich dessen anzunehmen. Es gibt keinen Streit der Jahrhundertstile.

Eingestellte Bögen prägen den Raum
Prägend für den Entwurf sind die in den Raum eingestellten Bögen. Diese nehmen mehrere Funktionen auf und erfüllen zudem die wesentliche Anforderungen moderner Raumtechnik. Besonders bemerkenswert ist dabei, dass dies erreicht wurde, ohne in die Struktur des historischen Gewölbes einzugreifen. Ein Ansatz der auch den Denkmalschützern gefällt.

Bögen sind Teil des Beleuchtungskonzepts
In erster Linie dienen die Bögen der Ausleuchtung des Raumes. Indirekte Beleuchtung wurde durch ein integriertes LED-Band erreicht, welches die Decke illuminiert und für eine Grundbeleuchtung sorgt. Nach unten sind Spots angebracht.
Dadurch ist punktuelles Ausleuchten möglich, was in zeitgemäßen Verkaufsräumen sehr wichtig ist. Die Bögen dienen zudem als Warenträger mit unterschiedlichen Optionen.

Austauschbare Funktionen
Ob Vitrine, magnetisches Whiteboard oder integrierter Bildschirm – alle Funktionen sind untereinander austauschbar und daher nach Belieben auf die Anforderungen anpassbar.

Präsentationstafel thront
In der Mitte des fast 24 Meter langen Kuppelraumes thront die Präsentationstafel. Sie ist das wesentliche Shop-Möbel des Museums-Shops. Hier findet der Besucher Mitbringsel, Bücher und Geschenkartikel.
Das Verkaufsmöbel wurde speziell für das Schloss entworfen, wie im übrigen alle Einbauten und Möbel. Die Planer von Studio Komo haben auch hier die baustilistische Historie des Schlosses integriert und der Tafel eine spielerische Leichtigkeit verliehen. Gleichzeitig trifft das Design unverkennbar den Zeitgeist moderner Innenarchitektur.

Weiß-, Gold- und Beigetöne
Die Materialien bestechen durch eine Auswahl sich zurücknehmender Weiß-, Gold- und Beigetöne. Somit unterstreicht die neue Schlosskasse auch das virtuelle Erscheinungsbild des Schlosses (www.schloss-ludwigsburg.de) und beide Anlaufstellen sprechen die gleiche Designsprache.
Die Corporate Identity wurde im Innenraum zudem aufgenommen durch die Integration von Grafiken, die in den eigens für das Schloss hergestellten Teppichen Verwendung fanden.

Maßanfertigung aller Möbel
Der Verkaufstresen der Schlosskasse ist eine spezielle Maßanfertigung. Als Arbeitsplatz galten bei dessen Gestaltung auch die Anforderungen der Arbeitsstättenrichtlinie. Mittels einer integrierten Fußbodenheizung kann die Temperatur am Arbeitsplatz individuell eingestellt werden, was in dem etwa 150 m2 großen Raum sehr wichtig ist.

Verkaufstresen erhielt eine Virenschutzscheibe
Der Tresen erfüllt die Anforderungen für Rollstuhlfahrer und beinhaltet eine Garage für den Leihrollstuhl. Im laufenden Bauprozess wurde dem Verkaufstresen noch eine Virenschutzscheibe hinzugefügt.

Infinity-Effekt
Eine Stirnseite des Kuppelraumes haben die Innenarchitekten mit einer vorgesetzten und verspiegelten Wandscheibe versehen. Somit entsteht für den Besucher ein „Infinity-Effekt“ und der Innenraum wird gefühlt verdoppelt. Reell vergrößert sich der Innenraum mit der Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts.
Ab Herbst 2020 werden auch die Arbeiten im vis à vis gelegenen Informationszentrum beginnen. Hier wird es neben eines zweiten Verkaufstresens, eine Selfie-Wall sowie ein der Orientierung dienendes Schloss- und Geländemodell geben.
Fakten
Projekt: Umgestaltung der Museumskasse, des Schloss-Shops und des Informationszentrums von Schloss Ludwigsburg
Standort: Schlossstraße 30, 71634 Ludwigsburg
Fertigstellung: Frühjahr 2020 ff
Bauherr: Betreibergesellschaft SSG (Staatliche Burgen & Schlösser Baden-Württemberg) sowie das Land Baden-Württemberg
Innenarchitektur: Studio Komo – holistic-interior-affairs, Webseite des Büros
Zum Interview mit den Innenarchitekten
Fläche: 300 m2
Hersteller/Produkte: Maßgefertigte Einbauten von Studio Komo
Fotos: Philip Kottlorz