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Farbgestaltung in der Küche: das Einmaleins der Farbe

Farbgestaltung in der Küche mit speziellen Anforderungen
Einmaleins der Farbe

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Farbe ist die sichtbare Oberfläche unserer Welt und beeinflusst die Wahrnehmung und Bewertung unserer Umgebung. Sie ist damit primäres Ausdrucksmittel bei der Inszenierung unserer Lebenswelten, so auch im privaten Raum und rund um den Herd.

Autorin Friederike Tebbe

Farbe ist allgegenwärtig, unsere Welt ist eine farbige. Sie schafft Ordnung, inszeniert und gibt Orientierung. Wir sehen Farben vor Form. Unser Sehapparat unterscheidet bis zu elf Millionen Nuancen. Unser Wortschatz hält für sie circa 5 000 Begriffe bereit. Dieser Reichtum an Sinneseindrücken schrumpft in unserer bewussten Wahrnehmung zusammen auf etwa acht Töne, die wir noch treffsicher aus der Erinnerung zu identifizieren vermögen. Farbe ist imstande, unser Empfinden stark zu beeinflussen. Spezifische Eindrücke prägen unsere Vorstellungen. Jeder assoziiert mit einem Ton bestimmte Vorlieben und Vorbehalte.

An Farbe wird oft zuletzt gedacht

Doch ausgerechnet an Farbe wird in der Gestaltung oft zuletzt gedacht. Anders als ‚kratzig‘ oder ‚laut‘ richtet ‚blau‘ zunächst keinen Schaden an. Das mag beim Anblick austauschbarer Konsumgüter wie der Kaffeekanne oder eines Stuhls so gelten — eine misslungene Wandgestaltung hingegen schmerzt. Geradezu verzweifeln lässt uns das Thema beim morgendlichen Blick in den Kleiderschrank.

Gelungene Farbgestaltung und der Wunsch, den richtigen Geschmack zu treffen, ist eine Herausforderung, der sich manche Gestalter erst gar nicht stellen. Nicht ganz zu Unrecht, denn Wunsch und Wirklichkeit liegen bisweilen weit auseinander. Menschen neigen dazu, Farbe auf Basis von Konventionen und Baucheingebungen zu wählen, ohne Kenntnis der Wirkungszusammenhänge.

Wunsch und Wirklichkeit

Für den gestalterischen Prozess ist die genaue Betrachtung des Zusammenspiels wichtig, um alles, auch die kleinen Marker im Auge zu behalten. Das gesamte Gefüge kommt in Bewegung, wenn plötzlich rote Türklinken ins Blickfeld rücken. Viele haben das große Ganze im Blick und unterschätzen dabei die Wirkung der Details.

Sehgewohnheiten und Vorurteile beeinträchtigen unseren Blick. Gerade weil Farben emotional aufgeladen sind, gibt es Vorurteile, Vorlieben und Abneigungen. Man beobachtet nicht länger oder sieht genau hin. So sehen wir Töne im Kunstzusammenhang oder auf Reisen unvoreingenommener als im Alltag. Entsprechend eingestimmt entdecken wir Paletten und Formen, die uns an anderer Stelle gar nicht auffallen würden. Wissen, Erfahrungen und vorgefasste Wertungen können den Blick auf das Tatsächliche verstellen und eine genaue Analyse der Wirkungszusammenhänge beeinträchtigen.

Um besser zu verstehen, wie Farbe wirkt, ist es ratsam, wieder genau zu beobachten: Das gleiche Grau, das uns an einer Lobbywand edel erschien, erkennen wir im Kontext einer Bruchbude nicht wieder. Was im Urlaub in Spanien angenehm wirkt, muss nicht zwingend in Bochum genauso erscheinen.

Kontextgebundenes Medium

Es wird klar: Farbe ist ein emotionales, wandelbares und schwer zu fixierendes Medium, das sich stets anders präsentiert. Sie ist kontextgebunden. Je nach Einbindung verändert sich unser Eindruck und unsere Bewertung fällt unterschiedlich aus. Wie Farbe wirkt, hängt also von vielen Faktoren ab: Umgebung und Einbettung, Licht, Proportion und Oberfläche. Darüber hinaus beeinflussen individuelle Erfahrungen und kollektive Zuordnungen unsere Bewertung. Wir sehen vor allem, was wir meinen zu erkennen.

Wir stehen vor einem Baum und denken „Grün“. Bei genauerer Betrachtung erkennen wir, dass die Blätter eher silbrig-grau wirken. Interessant wird es, wenn wir diesen Ton beschreiben müssen. Wenn aber eine Nuance mal so, mal so ist, können wir nie sicher sein, ob wir das Gleiche meinen, auch wenn wir es gleich nennen. Wie kann man sich dieses Material und Werkzeug aneignen, das wir subjektiv erfahren und unmittelbar wahrnehmen?

Verständigung über Farbe

Der Verständigung über Farbe sollte im Vorfeld der gestalterischen Arbeit eine große Rolle zukommen. Wo soll die Reise hingehen? Welche Anmutung möchte ich mit meiner Wahl erreichen? Was sind meine Anleihen? Wie kann ich meine Vorstellung ohne ein Muster veranschaulichen? Man kann dabei auf Vergleiche und Analogien zurückgreifen sowie persönliche Eindrücke und Erfahrungen benennen. Dabei macht man sich bewusst, welche Atmosphäre man erzielen oder inszenieren möchte. Schmücken Sie die Beschreibung eines Tons durchaus umfangreich aus.

Sinnliche Einbettung

Gerne auch unter Einbeziehung anderer Sinne wie Haptik (hart oder weich) und Akustik (laut oder leise). Dies ermöglicht eine ganzheitliche Darstellung, die in der Verständigung besser funktioniert als Allgemeinplätze wie dunkel-, hell- und mausgrau. Auch für die Küche gibt es keine richtigen oder falschen Farben. Es ist alles eine Frage der Komposition und natürlich der gestalterischen Absicht. Gelungene Gestaltung schafft es idealerweise, die spezifische Vorstellung einer Atmosphäre räumlich wiederzugeben.

Ob das bedeutet, dass der Raum schwarz-weiß oder gelb ist, ist zunächst einmal irrelevant. Entscheidend ist, dass die Gesamtkomposition stimmt. Es mag sein, dass die Vorstellung, die man mit einem Zimmer in Himmelblau verbindet, sich in der Realität über eine andere Farbwahl besser inszenieren lässt. Dass die Stimmung, die einem vorschwebt, doch gar nicht an Gelb gebunden ist, sondern sich auch mit einem anderen Farbton einstellt.

Dennoch sind für verschiedene Bereiche spezifische Anforderungen zu berücksichtigen, auch und besonders in der Küche. Grundsätzlich ist man vollkommen frei in seiner Wahl. Wer mag, kocht ohne Probleme in violetter Kulisse. In der Regel sollte man vermeiden, Lebensmittel in krasser Farbigkeit zu ertränken.

Details integrieren

Doch de facto sind der freien Farbwahl in der Küche Grenzen gesetzt. Das liegt zum einen daran, dass sie vor allem aus Einbauten und Geräten besteht. Diese machen einen wesentlichen Teil des Settings aus und geben den Ton an. Da meist nur ein begrenzter Spielraum zu Verfügung steht – wenn man auf Sonderanfertigungen verzichten möchte —, sollte man die Technik farblich integrieren. Es gibt inzwischen ein großes Spektrum an Materialien und Oberflächen. Die Auswahl für Fronten und Arbeitsplatten bleibt jedoch reduziert und weist hauptsächlich Naturtöne sowie neutrale Graustufen auf. Farbige Arbeitsplatten sind schwierig und gibt es so gut wie gar nicht.

Möglichkeit der individuellen Anfertigung

Wer ein Mehr an Zeichnung und Nuancen sucht, findet dies in Tops aus Terrazzo und Naturstein, welche gegenwärtig im Trend liegen. Ansonsten gilt für Arbeitsplatten und Geräte wie in der Mode auch: Schwarz geht immer. Die meisten sind nur in Edelstahl oder schwarzer Optik erhältlich. Das findet sich gut zusammen. Bei Fronten besteht die Möglichkeit der individuellen Anfertigung und damit einer beliebigen Lackierung oder individuellen Beschichtung. Im Grunde gilt auch hier: zunächst die Richtung bestimmen. Denn man würde vermutlich eine heimelige Landhausküche anders fassen als eine ultramoderne, minimalistische Werkbank.

Praxistipps für die Farbgestaltung in der Küche

Bei der Planung sollte man bedenken, dass eine Küche für eine lange Nutzung gekauft wird – zwar kann man Wandton und bewegliche Elemente wechseln, nicht jedoch Einbauten. Darum empfiehlt sich eine neutrale Gangart. Das bedeutet keinesfalls den Verzicht auf Farbe, nur sollte man die Vorlieben gut prüfen. Das heißt für die Praxis: die Nutzung und Funktion der Bereiche berücksichtigen sowie bei der Planung den Bodenbelag, die Raumhöhe und die Lichtverhältnisse einbeziehen. Mit kleinen Mustern und Bildbeispielen anfangen und eine kleine Kollektion zusammenstellen.

Es empfiehlt sich, neben der Tonalität von Fronten und Arbeitsplatten unbedingt alle weiteren Elemente inklusive der Kleinteile wie Griffe, Wasserhahn, Schalterprogramme, Textil und Möblierung miteinzudenken. Farbwirkung ist kontextgebunden. Was woanders gut aussieht, kann im heimischen Kontext und unter anderen Rahmenbedingungen völlig fehl am Platz wirken. Dennoch: Trauen Sie sich. Unsere Welt ist eine farbige.


Farbgestaltung in der Innenarchitektur führt ein stiefmütterliches Dasein. Das will Friederike Tebbe mit ihrer Arbeit ändern. Die Künstlerin und Designerin hält Vorträge sowie Workshops. Mit dem Studio Farbarchiv bietet sie projektbezogene Beratung an.

Farbe in der Innenarchitektur

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