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Jacob Strobel: Hochschullehrer im Porträt

Hochschullehrer im Porträt
Jacob Strobel

Er liebt die Arbeit in kleinen Gruppen. Hier lernen die Studierenden untereinander. Von ihnen verlangt Jacob Strobel nichts weniger, als sich dem faszinierenden Material Holz mit ganzer Hingabe und hohem gestalterischem Anspruch zu widmen.

Autor Oliver Herwig

Der Studiengang Holzgestaltung der Fakultät Angewandte Kunst Schneeberg der Westsächsischen Hochschule Zwickau ist überschaubar, um nicht zu sagen: klein. Genau daraus bezieht er seinen Charme; hier kann sich niemand dem intensiven Austausch entziehen. Gerade zehn Absolventen zählt er pro Jahr, 40 die gesamte Fakultät. Also siezt Professor Jacob Strobel seine Studierenden. Das habe auch mit der besonderen Nähe in Schneeberg zu tun. „Wir sehen uns jede Woche“, sagt der Hochschullehrer. „Und da kriege ich mit, was so los ist und wo der Schuh drückt.“ Siezen bietet dem ehemaligen Head of Design beim Möbelhersteller Team 7 etwas Distanz. „Letzten Endes sind wir die, die bewerten.“ Im Alltag sei eine klare Unterscheidung hilfreich. „Das heißt nicht, dass ich nicht trotzdem auf ein Bierchen mitgehe oder Kicker spiele.“ Strobel kann von der Hochschule und von Holz schwärmen, ist aber für klare Ansagen zu haben.

So empfiehlt er allen angehenden Designern eine Ausbildung, egal in welchem Bereich. Wichtig sei, etwas Lebenserfahrung zu sammeln, bevor sie ins Studium einstiegen. Das könne durch Reisen geschehen oder eben durch etwas Handwerkliches. Hin und wieder gebe es natürlich „Menschen, die das selbst geschafft haben“, sagt Strobel. „Autodidaktisch.“ Aber ohne ein Gefühl für Materialien und Raum gehe es nicht. Strobels eigene Arbeiten leben von der Balance aus Präzision und Präsenz. Sein ‚Stern‘-Couchtisch für Team 7 – inzwischen ein Klassiker – zeigt, welche Kraft das Material entfalten kann. Die genau gefügten Hölzer greifen expressiv aus und werden unter der runden Glasplatte zum Blickfang.

Anforderungsprofil der Hochschule

Die Eignungsprüfung unterscheidet sich kaum von anderen Hochschulen: Mappe, dazu zwei, drei Aufgaben vor Ort, etwas Handwerkliches. Die Prüfer freuen sich, wenn jemand große Maschinen bedienen kann, doch es geht eher um Grundlegenderes: Bringen die Bewerber handwerkliches Geschick mit? Besitzen sie dreidimensionales Vorstellungsvermögen? Und wie gehen sie Aufgaben an? Jacob Strobel sucht vor allem nach „Problemlösungsfähigkeit“, sprich: „Kann jemand um die Ecke denken?“

Niemand müsse zeichnen wie Leonardo da Vinci, „sollte aber den Bleistift gerade halten“, fordert der 45-Jährige. Gerade im digitalen Zeitalter sei Zeichnen die Sprache, in der sich alle verständigten. Eine kreative Ader ist hilfreich, Veranlagung erwünscht. Zwei Tage dauert der Eingangstest, genug Zeit, um herauszufinden, was Schneeberg auszeichnet und „wie intensiv die Community zusammenhält“, ist sich der Hochschullehrer sicher.

Denn mit den Kommilitonen teilten die Neuankömmlinge schließlich nicht nur die Werkstatt, sondern auch ihr soziales Leben. Daher empfehle er allen, die sie besuchten: schnell mit vielen Studenten das Gespräch suchen. „Da kriegt man ungeschönt berichtet und kann dann entscheiden, ob das passt.“

Konzentration ist garantiert

Die relative Abgeschiedenheit im sächsischen Erzgebirge hat einen unbestreitbaren Vorteil: konzentriertes Arbeiten ist garantiert. Dazu kommt der direkte Kontakt in Kursen mit zwischen fünf und zwölf Studierenden, in denen sich alle Teilnehmer austauschen und voneinander lernen. Angesprochen auf die Vorteile der „Angewandten Kunst Schneeberg“, gerät der Hochschullehrer ins Schwärmen: einfach zugängliche Werkstätten, kostenfreie Projektmaterialien und ein fester Arbeitsplatz in den Studios. Das heißt viel Praxis in der deutschlandweit einzigartigen Studienrichtung Holzgestaltung/Möbel- und Produktdesign: „Wir bemühen uns, dass jedes erste Semester einmal Arbeitseinsatz hat im Sägewerk.“ Holzgestaltung bedeutet für Jacob Strobel, „sich einem Material – und noch dazu einem so sympathischen, zugänglichen, facettenreichen und ökologischen – mit ganzer Hingabe und hohem gestalterischem Anspruch zu widmen.“ Dabei entstehen Möbel, Spielzeuge, Wohnaccessoires und auch weitere Gebrauchsgegenstände, ja ganze Räume, und Installationen.

Handwerklich experimentieren

Die Werkzeuge reichen von der Drechselbank über CNC bis zur Kettensäge und zum 3D-Drucker. In Schneeberg gilt das Werkstattprinzip. „Im Entwurf bedeutet das für mich, die Studierenden von Anfang an zum handwerklichen Experimentieren zu ermutigen, zum spielerischen Entwerfen, dazu, dem Zufall eine Chance zu geben.“ Wenn es gut laufe, müsse er nur „präzise erläutern, warum ich welchen Ansatz am besten finde.“ Und wenn es der Zufall will, wird eine vom Wind gefällte Erle oder eine Buche aus dem Stadtwald direkt auf das Gelände der Uni gebracht und bearbeitet – das gelingt, weil die Lehrenden einen guten Draht zur Stadt haben. Kurze Wege sind eben von Vorteil.

Von angehenden Gestaltern verlangt der Hochschullehrer, der selbst in der Familienschreinerei lernte, bevor er selbst in Schneeberg und an der „Gray’s School Of Art“ Aberdeen studierte und acht Jahre bei Team 7 für das Design verantwortlich war, „nicht weniger als den Mut, sich trotz drohender formaler und emotionaler Abgründe mit vollem Schwung in die kalten Fluten des Designs zu stürzen.“

Designer mit handwerklichem Anspruch

Jetzt ist Strobel in seinem Element: „Zur Belohnung erwarten sie klare Erkenntnisse, inneres Wachstum, befriedigende Selbstwirksamkeit, beflügelnde Skills und aufrichtige Anerkennung.“ Dazu gehöre die Fähigkeit, das Maximum aus den Gegebenheiten vor Ort herauszuholen, mit Einschränkungen umzugehen und Lösungen „out of the box“ zu denken.

„Viele Möbelhersteller schätzen es, dass unsere Studierenden aus der Praxis kommen: als Designer mit handwerklichem Anspruch.“ Insofern ist Strobel nicht bang um die Zukunft seiner Absolventen: vom eigenen Handwerksbetrieb bis zur Arbeit als angestellte oder selbstständige Designer ist alles drin. Und in Zukunft? Da muss Jacob Strobel schmunzeln. Augenblicklich arbeitet er viel in VR, was sehr spannend sei. „Daran glaube ich, das ist die Zukunft. Aber da ziehe ich ein Volumen auf ohne Gewicht.“ Es fehlt der Widerstand des Materials. Und genau darum geht es doch auch bei der Holzbearbeitung: „Das ist manchmal ein richtiges Ringen. Und das schult unheimlich fürs Leben: Widerstand auszuhalten und zu überwinden.“


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Foto: Mark Frost

Nach seinem Studium als Produktdesigner arbeitete Jacob Strobel acht Jahre für Team 7, zuletzt als Head of Design. Seit 2015 ist er Professor für Holzgestaltung der Fakultät Angewandte Kunst Schneeberg der Westsächsischen Hochschule Zwickau.

www.jacobstrobel.com


Foto: Mark Frost

Fakultät Angewandte Kunst Schneeberg der Westsächsischen Hochschule Zwickau Studiengang Gestaltung

Studienbeginn: jeweils zum Wintersemester

Abschluss: Bachelor of Arts (B. A.) Master of Arts (M. A.)

Dauer: 8 Semester B. A (inclusive ein Praxissemester),

2 Semester M. A.

Workload: 240 ECTS (B. A.) 60 ECTS (M. A .)

Zulassung: Eignungsprüfung (B. A. und M. A.)

Absolventen: ca. 10 pro Jahr in der Holzgestaltung,

ca. 40 gesamte Fakultät

www.fh-zwickau.de/aks/

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