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The Makers Show: Wie Jungdesigner den Supersalone 2021 erlebten

Wie Jungdesigner den Supersalone erlebt haben
#supersache?

Designer Jonathan Radetz beschreibt seine Eindrücke beim Supersalone 2021 und lässt auch andere Jungdesigner der The Makers Show zu Wort kommen. Hat sich die Teilnahme gelohnt? Was war in diesem Jahr anders?

Autor Jonathan Radetz

Heute müssen wir als Designer alles können: Innovativ und experimentell sein, einzigartig und dennoch kommerzialisierbar, tolle Produkte entwerfen und fast selbst als Produkt agieren. Diese Liste könnte man endlos fortführen. Auf dem Supersalone in Mailand wurde mir aber klar: Auf einem Supersalone gibt es nicht nur Supermöbel und Superwetter, sondern auch Superdesigner.

The Makers Show: Alles ist roh und ehrlich

Voller Stolz, von Stefano Boeri, dem Architekten des Supersalone ausgewählt worden zu sein, legten wir uns mit dem Studio ins Zeug, unsere Neuheiten rechtzeitig zum Supersalone ins passende Licht rücken zu können.

Das gesamte Konzept der Mailänder Möbelmesse wirkte frisch und wie ein praktikabler Neustart. Alles ist roh und ehrlich — selbst auf den Teppichboden wurde verzichtet. Mit den CO2-Ausgleichszahlungen ist und wird der Supersalone nachhaltiger. Das wäre in meinen Augen besser, als am Ende keine Messen mehr zu veranstalten. #supersache

Umsonst scheint irgendwie immer noch zu teuer

Die anderen bis zu 40 Superdesigner oder auch Maker wie wir sie in Mailand nennen, wurden wie ich in schwarze Schaufenster gepackt und über die nur vier Hallen unter die mehr oder weniger etablierten Brands verstreut. Was bleibt einem dann noch übrig, außer alles zu geben, um ganz oben bei den ganz großen Brands mitspielen zu dürfen?

Endlich wieder Leben

Wie so oft bei einem solchen Kraftakt wird mein erster kostenfreier Messeauftritt in Mailand doch kostenintensiver als geplant. Und ein Restrisiko der möglichen Absage der Veranstaltung blieb bis zum Ende bestehen. Umsonst scheint irgendwie immer noch zu teuer. Aber nur mit etwas Mut und dem nötigen Kleingeld kommt man als Superdesigner zum Ziel. Schnell noch in das Superdesigner-Outfit springen und auf keinen Fall die weißen Schuhe vergessen, welche mir wirklich gefallen und nicht nur getragen werden, um die Erwartungen des Publikums zu erfüllen.

Ein „Bellisimo“ belohnt und ermutigt

Die Teilnahme an The Makers Show war mein vierter eigener Messeauftritt auf dem Mailänder Messegelände, sodass ich bereits von den begeisterten Italienern verwöhnt war. Auch wenn mein Italienisch kaum ausreicht, um in einer italienischen Osteria den Secondi, also das Hauptgericht, ohne Überraschungen zu bestellen, so ermutigt und belohnt mich ein „Bellissimo“ unheimlich.

Während mir beim letzten SaloneSatellite (2019) bereits am ersten Tag hundertfach diese Form des Schulterschlags zugeteilt wurde, so schienen in diesem Jahr die Besucher von ihren mobilen Endgeräten abgelenkt und nur auf der Jagd nach QR-Codes mit vielversprechenden Informationen zu sein.

Distanz und Masken erschweren die Kontakte

Prinzipiell war es sicherlich eine gute Idee der Messe, die Codes überall zu platzieren und eine passende App anzubieten, um möglichst viele Kontaktpunkte zu vermeiden. Aber irgendwie war ich ja genau deswegen vor Ort. Vielleicht sind es die mittlerweile gewohnte Distanz und die Masken, welche dazu geführt haben, dass von vornherein weniger Gespräche stattgefunden haben.

Ich möchte mich nicht beklagen, denn es ist toll wieder draußen zu sein und echten Menschen wieder seine Produkte zeigen zu können. Aber wenn diese dann nicht die Gelegenheit nutzen, um das persönliche Gespräch zu suchen, sondern „nur“ auf meiner Webseite landen, dann fragt man sich schon, warum man die Strapazen einer Messe auf sich nimmt. Nur, um schlussendlich weiterhin digital verzerrt zu werden?

Vorbeilaufende Besucher und der Wettlauf

Haben Besucher verlernt, auf Messen zu sein? Oder lag es an den vielen privaten Besuchern? Für mich schien das größte Problem der Wettlauf zu sein. Die Messe war mit ihren nur vier, statt sonst circa 20 bespielten Hallen so überschaubar, dass es beinahe zu einer olympischen Disziplin mutierte, die Hallen in kürzester Zeit hinter sich zu bringen. Denn es war ja erstmalig machbar, alle Hallen am Stück anzuschauen. Hier hätte man sich etwas mehr Zeit seitens der Designer gewünscht.

Tatsächlich passierte es nicht selten, dass vorbeilaufende Besucher nicht einen kurzen Blick auf meine liebevoll inszenierten Exponate richteten. Selbst das bewegte Bild, eine 3-Kanal-Videoinstallation zu dem konzeptionellen Glasprojekt ‚Liquids‘ schaffte es nicht immer, die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich zu lenken. Zum Glück wird entschädigen wenige, aber dafür um so spannendere Gesprächen ein wenig. Und am Ende ist es ja nur das eine Gespräch oder der eine Kontakt, der alles ändern kann.

Kein Paukenschlag, aber wichtiger Schritt

Natürlich war es auch wunderschön. Man möchte meinen, ich habe die Messehallen und die vielen Menschen beinahe vermisst. Die Luft war aufgeladen und voller Erwartungen. Und der Mut der Beteiligten wurde sicherlich auch belohnt. Doch die Hoffnung, mitzuerleben, wie sich die Möbelindustrie mit einem Paukenschlag von der Pandemie befreit, wurde leider nicht erfüllt. Es war dennoch ein wichtiger Schritt und wir Superdesigner waren mit ganzem Herzen und vollem Einsatz dabei.

Jonathan Radetz hat weitere Designstudios, die auf dem Supersalone und im speziellen auf der The Makers Show vertreten waren, nach ihren Eindrücken gefragt und ihre Stimmung festgehalten.

Foto: Studio Hausen

Studio Hausen

„Ich wurde vom Kuratoren-Team kurzfristig eingeladen, auf dem Supersalone auszustellen. Trotzdem musste ich abwägen, ob es sich für mich lohnt, weil ich mit meinen Wandregalen immer ziemlich große und aufwendige Aufbauten vornehmen muss. In der Nachbetrachtung bin ich trotzdem sehr glücklich, dass ich es gemacht habe. Zuallererst war es toll, endlich wieder „on tour“ zu sein und dass neben dem Tagesgeschäft mal wieder etwas Neues passiert. Das Publikum war sehr gut drauf und wir haben schöne Gespräche geführt. Man hat gemerkt, dass die Besucher auch wieder Lust hatten auf die Messe zu gehen.“

Jörg Höltje | Studio Hausen, www.studiohausen.com

The Makers Show, Supersalone, 2021, Jungdesigner
Das Wandregal ‚Plié Wall Shelf‘ von Cesare Bizzotto und Tobias Nitsche von From Industrial Design für this is util. Foto: this is util

This is util

„Diese Ausgabe des Supersalone hat uns gezeigt, dass es möglich ist kleinere und größere Marken zu mischen. Auch wenn ich mir vorstellen kann, dass die meisten größeren Marken ihre Chance verpasst haben, ihre Produkte im richtigen Kontext zu präsentieren, war es sehr motivierend zu sehen, dass auch andere, klassische Möbelmarken, sich an die Regeln dieser besonderen Veranstaltung gehalten und sehr interessante Präsentationen gezeigt haben. Die Sondermesse The Makers Show hat uns einen demokratischeren und stärker auf die Produkte ausgerichteten Salone gezeigt. Jetzt müssen wir darüber nachdenken, wie wir einen so gewagten Ansatz wie diese Sonderveranstaltung mit einem verträumt-futuristischen Gefühl versehen können.“

Manuel Amaral Netto | This is util, www.thisisutil.com

The Makers Show, Supersalone, 2021, Jungdesigner
Die Gläser von ‚Circle‘ wurden von Milena Kling entworfen und mit Lasvit in einer der besten traditionellen Glasmanufakturen Europas hergestellt. Foto: Studio Milena Kling

Studio Milena Kling

„Ich hatte eine super Zeit. Und tolles Feedback für meine Produkte. Die Menschen haben sich gefreut, auch mal etwas Spannendes zwischen dem Standard zu finden. Man hätte vielleicht besser erkennen müssen, wer wir Makers sind. Ich habe dieses Mailand sehr positiv empfunden. The Makers Show war wie ein Klassentreffen. Man konnte sich auch mal in Ruhe mit wichtigen Kunden und bekannten Designern unterhalten. Es war dank der geringen Erwartungshaltung unerwartet toll!“

Milena Kling | Studio Milena Kling, www.milenakling.com

The Makers Show, Supersalone, 2021, Jungdesigner
Die scheinbar einfache Form von Tavolo 2 ist das Ergebnis eines komplexen Entwurfsprozesses: Das Möbelstück wird aus einer einzigen Sandwichplatte ohne Abfall hergestellt. Foto: FOS

FOS

„Als ‚schwarze Löcher‘ zwischen den Unternehmen zu stehen, löste bei mir gemischte Gefühle aus: Einerseits hatten wir das Gefühl, dem Niveau der Unternehmen nicht gewachsen zu sein, andererseits hatten wir das Gefühl, dass wir einen anderen, innovativen Gedanken einbringen müssen und zu einem kritischeren Denken anregen können, das die Monotonie des Unternehmensmarketing-Sprech durchbrechen kann. Die Tatsache, dass wir am Ende ein so vielfältiges Publikum hatten, vom Rohstoffhändler bis zur Familie, die ihre Küche neu einrichten möchte, ermöglichte es uns auch, uns mit der realen Welt zu messen, die außerhalb der ‚Designblase‘ existiert.“

Anna Paola Buonanno | FOS, www.fromouterspace.it

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Dabei experimentiert sie mit neuen Texturen und Formen, die eher aus der Erde gewachsen als von Hand gemacht zu sein scheinen. Foto: Katerina Krotenko

Katerina Krotenko

„Es hat sich fast unwirklich angefühlt inmitten einer Pandemie auf dem Supersalone auszustellen. Das ganze Unterfangen, zu diesem Zeitpunkt in Mailand auszustellen, ist unvorstellbar waghalsig gewesen und wird sicher in Erinnerung bleiben, weil nach endlosen Verzögerungen und Hindernissen alles in so unglaublich kurzer Zeit vorbereitet werden musste und man immer hoffte, dass es überhaupt stattfinden wird.“

Katerina Krotenko, www.katerinakrotenko.com

The Makers Show, Supersalone, 2021, Jungdesigner
‚Robot‘ verwandelt Möbel in Gesichter und Figuren. Foto: Rio Kobayashi

Rio Kobayashi

„Die Chance etablierte Designer, potenzielle Kunden und Kooperationspartner zu treffen, war sehr groß und das fand ich überaus spannend. Die Idee der nachhaltigen Ausstellungsgestaltung der The Makers Show, die sie mit wiederverwendbaren Metallkonstruktionen und Stoffwänden zu verwirklichen versuchten, fand ich wirklich gut!“

Rio Kobayashi, www.riokobayashi.com

The Makers Show, Supersalone, 2021, Jungdesigner
‚Rack‘ ist ein unendlich erweiterbares System, das aus mehreren Modulen besteht. Seine linearen Komponenten bilden durch einfaches Verschrauben eine räumliche Struktur. Foto: Martha Schwindling

Martha Schwindling

„Für mich hat die The Makers Show gut funktioniert. Zwischen den Ständen etablierter Marken auszustellen, anstatt in einem Messebereich, der speziell unabhängigen Designstudios gewidmet ist, ermöglicht einen neuen Blick auf die eigenen Entwürfe – sowohl durch Kontraste als auch durch Überschneidungen mit den angrenzenden Ständen. Außerdem hatte ich den Eindruck, dass ein breiteres Publikum vorbeischaut und man so ein differenziertes Feedback zur eigenen Arbeit bekommt.“

Martha Schwindling, www.marthaschwindling.com

The Makers Show, Supersalone, 2021, Jungdesigner
Drei der kultigsten Produkte der Marke – der ‚AA Stool‘, der ‚Ishinomaki Stool‘ und die ‚Ishinomaki Bench‘ – wurden auf der The Makers Show vorgestellt. Die ausgestellten Produkte wurden in Berlin von der HLZFR GmbH aus Weißfichte hergestellt. Foto: Masaki Ogawa

Ishinomaki Laboratory

Ishinomaki Laboratory ist ein 2011 gegründeter japanischer DIY-Möbelhersteller. Die Marke wurde ursprünglich als Gemeinschaftswerkstatt für die Bewohner der vom Tsunami geschädigten Küstenregion von Ishinomaki, Miyagi, gegründet. Leider konnte das Ishinomaki Laboratory aufgrund der Einreisebestimmungen nicht persönlich an der Messe vor Ort teilnehmen.

Ishinomaki Laboratory, https://ishinomaki-lab.org

Den Umständen entsprechend

The Makers Show

Die Makers Show ist ein Teil des Supersalone, der von Stefano Boeri kuratierten Sonderveranstaltung des Salone del Mobile.Milano, die selbst produzierenden Designern aus aller Welt gewidmet ist. Das Format stellt die Arbeiten von Ateliers, Studios, Werkstätten und Start-ups vor, die Designexperimente mit neuen Produktionstechniken und Materialforschung verbinden. Die Makers Show kann man als umfassende Momentaufnahme des unabhängigen Designs und neuer Richtungen verstehen. Die Gruppenausstellung gibt einen noch umfassenderen Überblick über die Vielfalt der Welt des kreativen Lebens.

Die The Makers Show verteilte sich auf die vier Supersalone-Pavillons und vereinte verschiedene Bereiche des Designs, von Möbeln bis zu Accessoires, an einem Ort. Die ausgestellten Objekte zeigten das Zusammentreffen von handwerklichen Fähigkeiten, neuem digitalem und lokalem Wissen, globalen Bedürfnissen, spezialisierten Fähigkeiten und kollektiven Erzählungen.

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