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Interview mit Anand Steinhoff, Inhaber von Steinhoff Einrichten + Wohnen. md-mag.com

Interview mit dem Geschäftsführer und Gesellschafter
Anand Steinhoff

Seit mehr als 80 Jahren existiert Steinhoff Einrichten + Wohnen, eines der führenden deutschen Einrichtungshäuser. 1995 stieg Anand Steinhoff, Enkel des Firmengründers und kreativer Kopf hinter der Anand-Steinhoff-Kollektion, in das Hannoveraner Traditionshaus ein. Sein Credo: Design erlebbar machen.

Interview: Ulrich Texter

Herr Steinhoff, nach der Expo 2000 war Hannover aufgemöbelt und Steinhoff schaute in den Abgrund. Was sehen Sie heute?

Anand Steinhoff: Heute sehen wir einen Weg, der einen Berg hinaufführt.

Was waren die Gründe für die damaligen Sorgen?

Anand Steinhoff: Ein Grund war, dass damals das Objektgeschäft mit 70 bis 80 Prozent unser Geschäft prägte. Nach der Expo war allerdings alles gebaut und eingerichtet. Das musste korrigiert werden. Heute ist das Verhältnis Objekt/Privat etwa 40/60. Mit diesem Verhältnis sind wir sehr zufrieden.

Apropos Objektgeschäft, was wollen heute Kunden, zum Beispiel Banken im Vergleich zur Jahrtausendwende? Mehr Stil und Kultur oder mehr Open Space und Image?

Anand Steinhoff: Das lässt sich mit einem Satz nicht beantworten. Sprechen wir von Banken, kann es sein, dass sie ihr Image verändern möchten, indem sie die repräsentativen Bereiche für internationale Kunden oder Gäste so gestalten, dass sie nachhaltig in Erinnerung bleiben. Auf der anderen Seite wird dann die Cafeteria eher „normal“ eingerichtet. Generell lässt sich aber sagen, dass es mehr denn je darum geht, die Beschäftigten durch ein ein Wohlfühlambiente zu halten, die Kommunikation unter den Mitarbeitern zu erhöhen und das Interieur als Argument beim Recruiting zu nutzen.

Spielen diese Aspekt auch beim deutschen Mittelstand eine Rolle?

Anand Steinhoff: Auch da hängt es vom Unternehmen ab. Eher konservative Firmen stehen modernen Arbeitsplatzkonzepten ziemlich gleichgültig gegenüber. Die sagen, das Thema interessiert uns nicht, die Mitarbeiter sollen arbeiten. In solchen Fällen müssen wir wirklich sehr viel Überzeugungsarbeit leisten und über den Beratungsprozess die Kunden von den Vorteilen überzeugen. Andere sagen ganz bewusst, ja, wir möchten gerne Open Space realisieren.

Haben Wohntrends Auswirkungen auf das Design von Büromöbeln und die Gestaltung von Büros, da sich beide Welten immer mehr vermischen ?

Die Entwicklung zur Gemütlichkeit zieht sich ja nicht nur im Wohn-, sondern auch im Office-Bereich durch. Vor Jahren neigte man allerdings dazu, die Bürozonen überzudekorieren. Denken Sie nur an Google. Heute wird zurückhaltender gestaltet, aber das Wohlfühlerlebnis bleibt weiterhin wichtig. Es wird wieder minimalistischer, aber nicht minimalistisch.

Hannover ist nicht bekannt für eine große maritime Tradition, aber wie fährt es sich mit einer Luxusyacht zwischen Tankern? So haben Sie Steinhoff mal beschrieben!

Anand Steinhoff: Nein, nicht ich, sondern das war ein Redakteur, der aus meinem Bild „kleines Boot“, das zwischen den Tankern der Großflächenanbieter schippert, die Luxusyacht gemacht hat. Richtig ist, dass wir versuchen schneller zu sein als die großen Kähne, ohne den Anspruch zu vertreten, größer sein zu wollen.

Was erhalten Ihre Kunden, wenn sie das Steinhoff-Boot buchen?

Anand Steinhoff: Unsere Kunden erhalten ein individuelles Erlebnis, wenn ich das einmal auf die Beratung herunterbrechen darf. Das, was der Kunde sich wünscht, wenn er beispielsweise ein privates Objekt einrichtet, bieten wir ihm auch an. Das geschieht durch eine Art Typologisierung: Was ist das für ein Mensch? Wie lebt er jetzt und wie möchte er in Zukunft leben? Wie sieht sein familiäres Umfeld aus?

Was naturgemäß sein Preis hat, betrachtet man das Nivau Ihrer Kollektion!

Anand Steinhoff: Nein, mit unserer eigenen Anand-Steinhoff-Kollektion, die mittlerweile ja sehr erfolgreich ist, bieten wir Highend-Qualität zu einem erschwinglicheren Preis an, um auch jüngere Kunden anzusprechen. Die würden sich sonst gar nicht trauen, hier reinzukommen.

Und das gelingt?

Anand Steinhoff: Der Punkt ist, dass die früher ja mal hier waren, sie aber dadurch, dass unsere Marken immer hochpreisiger wurden, in andere Kanäle abwanderten. Diese Zielgruppe müssen wir zurückholen und das Loch füllen zwischen einem IKEA Kunden, der aus „Billy“ herauswächst, aber bei Steinhoff noch nicht angekommen ist, weil der finanzielle Rahmen es momentan noch nicht erlaubt. Highend meint vor allem gute Materialien und sehr gute Qualität, heißt aber nicht gleich teuer.

2014 kam es zum Reset der Designalliance, die sie 2004 mitbegründeten. Die Ziele dieser Kooperation von Einrichtungshäusern sind ambitioniert: eine eigene Kollektion, mehr Austausch, überhaupt will man sich an Spitze setzen. Was ist daraus geworden?

Anand Steinhoff: 2014 kam es deshalb zum Neustart, weil mit dem österreichischen Möbelhaus Wetscher in Fügen ein weiterer Premiumanbieter hinzukam. Im vergangenen Jahr folgte dann Weckesser aus Wiesloch, sodass wir jetzt acht Partner sind. Die Designalliance wuchs also weiter und für mich ist sie nach wie vor die Speerspitze im Einrichtungsbereich. Das zeigt sich an den Kollektionen und Aktivitäten der einzelnen Unternehmen oder ihrem Engagement, sich auf den Messen zu informieren. Die Zusammenarbeit ist intensiv und genau in den Bereichen, die Sie angesprochen haben.

Allianzen scheitern oft daran, dass jeder sich selbst der Nächste ist. Dem einen passt die Werbung nicht, dem anderen missfällt das Produkt. Wie meistern Sie diese inhärenten Konflikte?

Anand Steinhoff: Man hat nur zwei Optionen. Erstens: Die Gruppe relativ klein halten, um effizient zu kommunizieren. Zweitens: Ist ein Thema ausdiskutiert, muss demokratisch entschieden werden. Das geht gar nicht anders.

Welche Vorzüge bieten familiengeführten Premium-Einrichtungshäuser gegenüber expandierenden Filialisten?

Anand Steinhoff: Familienunternehmen bedeutet ja nicht, dass man nicht expandiert. Der große Vorteil liegt darin, dass ich als alleiniger Geschäftsführender Gesellschafter autark entscheiden kann. Die zweite Stärke ist, dass ich Entscheidungen nicht für morgen, sondern für die nächsten Jahre treffe, weil mir die Zukunft wichtiger ist als der kurzfristige Profit. Drittens kann ich Dinge schneller verändern als Manager, die in Strukturen arbeiten, in denen mehrere Leute mitsprechen.

Der Online-Verkauf von Möbeln liegt zwar noch im einstelligen Prozentbereich, aber die digitalen Propheten der Disruption sagen uns, stationär und online entwickeln sich zum Omnichannel, zum neuen Customer Journey. Wie lautet Steinhoffs Antwort?

Eine wirkliche Antwort kann derzeit keiner geben, weil wir alle erst beobachten müssen, wie sich dieses Business in den nächsten Jahren entwickelt. Die Frage ist allerdings, was Steinhoff tun wird, ob wir online mitmischen, um Geschäft zu machen, oder unseren Online-Auftritt noch stärker erlebbar gestalten, um die Menschen in unser Haus zu holen. Für mich ergibt es wenig Sinn, der 40. Vitra-Online-Händler zu sein, um nur mal ein Beispiel zu nennen.

Also Fokussierung auf das stationäre Geschäft!

Anand Steinhoff: Ja, und ich sage ihnen auch warum. Der Kapitalaufwand für ein Online-Geschäft ist unglaublich hoch. Betreibt man dieses Business, hat man ein komplett neues Geschäftskonzept mit genauso vielen Mitarbeitern wie im stationären Bereich, aber mit der Gefahr, das eigentliche Kerngeschäft zu vernachlässigen. Ich bin überzeugt, dass der stationäre Handel und das Erlebnis, das er bietet, sich noch stärker entwickeln und parallel dazu dieses Erlebnis online abbilden muss. Hier versuchen wir führend zu sein.


Anand Steinhoff, Jahrgang 1970, wurde in Mumbai geboren. Er ist Mitbegründer der Stylepark AG und Betreiber des kleinsten Designmuseums Deutschlands. Steinhoff kam per Adoption nach Hannover. Aufgewachsen in Freiburg und nach einem Studium der Betriebswirtschaft sowie Lehrjahren in der Mode- und Designmetropole Mailand, stieg er in das Möbelgeschäft seines Vaters am Braunschweiger Platz ein. 1998 wurde er Geschäftsführer und Gesellschafter. Nach den Boomjahren, die die Expo 2000 den Hannoveraner Einrichtern bescherte, folgte die Flaute. Steinhoff riss das Ruder rum. Seine Idee: das Möbelhaus zu einem „Erlebnisraum“ gestalten. Die 1 600 m2 Fläche werden mit abwechselnden Themen „inszeniert“. Aktuell stehen „Stücke“ wie „Comer See“, „Martini Lounge“, „Manhattan Art Gallery“, „Miami Penthouse“, „Berlin“ und „London“ auf der Bühne, um die besonderen Stimmungen der jeweiligen Orte oder Sujets widerzugeben. 2012 realisierte Anand Steinhoff einen lang gehegten Traum. Mit dem kleinsten Designmuseum Deutschlands, das sich als begehbare Skulptur in den Showroom einfügt, gelingt es ihm, neue Zielgruppen ins Haus zu locken. Anlässlich des 100. Geburtstags von Pier Giacomo Castiglioni würdigt das Museum in diesem Jahr die Arbeiten des weltberühmten Designers.

http://www.steinhoff-einrichtungen.de

Interview mit Objektplanerin Barbara Benz


 

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