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Der Berufsweg der Innenarchitektin: Katharina Schmidt

Der Berufsweg der Innenarchitektin
Katharina Schmidt

So vielfältig wie die Menschen sind, die Innenarchitektur studieren, so vielfältig sind auch ihre Berufswege. In dieser Serie stellen wir verschiedene Spezialisierungen vor. Katharina Schmidt leitet den Bereich Akustik bei XAL und profitiert von ihren handwerklichen Fähigkeiten.

Autorin Katharina Feuer

Normalerweise werde sie immer gefragt, warum eine gute Akustik wichtig ist, wunderte sich Katharina Schmidt am Ende des Interviews. Diese Frage hätte sie vermisst. Die Antwort: Innenarchitekten wissen um die Wichtigkeit. Muss man das wirklich noch einmal erklären? Ja! Vier Gründe sieht die Expertin. Dazu aber später mehr.

Die gebürtige Schwäbin leitet den Bereich Akustik bei XAL in Graz. Man kennt das Unternehmen eher für seine LED-Lichtlösungen. Seit 2017 liegt nun ein weiterer Schwerpunkt bei der raumplanenden Akustik und entsprechenden Produkten. Katharina Schmidt ist Innenarchitektin. Das heißt, sie denkt dreidimensional und das tut sie auch, wenn sie nach guten Lösungen für Räume, Kunden und XAL sucht.

Das Spannungsfeld ihrer Interessen lag irgendwo zwischen Technik, Kreativität und Architektur. Es wurde die Innenarchitektur: Den Tipp erhielt sie bei der Berufsberatung.

Handwerklicher Schwerpunkt

Im Studium verbrachte sie viel Zeit in der Modellbau- und Holzwerkstatt. Dinge zu durchdringen, im Detail zu verstehen, wie sie funktionieren, selbst Hand anzulegen, dafür konnte sich die junge Studentin begeistern. „Die Kurse zum Produktdesign haben mir schon damals am meisten Spaß gemacht.“ Was ihr fehlte, war der künstlerische Teil. Der kam ihr zu kurz. „Ich wollte unterschiedliche Herstellungsmethoden kennenlernen und ausprobieren.“

Ein Reise-Gen legten ihr die Eltern in die Wiege. Sie arbeiteten als Ärzte in der Entwicklungshilfe und so wuchs Katharina Schmidt bis zum 8. Lebensjahr in Afrika auf, fernab vom Geburtsort Kirchheim/Teck und der schwäbischen Beschaulichkeit. Dennoch trägt sie gewisse deutsche Eigenschaften in sich. Das merkte sie später in Helsinki. Nach ihrem Innenarchitekturstudium und dem ersten Arbeitsjahr als Freelancerin für diverse Büros zog es sie in die finnische Hauptstadt.

Finnen haben eine fast südländische Mentalität

An der Kunsthochschule fand sie, wonach sie suchte. Es gab Werkstätten für Glasblasen, Siebdruck, Mode, Weben, Holz, Drechseln und Keramik. Das Leben in Finnland ist teuer. Deshalb arbeitete sie nebenbei.

„Die Finnen haben eine fast südländische Mentalität. Sie machen gerne lange Mittagspausen und sind recht entspannt bei allem. Das habe ich mit meiner deutsch-schwäbischen Prägung wahrgenommen. Ich will immer alles erledigen und das auch schnell!“ Aus zwei wurden vier Jahre. „Finnisch ist eine wahnsinnig schwierige Sprache. Um am Alltagsleben wirklich teilnehmen zu können, muss man sie meiner Meinung nach beherrschen. Das konnte ich nicht.“

Die Sinnfrage

Katharina Schmidt kehrte Finnland den Rücken und widmete sich dem Stricken. Stricken als Antwort auf die Sinnfrage? Oder die Frage, ob sie mit dem Gelernten, ihrem Studium und Design anderen helfen kann? Lange suchte sie, dachte an Afrika und fand schlussendlich das Studienprojekt in Khorog, einer Stadt im Pamirgebirge in Tadschikistan. Ziel war es, Frauen eine unabhängige Einnahmequelle zu ermöglichen. In einem Laden für lokales Kunsthandwerk können sie ihre Produkte verkaufen. „Man sah überall Frauen stricken und häkeln. Wir konzentrierten uns auf etwas Sinnvolles, auf Socken. Im Museum habe ich alte, folkloreartige Muster gefunden, die die Frauen reproduzierten.“ Heute weiß sie: „Dieses Wissen hilft mir noch heute, wenn ich mit Textilproduzenten über passende Akustikstoffe spreche.“

Ach ja, da war ja noch was. Das Thema Akustik. Bei ihrer Rückkehr nach Stuttgart war Katharina Schmidt offen für alles. Als Diplom-Ingenieurin und Masterabsolventin erhielt sie das Angebot, freiberuflich eine Weihnachtsfeier zu gestalten. Wirklich? Schmidt sprang über ihren Schatten und hatte viel Spaß dabei, Tannen kopfüber an der Decke aufzuhängen und ein einmaliges Ambiente zu gestalten. Die Feier geriet grandios. Weitere folgten, da war sie bereits fest angestellt bei der Nimbus Group in Feuerbach, genauer bei der Marke Rossoacoustic.

„Das Thema Akustik war mir bis dahin komplett fremd. Ich musste mich zunächst einarbeiten und viel darüber lernen, wie die Dezibelskala logarithmisch aufgebaut ist. Ich verstand, wie sich Schall im Raum bewegt, wie die Schallkraft nachlässt und was man alles zu beachten hat.“

Wissenschaftliche Zusammenarbeit

Ihr mathematisches Interesse, ihr analytisches Denken und ihre Technikaffinität halfen ihr, die ersten Monate zu überstehen. Sie wollte verstehen, wie alles funktioniert und zusammenhängt. Gleich das erste Produkt, ein transparenter, akustisch wirksamer Raumteiler, basierte auf einer wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP). Das Prinzip der Mikroperforation an transparenten Oberflächen wurde patentiert und Nimbus erhielt eine Lizenz. Katharina Schmidt hatte noch lange einen guten Draht zum IBP-Institutsleiter.

„Heute geht mein Aufgabenfeld weit über das Produktdesign hinaus. Ich leite den gesamten Akustikbereich, definiere in enger Abstimmung mit der Geschäftsführung strategische Ziele, betreue die akustische Planungsabteilung, gebe fachbezogene Schulungen und bin für das Produktmanagement zuständig.“

2017 warb das Unternehmen XAL Katharina Schmidt ab und sie packte erneut die Koffer. Für sich, das erste Kind und ihren Partner. Ein neuer Umzug stehe jetzt aber nicht bevor, lacht die Powerfrau.

Gründe für eine gute Akustik

Und dann erläutert die Akustikexpertin doch noch ihre „4 Bullet Points — Warum jeder auf gute Raumakustik achten sollte“.

Erstens: Lärm macht uns krank. Das ist wissenschaftlich erwiesen. Zweitens: Wir können uns schlechter konzentrieren, wenn es zu laut ist. Drittens: Lärm kostet Geld, weil Mitarbeiter ineffizienter arbeiten. Viertens: Die Menschen kommunizieren anders, nämlich weniger und sie schreiben wieder mehr Mails.“ Es gibt noch viel zu tun.


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Porträt: Michael Königshofer

Katharina Schmidt

Katharina Schmidt (Jg. 1980) studierte an der Hochschule für Technik Stuttgart Innenarchitektur (2001–2005). Mit dem Diplom in der Tasche und einiger Berufserfahrung ging die gebürtige Schwäbin 2006 für vier Jahre nach Helsinki, wo sie einen Master in Spatial Design draufsetzte. Bevor die Akustikexpertin 2017 zu ihrem jetzigen Arbeitgeber XAL nach Graz wechselte, arbeitete sie fünf Jahre bei der Nimbus Group – Rossoacoustic in Stuttgart.

Webseite des Grazer Unternehmens

Weitere Berufswege finden Sie hier

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