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Tina Jokisch

Was muss der Einzelhandel tun, um zu überleben?
Tina Jokisch von Schwitzke Partner

Online einkaufen ist attraktiver denn je. Was müssen Einzelhändler unternehmen, um ihre Kunden zurückzugewinnen oder zu halten? Tina Jokisch, Architektin und Geschäftsführerin bei Schwitzke Partner kennt Ansätze und Lösungen. Das Wichtigste? Persönlichkeit!

Interview Katharina Feuer

Im vergangenen Jahr musste man zwangsläufig vieles online kaufen. Kommen die Leute jetzt wieder zurück in die Geschäfte?

Tina Jokisch: Die Pandemie hat eine Entwicklung nur beschleunigt, die auch schon zuvor sichtbar war: Die Innenstädte verlieren an Attraktivität, die Onlinehändler gewinnen an Macht und der Kunde ist in Läden, die bis unter die Decke mit Produkten vollgestopft sind, überfordert. Aber ja, die Kunden kommen wieder, vorausgesetzt der Einzelhändler beachtet einige Punkte.

Was muss ein Laden heute leisten, um im Wettbewerb – egal ob online oder analog – zu bestehen?

Tina Jokisch: Mehr denn je geht es um das Erlebnis, die „experience“ pro m² statt Ware pro m². Das kann eine Surfwelle sein, die im Eingangsbereich für ein einzigartiges Erlebnis sorgt oder der besonders gute Kaffee, der der Kundin zusätzlich kredenzt wird. Der Händler muss sich fragen: Wie bekomme ich den Kunden in den Laden? Die Antworten sind vielfältig. Das Ergebnis muss authentisch sein – mit Persönlichkeit, einer Geschichte über das Produkt, transparent und mit klaren Botschaften. Womit will ich aus der Masse herausstechen? Mit einem Event mit Verkostung oder einer Modenschau? Das kann aber auch ein besonders nachhaltiges Gestaltungskonzept sein.

Sind Konsum und Nachhaltigkeit nicht ein Widerspruch per se?

Tina Jokisch: Das würde ich nicht sagen. Der Pullover aus schottischer Wolle hält sicher über 30 Jahre. Das japanische Messer kann man unzählige Male nachschleifen. Gute, wertige Produkte sind auf alle Fälle nachhaltig. Bestes Beispiel dafür ist Manufactum. Der Versandhändler, der auch stationär verkauft, erzählt den Kunden schon immer die ganze Historie eines Produktes. Zugegeben sind das zum Teil Luxusgüter. Aber selbst Lebensmittelhändler setzen auf Emotionen und Inspiration.

Selbst eine relativ schnelllebige Branche wie der Einzelhandel sollte nachhaltig sein. Wie kann man bei der Innenarchitektur ansetzen?

Tina Jokisch: Wir versuchen unsere Auftraggeber so zu beraten, dass sie ein neues Ladenkonzept als langfristige Investition sehen. Damit einher geht, dass wir mit natürlichen und nachhaltigen Materialien arbeiten. Wir versuchen Denkanstöße zu geben und Einbauten beispielsweise nach dem Cradle2Cradle-Prinzip rückbaubar zu planen. Wir untersuchen zudem den Bestand und überlegen, was man wiederverwerten kann. Verkaufsräume funktionieren länger, wenn man sie flexibel baut. Um dem Raum ein anderes Erscheinungsbild zu geben und damit dem Kunden eine Abwechslung zu bieten, reicht es aus, wenn die mittlere Zone modular und variabel ist. Auch das Lichtkonzept spielt eine wichtige Rolle.

Wie haben Einzelhändler in der Pandemie agiert? Was sind Ihre persönlichen Eindrücke?

Tina Jokisch: Es gab die, die aus verschiedenen Gründen einfach geschlossen haben. Aber manche sind kreativ geworden. Sie haben den Kontakt zum Kunden über Social Media, Telefon oder über ihr Schaufenster (Window Shopping) weiter gepflegt. Raus durften die Menschen ja. Selbst die, die keine Onlineplattform haben, haben Call and Collect angeboten.

Welche Läden werden es in Zukunft schwer haben?

Tina Jokisch: Verkaufswüsten, Läden mit emotionsloser Anonymität sowie Shops mit schlechter, unpersönlicher Beratung. Für die sehe ich keine Zukunft.

Welche Rolle spielt das Produkt?

Tina Jokisch: Das Produkt muss Begehrlichkeiten hervorrufen. Es empfiehlt sich, einzelne Objekte in Szene zu setzen, statt die Regale vollzustopfen. Dazu sollte die Raumhülle neutral sein und eine gewisse Leichtigkeit ausstrahlen. Schon eine farbige Wand kann dem Raum eine völlig neue Ästhetik geben. Man kann mit Installationen arbeiten und so die Produkte in Szene setzen. Durchaus mit dem beabsichtigten Effekt, dass Kunden sogar aus anderen Städten anreisen, um in diesem Laden einzukaufen und über Instagram Eindrücke zu posten.

Gestalten Architekten und Innenarchitekten in Zukunft auch virtuelle Räume?

Tina Jokisch: Teilweise vielleicht schon. Aber die Darstellung muss sehr gut sein. Ansonsten wandern die Kunden wieder ab zum klassischen Onlinehandel. Ich kann mir gut vorstellen, dass langfristig VR-Brillen mehr genutzt werden.

Wie erkennt man einen Laden, der von Schwitzke & Partner gestaltet worden ist?

Tina Jokisch: Daran, dass die Alleinstellung unseres Kunden herausgearbeitet wurde. Also über die architektonische und räumliche Inszenierung der Marke. Denn nur so kann er sich vom Wettbewerb abheben. Der hohe Anspruch an das Design und die Qualität der Ausführung ist für uns selbstverständlich und Teil unserer Handschrift.


Foto: Schwitzke & Partner

Tina Jokisch absolvierte eine Schreinerlehre sowie ein Studium an der Parsons Interior Design School in New York, im Anschluss arbeitete sie in unterschiedlichen New Yorker Büros. Zurück in Deutschland betrieb die Architektin zwei Jahre lang eine Galerie in Köln. 2005 kam sie zu Schwitzke & Partner. Seit 2017 ist sie Geschäftsführerin.

www.schwitzke.com

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