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Homeoffices und Third Places als Impulsgeber für Arbeitsplatzkonzepte

Homeoffices und Third Places als Impulsgeber für Arbeitsplatzkonzepte
Kooperativ planen

Die Generationen Y und Z formulieren klare Ansprüche an die räumliche und zeitliche Flexibilität ihres Arbeitsplatzes. Die Annehmlichkeiten, die sie zu Hause oder wo anders erfahren, wollen sie dort wiederfinden. Das erfordert neue Raumkonzepte.

Autor Mark Phillips

Das Arbeiten von zu Hause hat unbestritten Vorzüge. In besonderer Weise wissen das die Vertreter der Generation Y und Z zu schätzen. Aber auch sie wollen nicht komplett auf das klassische Büro am Unternehmenssitz verzichten. Ebenso wenig auf die Qualitäten des Homeoffice oder eines dritten Ortes. Das können ein Café, eine Bank im Park, ein Hotel, der Strand, die Wohnung eines Bekannten oder ein Coworking Space sein. Es geht hier auch um das Thema kooperativ planen.

Neben dem Homeoffice als erstem Ort und dem Arbeitsplatz im Unternehmen als zweitem Ort tritt also der dritte Ort hinzu. Er wird an Bedeutung gewinnen. Daraus folgt, dass die Einrichtung, die man bisher eher dem privaten Umfeld zugeschrieben hat, nun auch am zweiten und dritten Ort zum Einsatz kommt. Egal, ob auf der Couch, Treppe oder Terrasse, am Tresen oder Küchentisch sitzend – das heimelige private Umfeld findet man zunehmend an Arbeitsorten vor.

Dafür spricht einiges. Zumal sich die Unternehmen und Organisationen in vielfacher Hinsicht engagieren müssen, damit die Mitarbeiter ihr lieb gewonnenes Arbeiten zu Hause oder anderswo tageweise aufgeben, um in die Bürogebäude zurückzukehren.

Flexible Raumstruktur

Es liegt nahe, Impulse aus dem privaten Umfeld aufzunehmen und in die Büroumgebung zu übersetzen. Dabei sollte man berücksichtigen, dass die Möblierung und Gestaltung der heimischen Räumlichkeiten so unterschiedlich und individuell wie die Bewohner selbst sind. Daraus lässt sich ableiten, dass in Firmengebäuden eine flexible Raumstruktur vorherrschen sollte, in der die Zonen auf unterschiedliche Anforderungen ausgelegt sind.

Die Realität ist allerdings vielfach eine andere: Trotz der mancherorts etablierten Raumkonzepte wie Multispace oder Activity-based-working finden sich nach wie vor eher monotone Räumlichkeiten, oft zudem in linearer Abfolge. Das sieht dann so aus: Als Arbeitsplatz dient ein Schreibtisch und als Besprechungsraum ein Besprechungsraum. Und wenn nur ein einziger Mitarbeiter an einer Videokonferenz teilnimmt, so belegt er dafür ein komplettes Zimmer. Besser wäre kooperativ planen gewesen.

Das Problem: Die Räume sind nicht für unterschiedliche Anforderungen konzipiert und können individuelle, flexible und spontane Arbeitsweisen nicht optimal unterstützen. Konsequenterweise finden Tätigkeiten wie konzentriertes Arbeiten oder die Abstimmung per Videokonferenz, die am Schreibtisch erledigt werden können, teilweise schon jetzt und zukünftig noch deutlich weniger im Bürogebäude statt.

Da ein Standardrezept offensichtlich nicht funktioniert, ist es umso wichtiger, die Bedürfnisse der jetzigen, erst recht der künftigen Beschäftigten herauszufinden und diesen zu entsprechen. Eben kooperativ planen . Zu dieser Erkenntnis kommt zum Beispiel die Studie „Wandel Werte Zukunft”, die der Büromöbelhersteller König + Neurath gemeinsam mit dem Handelsblatt Research Institute im Jahr 2020 durchführte.

Attraktiver Arbeitgeber

Als Basis dienten Umfragen zum Thema „Digitale Arbeitswelten“. Daran beteiligten sich etwa 1 000 Schüler und Studierende im Alter von 16 bis 30 Jahren. In einer zweiten Umfrage bezogen 100 Geschäftsführer oder Personalverantwortliche in Unternehmen mit 300 oder mehr Beschäftigten Stellung. In beiden Gruppen ging es um die Attraktivität von Arbeitgebern und den konkreten Arbeitsplatz sowie um den Wandel von Arbeitswelt, -organisation und -kultur.

Die Untersuchung kam unter anderem zu folgendem Ergebnis: „Wer als Arbeitgeber attraktiv und wettbewerbsfähig bleiben möchte, muss den Bedürfnissen der Generation Z Rechnung tragen. Will die Generation Y einzigartig und individuell sein, zieht die Generation Z dagegen Sicherheit und eine klare Trennung von Arbeits- und Berufsleben vor.“

Zu ähnlichen Schlüssen kommt das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in der Veröffentlichung „Arbeitswelten 4.0“. Über 100 Experten skizzieren darin die Arbeits- und Lebenswelt von Büro- und Wissensarbeitern im Jahr 2025. Im Fokus stehen die Möglichkeiten einer hochvernetzten, räumlich und zeitlich flexibilisierten Arbeitsorganisation. Diese orientiert sich an den individuellen Lebenskontexten und trägt damit zu einer Steigerung von Innovationskraft, Effizienz und Effektivität bei. Das wiederum drückt sich auch in einer veränderten Gestaltung des Büroumfelds aus.

Kooperative Veränderung

Solche Szenarien werden sich stark auf die architektonische Planung auswirken. Dabei führen besonders die neu gewonnene Flexibilität und Selbstbestimmtheit bei den Beschäftigten zu verbesserten Arbeitsbedingungen. Diesen Anspruch formulieren vor allem künftige Mitarbeiter.

Deshalb kann es nicht um die Umsetzung einer fertigen Idee gehen. Vielmehr wird die ständige kooperative Veränderung von Konzepten gemeinsam mit den Beschäftigten im Sinne ihrer Bedürfnisse immer wichtiger. Man nennt es auch kooperativ planen. Gerade die Generationen Y und Z sind es gewohnt, einerseits aktiv beteiligt und gefragt zu werden, andererseits sich flexibel an verändernde Anforderungen im beruflichen und privaten Alltag anzupassen.

Durch die wachsende räumliche Verschmelzung der beiden Sphären wird sich der berufliche Alltag immer stärker auf die arbeitsfreie Zeit auswirken. Wo bereits heute die ständige Erreichbarkeit und wachsende Transparenz gegenüber dem Arbeitgeber oder den Kollegen das Wohlbefinden beeinflussen, wird das Abschalten und Entspannen durch die fehlende Zuordnung der Räume nach Typen in Zukunft noch schwerer fallen.

Gleichzeitig erzeugt das für die Generationen Y und Z wichtige Gefühl einer sinnhaften Betätigung am Arbeitsplatz durch weitgehende Selbstbestimmheit hohe Einsatzbereitschaft und Motivation. Trotz oder gerade deswegen wollen sie gedanklich und körperlich abschalten, um das erforderliche Gleichgewicht zwischen Privat- und Berufsleben aufrecht zu halten. Das wird sich in den Arbeitsplatzkonzepten widerspiegeln, in der Form, dass solche, die für die Vermischung beziehungsweise Trennung geeignet sind, an allen drei genannten Orten – Homeoffice, Büroräumen und Third Places – Realität werden.

Lebendiger Begegnungsort

Ein gutes Beispiel für die räumliche Umsetzung der Vorstellungen jüngerer Menschen ist das Sony Center in Berlin. Das Architektur- und Innenarchitekturbüro Kinzo hat das Gebäude in Teilbereichen um- und neu gestaltet. Es soll als lebendiger Begegnungsort für Besucher und als attraktiver Standort für Unternehmen, Gastronomie und Einzelhandel dienen. Die neue „Lobby D“ weist eine Glasfassade, Eichenholz- und Terrazzo-Oberflächen sowie Schlingpflanzen auf. Sie prägen im Wintergarten die Atmosphäre. Vormals ein reiner Durchgangsort bietet die Lobby nun auf zwei Etagen Arbeits- und Begegnungsflächen sowie einen separaten Workshop-Raum.

Eine großformatige, akustisch wirksame Wandgrafik von Sebastian Dörken liefert ein starkes Gestaltungselement mit Wiedererkennungswert. Foto: Simon Schnepp, Schnepp Renou

Erkenntnisse aus der Praxis

Wie künftige Generationen mit solchen Räumen und Freiräumen umgehen werden, lässt sich heute schwer einschätzen. Deshalb zählt es zu den wesentlichen Aufgaben von Gestaltern, die Folgen und Ausprägungen in einem kooperativen Prozess mit den Nutzern herauszufinden. Mit anderen Worten: kooperativ planen.

Generell kann man eine immer schnellere Entwicklung von Arbeitsplatzkonzepten und -umsetzungen feststellen. Deshalb – und auch wegen der bisher gering ausgeprägten wissenschaftlichen Herangehensweise auf diesem Gebiet – gibt es kaum brauchbare Auswertungen und Erkenntnisse aus der Praxis. Es fehlen evaluierte und wissenschaftlich beobachtete Belege aus der gelebten Berufswelt.

Entwickelt sich unser Arbeitsplatz immer mehr zum Wohnzimmer?

Deshalb befassten sich Design-Studierende der Hochschule Coburg mit Trends für die Gestaltung von Arbeitsplätzen für zukünftige Generationen. Sie hielten die Ergebnisse im Reader „New Work/New Office“ fest. Interessante Impulse und die Grundlage für diesen Artikel lieferte das Kapitel „Homely Office statt Homeoffice – entwickelt sich unser Arbeitsplatz immer mehr zum Wohnzimmer?“ von Jennifer Vogt. Er liefert Anregungen, die Arbeitgeber und Planer in konkrete Konzepte umwandeln können.


Standort des Sony Center Berlin

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