Exzessives Sitzen macht krank – das ist weder eine bahnbrechende Neuentdeckung noch eine Frage der Betrachtungsweise. Von Schrittzähler-Apps bis Sitzgymnastik reichen die Ideen, Bewegung in den Alltag zu integrieren, von absoluter Nutzlosigkeit bis hin zu unrealistischen da übermäßig zeitraubenden Sporteinheiten. Betrachtet man allerdings einen durchschnittlichen Arbeitsalltag sitzen wir bis zu 14 Stunden täglich am Schreib-, Esstisch oder im Auto; vor allem durch die leicht nach vorne gebeugte Haltung vor dem Monitor verkrümmen Brust- und Bauchmuskulatur, wodurch die Rückenmuskulatur verstärkt arbeiten muss und über kurz oder lang verkrampft. Folgen sind Schmerzen sowie Muskel- und Skeletterkrankungen, die zu den häufigsten Ursachen für Arbeitsunfähigkeiten gehören.
Dritte Dimension
„Bei Wagner dreht sich alles um die Idee, wie auf einem Ball zu sitzen; ein ergonomisches Sitzen, das zur Bewegung der Hüfte führt. Diese Bewegung übertrug Wagner auf eine Stuhltypologie – meiner Meinung nach eine starke Erfindung“, konstatiert Stefan Diez. Als Industriedesigner prägt der gebürtige Freisinger derzeit das Designgeschehen. Rund um das von Wagner und Stephan Meyer entwickelte ‚Dondola‘-Gelenk entwickelte er den Officechair ‚D1‘ und den Loungechair ‚D2‘ für den Sitzmöbelspezialisten. „Als der Auftrag kam, haben wir uns erst einmal mit 200 Jahren Stuhlgeschichte auseinandergesetzt. Gute Unternehmen haben schon immer Produkte entworfen, die nicht nur fantastisch aussehen, sondern auf vielerlei Weise neuartig sind“, erinnert sich Diez. Zu diesen Innovationen gehört zweifelsohne das dreidimensional bewegliche Gelenk von Wagner. Statisches Sitzen – laut Orthopäden die Mutter alles Bösen – wird vermieden; stattdessen ist die Rückenmuskulatur durch Mikrobewegungen ständig aktiv. Daraus folgen ‚durchsaftete‘ Bandscheiben: Haltungsprobleme und Wirbelsäulenverkrümmungen werden vermieden. Positiver Nebeneffekt: Das Bewegungs- und Sinneszentrum im menschlichen Gehirn wird aktiviert; gleichzeitig wird die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit gesteigert.
„Heute sitzen wir auf einem Berg von Produkten, die teilweise Jahrzehnte alt sind, aber noch immer funktionieren. Aus diesem Grund muss sich ein neues Produkt heute stärker rechtfertigen, ersetzt es doch in der Regel ein altes. Aus dem Bewusstsein der Verbraucher entsteht bei den Herstellern Verantwortung“, summiert Diez.
Stefan Diez
Ursprung liegt im Handwerk: Nach alter Familientradition absolvierte er eine Tischlerlehre. Fünf Jahre später folgte ein Industriedesignstudium in Stuttgart. Noch als Student assistierte er Richard Sapper und Konstantin Grcic, um 2002 sein eigenes Münchner Studio zu eröffnen.