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Milan Design Week 2024 - Designflut

Milan Design Week 2024
Designflut

Vom 15.- 21. April herrschte in Mailand wieder der Ausnahmezustand. Internationale Designenthusiasten aus aller Welt pilgerten in die italienische Metropole, um sich von einer Flutwelle an Ausstellungen, Talks und Events überrollen zu lassen. Neben der Möbelmesse ‚Salone del Mobile‘ bietet die Stadt unter dem Namen ‚Fuorisalone‘ weitere Möglichkeiten Produktneuheiten, Designkonzepte und Studien vorzustellen.

Autorin: Annie Kuschel

Aufgestaut

Mit dem ständigen Gefühl etwas Sensationelles ausgelassen zu haben, ließ ich mich mit einer Vielzahl an Besuchern von einem Veranstaltungsort zum nächsten schwemmen. Im Stadtteil Brera, das Herz der Milan Design Week, bildeten sich dieses Jahr erneut unüberschaubar lange Warteschlangen. Die begehrten Ausstellungen verlangten meist eine Vorabregistrierung, ehe sie den Einlass gewährten. Mitarbeiter von Sicherheitsunternehmen überwachten den Eingang und ließen die aufgestauten Menschen in kleinen, abgezählten Gruppen ins Innere. „Nächstes Jahr mache ich eine Story über das Anstehen in Mailand“, sagte eine Besucherin mit Augenzwinkern. Humor hilft sicherlich beim Warten auf neue Produkte, spannende Materialien, durchdachte Gestaltung und auf den besonderen ‚Picture-Perfect-Moment‘ für Social Media.

Blick zurück nach vorn

Vor allem die Kombination von historischer Bausubstanz und modernen Objekten bot einen besonderen Reiz für Besucher. Davon ließen sich einige im Stadtteil Brera finden, die große Marken gerne zur Präsentation ihrer Produkte nutzten. Wie etwa das Palazzo Landriani aus dem 16. Jahrhundert. Hier stellte der deutsche Küchenproduzent Poggenpohl mit ‚Gravity of Light‘ Designstudien zu seiner ‚+Modo‘ Linie aus. In den historischen Räumen standen Küchenblöcke mit stimmungsvoll durchleuchteten Arbeitsplatten aus Naturstein. Ein in mehreren Millionen Jahren entstandenes Material in Kombination mit moderner Beleuchtungstechnologie, jedoch aktuell noch nicht in dieser Form am Markt erhältlich.

Mailand im Ausnahmezustand: Designer pilgern zur Milan Design Week, um sich von einer Welle an Ausstellungen und Events überrollen zu lassen.
Foto: Poggenpohl

Der Automobilhersteller Porsche nutzte das Spiel mit Alt und Neu in den Innenhöfen des im 17. Jahrhundert errichteten Palazzo Clerici. Mit seiner Kunst- und Designtour ‚The Art of Dreams‘ zelebrierte der Automobilkonzern dieses Jahr das klassische Pepita-Muster. Dieses nahm das Künstlerkollektiv Numen/For Use als Inspiration für ihre bekletterbare Installation ‚Lines of Flight‘ aus gespannten schwarzen und weißen Schnüren. Zusätzlich zeigte Porsche in Zusammenarbeit mit Vitra eine limitierte Möbelkollektion mit demselben Dekor, das bereits das Interieur des Porsche 356 und 911 zum Highlight werden ließ. „Das Muster ist mehr als nur ein Muster. Es ist ein kulturelles Erbe“, so Ragnar Schulte, Leiter Experimentelles Marketing bei Porsche.

Foto: Annie Kuschel

Etwas anders ging es der Leuchtenhersteller Occhio an und präsentiert in seinem Showroom auf der Milan Design Week, eine Neuinterpretation eines historischen Konzepts. Der intelligente Kronleuchter ‚Lunanova‘ verwendet Glaskugeln, mit der patentierten Fireball-Technologie die konzentrisch auf oder hängend von einer verspiegelten Scheibe angeordnet sind.

Foto: Laura Thiesbrummel

Unter einem Dach

Im Nachbarviertel 5Vie herrschte das Motto ‚Unlimited Design Orchestra‘. Hier präsentierten sich tendenziell kleinere internationale Brands und Gestaltungsbüros. Wie etwa im üppig gestalteten Palazzo Litta, in dem sich gleich sieben Ausstellungen das Gebäude aus dem 17. Jahrhundert teilten. Unter ihnen das Sitzmöbel ‚Salvage‘ von Jay Sae Jung Oh. Für dieses Projekt sammelte die in Seattle lebende Designerin weggeworfene Objekte und fügt sie mittels einer Schicht sich nahtlos aneinanderreihender Lederschnüre zu einem Gesamtobjekt zusammen. „Ich möchte dass Menschen die Dinge, die sie besitzen wertschätzen“, so die Gestalterin.

Mailand im Ausnahmezustand: Designer pilgern zur Milan Design Week, um sich von einer Welle an Ausstellungen und Events überrollen zu lassen.
Foto: Annie Kuschel

Einige prachtvolle Säle weiter stellte das Münchner Label Curious Boy seine farbenfrohen Möbel und Wohnaccessoires aus. Mit ‚Madame Le Roi‘ zeigte der Münchner Designer Markus Benesch ein Multifunktionales Möbel. Befindet sich die Tischplatte im senkrechten Zustand dient sie als Rückenlehne eines Stuhls, waagrecht als Tisch. Die bunten Kunststoffeinsätze lässt Benesch händisch einfärben. Und um ressourcenschonend mit Material umzugehen, produziert Curious Boy nur, was bestellt wird.

Foto: Curious Boy

Vor den Toren der Stadt

Fünfundzwanzig Minuten Bahnfahrt vom Stadtzentrum der Milan Design Week entfernt, in dem Vorort Varedo hatte sich die Designplattform Alcova in die Villa Borsani aus dem Jahr 1945 und die Villa Bagatti Valsecchi aus dem neunzehnten Jahrhundert eingemietet. Dort zeigte sie über siebzig selektierte internationale Austeller. Unter ihnen selbständige Gestalter, innovative Marken, Galerien, kulturelle Einrichtungen und Möbelfirmen. Die siebte Ausgabe von Alcova fiel etwas kleiner aus als noch 2023, das mag an dem Fassungsvermögen der beiden Gebäude liegen. In beiden Örtlichkeiten herrschte trotz des regen Andrangs eine entspannte Stimmung. Mit einem halben Tag Zeit ließen sich beide Ausstellungen gut besichtigen, und es blieb noch genug Zeit für einen Rundgang in den großen Gärten sowie die Teilnahme an einem Workshop oder Talk.

Mailand im Ausnahmezustand: Designer pilgern zur Milan Design Week, um sich von einer Welle an Ausstellungen und Events überrollen zu lassen.
Foto: Annie Kuschel

Zukunftsorientiert

Weitere Kleinserien und Einzelstücke sowie Nachwuchsgestalter, fanden Designinteressierte gleich in mehreren Stadtbezirken Mailands. In Isola etwa, stellten junge Marken und Hochschulen unter dem Motto ‚This Future is Currently Unavailable‘ aus. „Dieses Jahr möchte Isola beweisen, dass Design als ein Kraftwerk dienen kann, um reale Probleme dieser Welt zu lösen“, erzählt Gabriele Cavallaro, Mitgründerin und CEO der Isola Design Group. Auch das Kulturzentrum Base im Tortona Viertel war wieder am Start. Zu der Aussage ‚We will design‘ fanden auf circa 4000 m2 Fläche Besucher experimentelles und forschungsorientiertes Design. Wie etwa das britische Royal College of Art zum Thema ‚Being With-In‘, das mexikanische Institut für Technologische und Höhere Studien Monterrey mit dem Schwerpunkt ‚Weightless Visions‘ oder die slowenische Universität Ljubljana mit dem Fokus auf ‚Echos of Tomorrow‘. Auch Deutsche Jungdesigner waren in der Hauptstadt der Lombardei vertreten.

Der Rat für Formgebung stellte prämierte Arbeiten seines Wettbewerbs ‚one&twenty‘ in Brera aus. Mit dem Format unterstützt die Stiftung Designstudierende und Newcomer indem sie ihnen eine Präsentationsfläche bietet. Das Duo Jonathan Stein und Lion Sanguinette, gewann die ‚Best of Best‘ Auszeichnung und zeigte ihr Open Source Projekt ‚Opencyclone‘. Dies entstand im Rahmen eines Semesterprojekts an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein. Mit ihrer online Plattform möchten sie es Nutzern ermöglichen, Produkte eigenständig oder in Kollaboration mit kleinen Firmen regional zu produzieren.

Foto: GDC

Was ist und was kommt

„Und was ist dein Highlight?“, fragte mich eine Kollegin. Es fällt mir schwer, ein einziges Highlight in den Massen an Bezirken, Ausstellungen, Projekten und Produkten herauszuarbeiten. Zusammenfassend lässt sich jedoch sagen, dass Authentizität, Vertrauenswürdigkeit, Nachhaltigkeit und Kollaborationen weiterhin Themen sind, mit denen sich Unternehmen auseinandersetzen müssen. Besonders im Hinblick auf die Ansprüche einer immer kaufkräftiger werdenden Generation Z. Die nächste Ausgabe der Milan Design Week findet vom 07.-13. April 2025 statt. In Zeiten des Umbruchs bleibt es spannend zu beobachten, welche Produkte sich am Markt etablieren, welche Ideen und Konzepte sich umsetzen lassen und schlussendlich, wie sich die Veranstaltung als Ganzes den Ansprüchen, Umständen und Veränderungen unseres Jahrzehnts anpasst.

Lesen Sie unsere Messe-Review hier:

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