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Honorar verhandeln: Wenn Kunden mit spitzem Bleistift rechnen

Wenn Kunden mit spitzem Bleistift rechnen
Honorar verhandeln

Branchenkollegen teilen Praxistipps in Sachen Honorar verhandeln, von denen auch jüngere Kreative profitieren. Was preissensible Bauherren während einer Verhandlung jedoch von keinem Planer hören wollen, ist: Tja, Qualität hat ihren Preis. Das geht besser!

Honorare kalkulieren ist nicht Ihre Lieblingsdisziplin? Da sind Sie nicht allein. Früher war die Leistungserfassung nach HOAI klar geregelt. Doch seit der Novelle 2021 dient sie nur noch zur Orientierung. Planer sind nun verpflichtet, Interessenten darüber aufzuklären, dass sie höhere Honorare vereinbaren dürfen oder niedrigere.

Letzteres ist ungünstig, aber nicht selten, insbesondere wenn man auf Aufträge angewiesen ist. So höre ich häufiger aus der Architektur- und Innenarchitekturbranche, dass Kunden versuchen, Honorare zu drücken. Andererseits antwortet mir ein Interiordesigner schmunzelnd auf meine Frage, wie er denn vorgeht beim Honorar verhandeln: „Ich habe mich noch nie an die HOAI gehalten und Kunden akzeptieren meine höheren Preise.“

Warum also knicken die einen ein und die anderen nicht? Zwei Innenarchitektinnen und zwei Architekten erzählen, wie sie ihre Honorarvorstellung mit Erfolg durchsetzen. Und was sie tun, wenn es nicht funktioniert.


Wie haltet ihr es mit dem lieben Geld? Vier Stimmen zum Thema Honorar verhandeln:

1. Britta Weißer, Innenarchitektin

arbeitet für Geschäfts- sowie Privatkunden: www.brittaweisser.de

Die eher technisch gehaltene HOAI hat Privatkunden oft erschreckt. Daher rechne ich nach Stunden ab, etwa Farb- und Stilberatungen oder Wohnpsychologie. Der Zeitaufwand ist nicht immer abschätzbar. Während Corona habe ich zwei Paketangebote entwickelt, die ich erläutere und mit Bildern gestalte. Small: Eine Stunde Onlinemeeting, Vor- und Nachbereitung. Large: Zwei Tagessätze, Treffen und Skizzen zu Grundriss sowie Moodboards. Die Angebote werden sehr gut angenommen, das große sogar öfter. Daraus entwickelt sich manchmal ein umfangreicher Folgeauftrag.

Das No-Go bei Verhandlungen?

  • Mit dem Preis heruntergehen macht unglaubwürdig, dann besser eine kleinere Leistung vorschlagen. Nichts persönlich nehmen und keinesfalls gekränkt oder beleidigt sein, wenn der Kunde nein sagt.

Verhandlungstipps:

  • Offen den eigenen Prozess und die Arbeitsweise kommunizieren.
  • Selbstbewusst sein und Aufträge nicht um jeden Preis annehmen. Das spürt das Gegenüber und bringt Dich in eine schlechte Verhandlungsposition. Die einzige Ausnahme wäre, ein Herzensprojekt günstiger anzubieten, um eine erste Referenz zu haben. Danach könnte es aber schwierig sein, angemessene Honorare zu etablieren.
  • Hör auf Dein Bauchgefühl.

2. Tabea Theis, Innenarchitektin

plant für Privat und Gewerbe (Ladenbau, Büroplanung, Gastro): www.tabeatheis.de

Da ich nicht alle Leistungsphasen anbiete, rechne ich nach Stunden ab. Mir war das Prinzip „hohe Bausumme – hohes Honorar“ immer suspekt. Zumal ein kleines Projekt trotzdem arbeitsintensiv sein kann. Ich schnüre lieber individuelle Angebote als Leistungspakete, weil Projekte und Wünsche so unterschiedlich sind. Wenn der Kunde im Vorfeld einen Festpreis möchte, schätze ich das Projekt aufgrund meiner Erfahrungen ab. Dann veranschlage ich eine Stundenzahl, um auf eine Summe zu kommen. Das einzige Paket, das sich bewährt hat, ist die 90-minütige Kurzberatung für zu Hause inklusive geballtes Fachwissen und Materialempfehlungen für 249,– € netto.

Erfolgreich verhandeln:

  • Wenn jemand meine Preise drücken will, reduziere ich den Leistungsumfang, z. B. statt einer aufwendigen 3D-Planung nur ein 2D-Konzept mit ein paar Inspirations-Bildern. Ich bin schnell und gut, daher bleibe ich bei preissensiblen Kunden freundlich, aber bestimmt. Niemand muss mit mir zusammenarbeiten, das ist doch okay.

Verhandlungstipps:

  • Bleibe authentisch und sei dir deiner Stärken bewusst, ohne überheblich zu sein. Gib Kunden die Sicherheit, dass Du der Beste für die gewünschte Leistung bist. Sei aber auch ehrlich, wenn du auf einem Gebiet vielleicht noch nicht viel Erfahrung hast.
  • Hör auf Dein Bauchgefühl. Die Kunden, die am Anfang schon den Preis drücken wollen, sind in der Regel auch die, die dir später eine Menge Ärger machen. Trau dich, Dinge abzusagen, auch wenn du noch nicht von Aufträgen überrannt wirst.
  • Schraube nicht am Preis, sondern sei kreativ im Leistungsumfang. Biete einfache und weniger arbeitsintensive Lösungen an.

3. Waldemar Weis, Architekt

plant Wohnhäuser für Privatkunden, sein Fokus liegt auf ökologischer und wohngesunder Sanierung: www.wedo-x.de

Die HOAI dient als Orientierung und zur Kalkulation für meine Leistungspakete. Aus meiner Sicht ist es fair für beide Seiten. Bei den Honorarnebenkosten komme ich Kunden sehr entgegen, wenn sie beispielsweise bereit sind, digitale Medien zu nutzen. Dadurch bin ich selten bis gar nicht vor Ort, da ich keine Werkplanung und Bauleitung anbiete. Paketangebote habe ich für Teilleistungen z. B. Machbarkeitsprüfung, Visualisierungen, Wohnflächenberechnung. Das wird gut angenommen, weil es für den Kunden nachvollziehbar ist, Beispiel: Wohnflächenberechnung x Stunden = xxx €.

Das No-Go bei Verhandlungen?

  • Auf keinen Fall den Eindruck vermitteln, dass man das ganze Spektrum von A bis Z abdecken kann. Etwa von Krankenhaus über Opernsaal über Einkaufsmall zu wohngesundem Einfamilienhaus, Material- und Lichtkonzept etc. Keiner kann alles leisten! Das Profil sollte für den Kunden klar ersichtlich sein. Dies gelingt nur, indem man sich in einem Bereich zum Experten spezialisiert.

Verhandlungstipps:

  • Überlege im Vorfeld, was der Kunde will, zu wollen glaubt und braucht. Nach der Zusage finde heraus, was er sich leisten kann.

4. Mario Schwary, Architekt und Gründer Studio Helmut Luck

arbeitet für B2B-Kunden. Er ist spezialisiert auf Branding im Raum, Markenwelten und Corporate Architecture: www.helmutluck.com

Zu 98 % berechne ich eigene Preise. Denn bei kleineren Projekten mit nur einer Leistungsphase, die aber intensiv bearbeitet wird, greift die HOAI nicht. Das trifft auch auf spezielle Aufgaben wie Markenentwicklung im Raum zu. Für Kunden kalkuliere ich das gesamte Projekt als Paket. Dafür sollte man sich gut auskennen und im Angebot auch die einzelnen Arbeitsschritte genau aufführen. So kommt es später nicht zu Diskussionen, wenn ich wir das Honorar verhandeln. Ist der Umfang des Projekts aber schwer einzuschätzen, schnüre ich gerne Tagessatz-Pakete, z. B.: 1–8 Tage = xxx €/Tag, 9–18 Tage = xxx €/Tag, über 19 Tage = xxx €/Tag.

Umgang mit preissensiblen Kunden:

  • Es ist selten, dass Kunden Honorare drücken wollen. Man sollte allerdings die Preise seiner Konkurrenten kennen, um ggf. Argumente zu entkräften. Sind Honorare höher als der Durchschnitt, sollte es dafür auch plausible Gründe geben. Ich passe Honorare der Aufgabe, Verantwortung, meiner Arbeitserfahrung und Expertise an.

Verhandlungstipps:

  • Kenne den durchschnittlichen Marktpreis deiner Arbeit. Platziere dich realistisch, aber am oberen Ende! Lerne, Preise zu ankern.
  • Deine Argumentation sollte auf deiner Expertise, der zu tragenden Verantwortung und deiner Erfahrung basieren. Spezialisiere dich.
  • Versuche nie der Günstigste am Markt zu sein. Bleib gelassen bei Absagen.

Die Autorin Ute Latzke ist Kommunikationsexpertin für die Architekturbranche, Autorin und Bloggerin. Sie konzipiert Texte für Websites und Fachmedien. Als empathische Komplizin hilft sie ihren Kunden, authentisch zu kommunizieren und digital sichtbar zu werden.
 
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