Tilla Goldberg berichtet, welche Folgen die zweite Verschiebung des Salones auf ihre Arbeit hat. Die Industriedesignerin und Geschäftsführerin bei der Ippolito Fleitz Group beobachtet kritisch die weitere Entwicklung der Pandemie.
Wie wirkt sich die zweite Verschiebung des Salone für Sie als Designer auf Ihre Arbeit bzw. Auftragslage aus?
Tilla Goldberg: Die Absage des Salone 2020 war ein Biest! Wir waren für drei große, schöne Inszenierungen beauftragt, auf die wir lange hingearbeitet haben. Zwei Messestände für große Kunden auf dem Salone selbst und den Launch unserer Teppichkollektion für Object Carpet bei Ventura Centrale in der City. Aber wie so oft wurde letztlich aus der Not der Absage eine Tugend, und wir haben es geschafft, die Messeauftritte in digitale Kommunikation zu verwandeln, die richtig Spaß macht.
Im Fall der Teppichkollektion für Object Carpet war eines der Resultate ein Kurzfilm mit der bekannten Modefotografin Monica Menez als Regisseurin. Der ursprüngliche Auftrag wurde also von einer stark räumlichen Inszenierung in eine digital erfahrbare Kommunikation mit ebenso großer oder vielleicht noch größerer Reichweite und Merkfähigkeit umgewandelt. Daher trifft uns die zweite Verschiebung des Salone – zumindest aus professioneller Sicht – nicht so sehr.
Was macht den Salone aus? Was fehlt Ihnen?
Tilla Goldberg: Natürlich fehlen vor allem die Begegnungen. Mit Menschen und mit Möbeln. Und die Stadt Mailand selbst. Die geplanten – und die ungeplanten – herrlichen Lunches, Dinners, Barabende. Die überraschenden Inspirationen. Wir sind lebendige Menschen, wir sehnen uns nach dem Erleben der „echten Welt“. Das können die schönsten Pixel nie ersetzen. Und wir sind Designer und Innenarchitekten, die Räume lieben, körpernahe Formen, Materialien, Oberflächen, Farben, Licht …
Hat er an Strahlkraft verloren?
Tilla Goldberg: 2019 haben sich viele die Mäuler darüber zerrissen, dass der Salone zu voll geworden sei, dass man die Möbel vor lauter Menschen nicht mehr sieht. Aber 2021/22 hungern wir doch wieder danach. Aber ja, es wäre gut, wenn das Format wieder professioneller würde und weniger Touristen-Highlight.
Planen Sie, im Herbst nach Mailand zu reisen?
Tilla Goldberg: Es hängt so viel von der weiteren Entwicklung der Pandemie ab. Also planen wir noch nicht. Ich befürchte, dass es sich im Herbst noch nicht richtig gut anfühlen wird, sich mit Zehntausenden Menschen durch enge Gänge zu drängeln. Aber wir schauen definitiv mit sehnsüchtiger Erwartung auf 2022!
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Tilla Goldberg
Nach ihrem Studium des Produkt- und Industriedesigns an der Kunstakademie Stuttgart, sammelte Tilla Goldberg Erfahrungen durch eine Mitarbeit bei Ross Lovegrove in London sowie bei Nick Dine (Dinersan) in New York City. Die diplomierte Industrie- und Produktdesignerin ist Mitglied der Geschäftsleitung bei der Ippolito Fleitz Group, Stuttgart. Dort ist sie zudem Director Product Design.