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 J*Gast setzt Maßstäbe

Kollektiv hinterfragt gängige Fertigungsstrategien
J*Gast

J*Gast hat sich Großes vorgenommen. Die erste parametrisch entwickelte Küche beendet die Herrschaft der Korpusmöbel und setzt Maßstäbe in Sachen Materialeinsparung und Ästhetik.

Autor Oliver Herwig

Alle wollen eine ganz besondere Küche. Doch so persönlich sie auch aussehen mag, hinter all den schicken Blenden, Dreh- und Schiebetüren, Klappen oder Rollläden stecken oft nur Spanplatten und ein gnadenloses Raster. Das gängige moderne Modell besteht aus Korpussen, deren einzelne Segmente in Standardmaßen wie Legosteine aneinandergereiht sind. Unterschränke sind in der Regel 60 cm breit und 60 cm tief. Jeder Korpus besteht aus Seitenteilen und einer festen Rückwand.

Optional kommen Zwischenböden, verstellbare Fachböden, Fächer und eine Vorderfront dazu. Alles ruht auf einem meist verborgenen Unterbau. Der Vorteil: Hier passt alles zusammen, die Spüle von Hersteller X garantiert zum Unterbaugeschirrspüler Y und selbst jeder Ofen jeder Marke lässt sich frei in der Geometrie der Küche platzieren. Niemand hat sich bislang daran gestört, dass mit jedem Korpus Wand an Wand steht und so Material verschwendet wird. Doch wie sollte es auch anders gehen?

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Foto: Daniel Samer

Kunst der Fügung

Das haben sich die Designerin Ana Relvão, die Gestalter Jan Heinzelmann und Gerhardt Kellermann sowie die beiden Unternehmer Sven Petzold und Tobias Petri (Inhaber des Münchner Interiorstudios Holzrausch) auch gefragt, als sie sich 2016 zusammensetzten, um das Thema anders zu denken: ohne starre Raster und klassische Korpusse. Freitag für Freitag saßen sie um einen Tisch im Münchner Gärtnerplatzviertel und tüftelten an einem inzwischen patentierten Rahmensystem, in das sich Elemente einklinken lassen.

Das lässt völlig neue Geometrien und Anmutungen zu. Die neue Küche verzichtet weitgehend auf geschraubte Verbindungen und bietet stattdessen Klasse und Leichtigkeit. Ein Klick, und schon löst sich die Rückwand, dank federnd gelagerter Kugelschnapper.

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Foto: Gerhardt Kellermann

Freiheit des Denkens

Dazu kommen hochwertige Materialien. Bereits der präzise gefräste Griffbalken zeigt, dass hier Massivhölzer dominieren, neben Echtholzfurnieren, Nano-Schichtstoffen, wie etwa Fenix, Metall, Terrazzo sowie Natursteinarbeitsplatten. Vollholz für Fronten mag nichts Besonderes sein, wohl aber die Konsequenz, mit der hier die ganze Küche als Möbel gedacht wird.

Hier gibt es keine Schauseite samt schamhaft verborgener Schwächen. Selbst die Rückwand ist edel ausgeführt in furniertem Echtholz, sodass alles auch frei im Raum stehen könnte und die Küche selbst zum hochwertigen Möbelstück wird. Dazu gehört das freie Spiel der Fronten sowie die Auswahl an unterschiedlichen Farben.

Wie kam es zu dem seltsamen Namen: J*Gast? Da muss Tobias Petri, der durch den neuen Showroom in der Münchner Blumenstraße führt, kurz lachen. „Wir saßen regelmäßig in einer angemieteten Wohnung im Gärtnerplatzviertel und brauchten dringen ein Klingelschild.“

Also warfen sie solange ihre Vornamen zusammen, bis J*Gast entstand, ein Akronym aus Jan (Heinzelmann), Gerhardt (Kellermann), Ana (Relvão), Sven (Petzold) und Tobias (Petri). Bewusst treten die fünf als Kollektiv auf, das gewohnte Bezeichnungen wie Autorendesign hinter sich lässt.

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Foto: Gerhardt Kellermann

Experimentieren, Handwerk, Design

Das Team vereint Designwissen, spielerisches Experimentieren und handwerkliche Meisterschaft. Für letzteres stehen Sven Petzold und Tobias Petri: Als Geschäftsführer von Holzrausch bringen sie ihre Erfahrung ein, die sie mit Küchenkunstwerken aus Echtholz in den letzten Jahrzehnten gewannen.

J*Gast aber bietet zugleich die geballte Designkompetenz dreier Experten, die sich im Studio von Konstantin Grcic kennen- und schätzen lernten: Jan Heinzelmann, Gerhardt Kellermann und Ana Relvão. Zusammen erst wird die Synthese aus Handwerk und Design, Auge und Hand, Systemdenken und unbändiger Lust, als Systemsprenger etwas ganz Neues zu wagen, verständlich.

Das freie Spiel der Elemente

„J*Gast entstand nicht über Nacht, es wurde Schritt für Schritt entwickelt, getestet und perfektioniert – nicht zuletzt als Probestück in der Wohnung von Ana und Gerhardt“, reflektiert Tobias Petri. Was hier auffällt, das freie Spiel der Elemente in einer dynamischen Front, lässt sich in immer neuen Kombinationen variieren.

Statt klassischem Raster hält eine große Freiheit Einzug. Mehr als 80 Küchen sind bereits ausgeliefert. Jedoch lassen sich in der tschechischen Fertigung jederzeit mehr Exemplare produzieren. Die einzelnen Elemente kommen als Flatpack in die Wohnung, wo die maßgefertigten Rahmen montiert und die einzelnen Elemente mehr oder weniger nur eingehängt werden.

Durch das revolutionäre System spart man rund 45 % Material im Vergleich zu konventionellen Korpus-Modellen. Weniger Material heißt zugleich weniger Transportvolumen und weniger Energieverbrauch. Tobias Petri rechnet das mal vor: Statt 84 Platten komme ihr Entwurf mit nur 44 aus. Das ist in der Tat eine Art „Neuerfindung der Einbauküche“ als ideale Verbindung industrieller Produktion, handwerklicher Detailfreude und ausgefeiltem Design.

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Foto: Gerhardt Kellermann

Ein System

Das macht sich bemerkbar beim Blick auf die kleinen, aber feinen Details: das clevere Innenleben der Schubladen etwa, in der Trenner einfach gesteckt wurden und ohne großen Aufwand verschoben werden können. Ähnliches gilt für die klare Teilung der Küchenfront durch den Griffbalken bis hin zur überwältigenden Zahl an Ausstattungsvarianten und Finishes bei Fronten. Sie bieten so ziemlich alles von Schichtstoff bis zu transparent lackiertem Vollholz. Und wer seine Einbaugeräte nicht offen präsentieren möchte, packt sie eben hinter Pocket-Doors. Alles gegossen in ein System.

Statement der Nachhaltigkeit

Das Konzept hat das Zeug zu einer neuen, nachhaltigen Küchenära. Es schafft ein neues Segment zwischen einer maßgeschneiderten Schreinerlösung und der Standard-Industrievariante. Premium, nicht Luxus. Also eher BMW oder Audi als Bentley – und zugleich eine klare Abgrenzung zu den Highend-Einzelstücken von Holzrausch.

Im Münchner Showroom finden beide Welten ganz selbstverständlich zusammen, auch wenn sie draußen eigene Wege gehen. Platz genug bietet die Welt des Kochens jedenfalls, seit die Frankfurter Küche 1927 die Tür aufstieß zur Einbauküche und Margarete Schütte-Lihotzky mit ihr die Hauswirtschaft und das moderne Leben revolutionierte.

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