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Firmenkultur: Zusammenkommen in gemeinsamen Räumen

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Firmenkultur – früher, heute

Firmenkultur - früher, heute
Die offen gestaltete Leadership-Ebene im Learning + Innovation Center von Steelcase in München. Sie befindet sich im steten Wandel. Foto: Steelcase
Viel mehr als die Räumlichkeiten prägt der Geist des Unternehmens die Mitarbeitenden. Funktioniert das soziale Miteinander, ist es (fast) egal, wo man sitzt. Dennoch trägt das Zusammenkommen in gemeinsamen Räumen zur anfänglichen Vertrauensbildung bei.

Wissen ist Macht. Macht es etwas aus, wo es sitzt? In Zeiten, als es zentral im Firmenhauptquartier sein musste, wäre die Antwort klar gewesen: Immer da, wo der Kopf des Unternehmens sitzt. Kein Wunder, da es vor vielen Jahren noch durch die Büroetage schallte: „Müller! Ferngespräch!“. Der Telegrammbote transportierte kurze Nachrichten, die Rohrpost Akten.

Aber auch damals mussten sich Unternehmen örtlich aufteilen. Manche brachten ihre Firmenkultur in Form von Führungskräften samt Organisationsschreibtisch an die Standorte, so zum Beispiel die verblichene Fluggesellschaft Pan Am sogar weltweit mit ihren Stahlbürotischen. In jedem ihrer Büros saß in einer Ecke, erhöht über den Mitarbeitern, der Supervisor.

Dein Büro kann überall sein

Heute existieren Firmen, weit mehr verzweigt als die einstige Pan Am, ohne dass auch nur ein Blatt Papier den Ort wechselt. Bedeutet das auch, dass es gleichgültig ist, wo die Mitarbeitenden sitzen? Wenn man Sprüche wie „Dein Büro kann überall sein“ wörtlich nimmt, kann man jedes Unternehmen schnell ruinieren. Wenn man ihn aber anders liest „Was muss ich tun, damit mein Büro überall sein kann?“, öffnen sich Wege in eine Zukunft, in der der Standort keine Rolle für die Arbeitserledigung spielt. Aber selbst dann gilt der Spruch von Winston Churchill: „Wir formen unsere Gebäude, die dann uns formen“. Selbst nicht vorhandene Bauten formen vereinzelte Mitarbeiter.

Das Gegenstück zu isoliert werkelnden Einzelkämpfern heißt Team. Und Teams entstehen in dem guten Glauben, dass mehrere Köpfe besser denken als einzelne. Zu dem guten Glauben gehört auch die Überzeugung, dass die Arbeit der Zukunft hybrid sein wird, also ein Mix aus ortspräsenter und mobiler Arbeit. Dieser Mix bietet viele Vorteile für die individuelle Flexibilität und Optionen, die Arbeit räumlich unbegrenzt zu verteilen und mit externen Partnern zusammenzuarbeiten.

Firmenkultur mit Vertrauen

Soweit der Glaube. Bei der Gestaltung der Mischung müssen die Vorstellungen aber zwangsweise auseinandergehen. Denn die Büroarbeit kann zwischen dem Abarbeiten eines vorliegenden Schreibauftrags bis hin zur Schöpfung neuer Betätigungsfelder reichen. Dementsprechend unterschiedlich fallen die jeweiligen Rollen mobiler und ortspräsenter Arbeit aus.

Vertrauen, die fundamentale Währung bei der Bildung von Teams, lässt sich vermutlich kaum im virtuellen Raum erzeugen, weil die vier Phasen – Forming, Storming, Norming und Perfoming – die persönliche Interaktion voraussetzen. Diese lässt sich mit Teammitgliedern, die als Briefmarke am Bildschirm erscheinen, nicht allzu gut realisieren. Deshalb ist und bleibt der Büroraum mehr als nur ein Behälter für Gruppen. Unabhängig vom gewählten Mix bilden Informationssysteme ein zentrales Element, indem sie die Mitarbeitenden kommunikativ vernetzen und Informationen bereitstellen.

Die angstfreie Organisation

Man kann sie nicht nur für diese Zwecke einsetzen, sondern verstärkt für die Entstehung und Pflege von „Organisational Memory“, besser bekannt als Wissensmanagement. Die Zielsetzungen praktischen Wissensmanagements gehen weit über die reine Versorgung der Mitarbeitende mit Informationen hinaus. Sie werden Mitgestaltende der Organisation. Das erzeugt nicht nur mehr Vertrauen, sondern auch psychologische Sicherheit. Amy Edmondson, Autorin des Bestsellers „Die angstfreie Organisation – Wie Sie psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz für mehr Entwicklung, Lernen und Innovation schaffen“, untersuchte exzellente Organisationen. Dabei stellte sie fest, dass sich diese vor allem dadurch auszeichnen, dass unter den Führungskräften und Mitarbeitenden eine kritische und konstruktive Konfliktkultur herrscht. 

Das Thema psychologische Sicherheit ist ein Dauerbrenner, seit Kurt Lewin 1939 seine „Leadership Theory“ veröffentlichte. Sie muss ständig neu definiert werden, weil es heute um Themen wie agile Führung oder Führung auf Distanz geht. Bei homogenen Gruppen wie einer Organisation aus weltweit verteilten Akademikern funktioniert das erstaunlich gut. Weil dort eine umfangreiche gemeinsame Arbeitskultur existiert, erfordert es lediglich standardmäßig vorhandene Kommunikationskanäle und Funktionen wie gemeinsam bearbeitbare Dokumente.

Muss man die Arbeitskultur erst erzeugen, gibt es vermutlich keine bessere Technik als das gute alte Bürohaus. Dessen herausragende Rolle bei der Kreativität der darin Arbeitenden hat einer dokumentiert, der jeglicher Werbung für das Bürogebäude unverdächtig ist. Der Autor des 1987 erschienenen Buchs „Peopleware“, Tom DeMarco, war Softwareentwickler und technikgläubig. Der Name seines Buchs ist die Fortschreibung von Hardware, Software … eben Peopleware. DeMarco betrachtet den Menschen in seinen unterschiedlichen Rollen und diese in ihren gegenseitigen Abhängigkeiten: Die Menschen, die in einer Organisation arbeiten, prägen die Firmenkultur ebenso wie es dem Arbeitsumfeld gelingt. Andersherum prägen die Bedingungen des Arbeitsumfelds und die Firmenkultur den Menschen und seine Leistung.


Kolumnist Ahmet Çakir ist Inhaber und wissenschaftlicher Leiter des Ergonomic Instituts für Arbeits- und Sozialforschung in Berlin und Gutachter.

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