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Spa-Projekte sind seine Leidenschaft. Der Innenarchitekt René Pier im Gespräch.

Spa-Projekte sind seine Leidenschaft. Der Innenarchitekt im Gespräch.
René Pier

Der Stuttgarter Innenarchitekt hat weltweit Spa-Projekte realisiert und international viele Wellness-Bereiche gesehen. Trotz Prestigeobjekten, etwa auf einer früheren Privatinsel von Marlon Brando, hat er die Bodenhaftung nicht verloren.

Interview Katharina Feuer

Sie haben schon weltweit Spa-Projekte realisiert. Woran arbeiten Sie gerade?

René Pier: An einem Projekt in Athen. Der neoklassizistische Bau aus dem 19. Jahrhundert soll ein Hotel für das ganzheitliche Wohlbefinden werden. Das Objekt ist teilweise gut erhalten. Das geht so weit, dass die original Seidentapeten überlebt haben. Das Gebäude liegt in einer engen Gasse und bietet trotz seiner zentralen Lage in der Altstadt Athens ein hohes Maß an Privatheit. Hier soll ein Hideaway für Kontemplation entstehen.

Das hört sich an, als ob Sie sich bei Ihren Projekten auch mit städtebaulichen Themen, der Umgebung und der Geschichte beschäftigen.

René Pier: Unbedingt. Es geht immer auch um die Geschichte eines Gebäudes. Dieses Objekt hat bereits seine eigene Historie. Da muss man nichts dazu dichten oder etwas Neues erfinden. Es benötigt keine weitere Dekoration, wie beispielsweise Buddhas, die sinnentleert zweckentfremdet werden. Die Herausforderung bei diesem Projekt wird sein, herauszufinden, was erhaltenswert ist, um die Identität zu bewahren und wo man sanfte Eingriffe verantworten kann. Das ist das täglich Brot von uns Innenarchitekten: Wir müssen verschiedene Sprachen sprechen können.

Beispielsweise?

René Pier: Nun, ich beschäftige mich aufgrund der Seidentapete in dem Gebäude mit der Geschichte von Textilien. Man kann auch sagen, ich muss die Sprache des Materials sprechen. Ich erkundige mich über den Ort und seine Geschichte. Wer geht in diese Straße? Wie ist meine Zielgruppe? Das ist die Sprache der Psychologie.

Die Sprache der IT muss ich verstehen, um meine Projekte in aussagekräftigen Renderings zu präsentieren – zumindest sollte ich die Technik als Anwender verstehen. Und beim Spa muss ich vermehrt die Sprache der Medizin beherrschen. Denn hier verschiebt sich etwas hin zu mehr Gesundheitswirksamkeit.

Sie sprechen auch von einem Spa im Sinne des Gemeinwohls. Was verstehen Sie darunter?

René Pier: Damit meine ich kommunales Wellness. Orte, an die Max Mustermann gehen kann. Er hat vielleicht zu Hause eine Badewanne, eine Dusche. Aber er schwebt nicht im Salzwasser und ist nicht einem Hitzereiz von 90° ausgesetzt. Hier sollte man ansetzen. Eine Sauna ist nicht nur Privatsache, sondern sollte ein öffentliches Angebot sein; eine Aufgabe der Gesellschaft im Sinne der Daseinsvorsorge.

Was schwebt Ihnen konkret vor?

René Pier: Räume, die Menschen zusammenbringen. Räume, in denen Menschen sich wohlfühlen, in denen sie ins Gespräch kommen. Das Spa als sozialer Klebstoff. Wir sind keine Einzelwesen.

Solche Spas gibt es doch schon?

René Pier: Genau genommen spreche ich von einem geführten Volks-Spa, das die Menschen und ihre Gesundheit im Blick hat. Es muss eine Balance von Individualität und Miteinander geben. Einzelne Behandlungszimmer, die einen aber wieder in die Gemeinschaft entlassen. Das ist die Aufgabe eines Innenarchitekten: mit Räumen solche Begegnungen zu ermöglichen.

Haben Sie schon einige Projekte in dieser Form realisiert?

René Pier: Ich führe viele Gespräche. Wir haben konkrete Projekte in der Planung, aktuell auch in Stuttgart. Nach Budapest besitzt Stuttgart das größte Mineralwasser-Vorkommen Europas. Das weiß nur irgendwie keiner. Die Gelder sind bewilligt. Der Gemeinderat hat für die Umsetzung gestimmt. Wir warten auf die Verwaltung, um das Projekt zu starten und umzusetzen.

Bei der Schule in Oberhausen funktioniert es schneller.

René Pier: Auch hier arbeiten wir mit einem öffentlichen Träger zusammen und stellen uns den Aufgaben kameralistischer Haushaltsführung. Der kommunale Bau funktioniert anders als die Projektabwicklung mit privaten Investoren. Da habe ich mit meiner Büropartnerin noch andere verrückte Dinge erlebt, als wir rund um den Globus Spas realisiert und mit entsprechenden Kunden Kontakt hatten. In dieser Zeit musste ich aufpassen, dass ich nicht vergesse, woher ich komme und wer ich bin. Wir hatten ein Level erreicht, das nicht zu toppen war.

An welches Projekt denken Sie?

René Pier: Wir haben das Varua Polynesian Spa im 7-Sterne-Resort ‚The Brando‘ auf Tetiaroa gestaltet. Das Atoll gehörte einmal Marlon Brando. Hier treffen sich die Stars und Sternchen und fliegen mit dem eigenen Jet ein. Das ist eine völlig andere Welt. Wir haben aber auch Spa-Projekte in Russland, China und Frankreich bearbeitet. Das stetige Wachstum endete 2013, da unsere Partner nicht weiter expandierten.

Eine Zäsur. Was haben Sie im Anschluss gemacht?

René Pier: Wir mussten schnell feststellen, dass das Spa-Geschäft in Deutschland sehr geschlossen ist. Vier oder fünf Büros teilen den Markt unter sich auf. Da hatten wir wenig Chancen. Deswegen freut mich ein Auftrag wie aus Athen.

Das Thema Spa und Wellness scheint Sie nicht loszulassen.

René Pier: Rückblickend mag das so wirken, aber das hat sich so ergeben. Meine Eltern haben mir zu Beginn meines Studiums eine Reise nach Istanbul geschenkt. Dort habe ich das erste Mal Hamamrituale erlebt. Man könnte auch sagen, das war die Initiation. (lacht)

Welche Bäderkultur beeindruckt Sie am meisten?

René Pier: Der heiße Dampf bzw. das orientalische Bad begeistern mich nach wie vor. Da kann ich länger liegen und lässig wegdämmern. Einfach bei mir sein. Aber auch die finnische Sauna fasziniert mich. Sie ist sehr heiß, sehr authentisch. Die Finnen essen, trinken, reden und lachen in der Sauna. Das wäre in Deutschland undenkbar. Hier wird man ja schon schief angeschaut, wenn man zu laut flüstert.

Was sollte man bei der Badgestaltung beachten?

René Pier: Das geht weit über die Schritte Planen, Bauen, Installieren und Betreiben hinaus: Ich empfehle Systeme zu verbauen, die über eine Software-Schnittstelle verfügen. Damit sichere ich mir die Option für verschiedene Rauminszenierungen. Eine angemessene Investition in die Hardware und in die Software scheinen mir wichtig. Mit einem Smart Private Spa wirkt das Bad jeden Tag anders.

Was ist für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Kunden essenziell?

René Pier: Der Kunde muss seine Wünsche klar äußern, seine Vorstellungen benennen können. Als Innenarchitekt muss ich Interesse zeigen, um Interesse zu wecken. Ich muss Fragen stellen. Wer sitzt vor mir? Woher kommt die Person? Was ist das Budget?

Mittlerweile wird eine solche Bedarfsanalyse schon während des Studiums thematisiert. Im Rahmen meines Ehrenamts beim European Council of Interior Architects (ECIA) setze ich mich für den Einsatz wissenschaftlicher Erkenntnisse in der Lehre ein.


Architektenkammer_Baden-Württemberg:_Portraits_in_Stuttgart._René_Pier
Foto: Felix Kästle AKBW

René Pier (Jg. 1964) studierte Innenarchitektur an der Fachhochschule in Trier und an der Kansas State University, USA. Im Anschluss gründete er sein Büro, das seit 2000 unter dem Namen Schienbein+Pier firmiert. Von 2016 bis 2018 war Pier Lehrbeauftragter an der HFT (Fachhochschule für Technik) in Stuttgart. Er ist Landesvorstand der Architektenkammer Baden-Württemberg und weltweit in der Branche vernetzt.

www.sp-id.de

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