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Elisabeth Ramm über KI im Designprozess bei Atelier Brückner

Welche Rolle spielt KI im Arbeitsalltag von Atelier Brückner?
Elisabeth Ramm

Konzept Designerin und Assoziierte Partnerin bei Atelier Brückner, Elisabeth Ramm, erläutert, wie die Arbeit mit KI ihren Designprozess verändert hat. Wo liegen Chancen? Gibt es Grenzen?

Interview: Katharina Feuer

Seit wann arbeitet Atelier Brückner als Gestaltungsbüro für Architekturen und Ausstellungen mit KI?

Elisabeth Ramm: Die ersten Schritte, mit KI-Tools zu experimentieren, haben sicherlich schon vor zwei Jahren begonnen. Dass wir Accounts kaufen und KollegInnen in verschiedenen Abteilungen von Architektur, Szenografie bis Grafik damit arbeiten, ist seit etwa einem Jahr der Fall. Es fühlt sich an wie die Explosion des Universums.

Wie fühlt sich so eine Explosion an?

Elisabeth Ramm: Wie ein Big Bang! Es geht alles wahnsinnig rasant. Man lernt ein Programm kennen, beispielsweise ‚Midjourney‘, und stellt gefühlt zwei Minuten später fest, dass ‚Stable Diffusion‘ möglicherweise ein noch potenteres Tool ist, das noch mehr Gestaltungsmöglichkeiten bietet. Dann kommen ständig neue Tools hinzu, die zum Beispiel Videos oder Animationen erstellen können, 3D-Objekte modellieren, Skizzen in 3D-Modelle übersetzen usw.

Mit welchen Programmen arbeitet Ihr Büro?

Im Moment hauptsächlich mit ‚Midjourney‘, ‚Stable Diffusion‘, Jasper, Notion, Genmo, ChatGPT, DallE, aber wir entwickeln diese Tools und probieren ständig neue aus.

Was hat sich dadurch an Ihrer Arbeitsweise geändert?

Die Arbeit mit KI hat viel mit Sprache zu tun. Wir müssen wieder lernen, genau und präzise eigene Vorstellungen zu formulieren: Materialien, Oberflächen, Licht und Raumbild. Das ist in gewisser Weise wie eine Kunstsprache. Als Konzept Designerin ergeben sich für mich neue Möglichkeiten, meine Ideen selbst zu visualisieren und zu präsentieren.

Sie sehen die KI als Bereicherung für den Entwurfsprozess?

Absolut. In einer Phase, in der es zunächst vor allem um die Ideen geht, kann ich schnell unterschiedliche Konzepte und Vorstellungen visuell anskizzieren. Das geht einfach. Ich kann Objekte einfügen, herausschneiden, einzelne Elemente im Raum variieren und verschiedene Stimmungen herstellen. Die Künstliche Intelligenz unterstützt mich dabei, eine Idee im Designprozess zu entwickeln und mit KollegInnen oder Auftraggebern in einer Rohform zu teilen.

Inspiriert die KI oder bildet sie nur die eigenen Ideen ab?

Ideengeber und Kreative sind aus meiner Sicht nach wie vor Menschen. Ich sehe die KI eher als Dialogpartner. Füttere ich das Tool – überspitzt gesagt – mit Müll, entsteht auch Müll. Aber klar, manchmal kommen auch lustige Resultate heraus, an die man im Vorfeld nicht dachte und die überraschend sind.

Wie sehen Sie die Zukunft?

Für mich ist es aktuell ein kreativer Booster! Ein Gamechanger in allen Bereichen. Wenn man davor keine Angst hat, sondern die Chancen sieht, dann ist die KI eine Bereicherung.

Welche Chancen sehen Sie denn?

Mir schwebt ein persönlicher Assistent vor wie ein sogenannter ,Digital Companion‘. Der kann echte Kollegen natürlich nicht ersetzen, wäre aber eine gute Ergänzung im Arbeitsalltag. Der digitale Sparring Partner greift meine Gedanken auf und spinnt sie weiter. In dieser Art Selbstgespräch respektive gedanklichen Iteration entwickeln sich Ideen, die anders, interessant, neu sind.

Ich spinne mal rum: Ich kann mir das für den gesamten Organismus von Atelier Brückner und generell für Agenturen vorstellen, dass man ein eigenes Office-KI-Brain trainiert. Es könnte auf Entwürfe, Konzepte, Ideen zurückgreifen, die bereits entstanden sind, und auf solche, die aktuell in verschiedenen Teams entwickelt werden: Ein Assistent, der Probleme und Lösungen sammelt, und sie allen zugänglich macht. Ein internes Netzwerk, das kreative Prozesse innerhalb unseres Organismus besser verzahnt und miteinander in Schwingung bringt.

In Bezug auf Ihr konkretes Aufgabengebiet – Konzeptentwicklung für Besuchererlebnisse (Visitor Experience Design) – was sehen Sie da in der Zukunft?

Konkret stelle ich mir vor, dass durch KI Besuchende einer Ausstellung zukünftig mit den Inhalten in Dialog treten und interagieren können. Das Erlebnis wird vielschichtiger, lebendiger und ist auf die individuellen Bedürfnisse und Interessen der jeweiligen Zielgruppen zugeschnitten.

Bei jedem Besuch gäbe es Neues zu entdecken und dabei erlebt jeder möglicherweise etwas völlig anderes. Das kann sich aus Besucherperspektive auf alle Elemente des Erlebnisses beziehen. Plötzlich entsteht eine völlig neue Dimension der Kommunikation, des Erlebens oder auch der Vermittlung von Inhalten in einem Raum. Auch der Raum definiert sich durch die Präsenz der BesucherInnen ständig neu. Als Gestalterin bin ich Möglichmacherin. Die BesucherInnen sind die Hauptakteure, die einen szenografischen Raum zum Leben bringen.

Aber wie kann man sicherstellen, dass die KI keine falschen Informationen oder schlichtweg Schmarrn erzählt?

Es müsste so sein, dass die KI nur in einem geschützten, begrenzten Raum agiert und ausschließlich den Input des Museums verwendet. Diese Informationen müssten von wissenschaftlichen Mitarbeitern und Kuratoren auf die Korrektheit der Aussagen geprüft sein. Aus diesem Grundgerüst – nennen wir es mal ‚Inhaltsmatrix‘ – würden Besuchende individuell ihre Antworten erhalten.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Das Jewish Museum in Sydney hat ein interessantes Projekt mit Überlebenden des Holocausts realisiert. In Interviews beantworteten verschiedene Protagonisten unzählige Fragen. Aus den Antworten entstanden mithilfe von künstlicher Intelligenz interaktive Biografien, mit denen Besuchende in der Ausstellung interagieren können. Im Ergebnis kann ich ein authentisches Gespräch mit Zeitzeugen führen. In Hinblick auf dieses sensible Thema ist die Anwendung der Technologie mehr als sinnig: Gerade künftige Generationen erhalten einen unverstellten Einblick in die Geschichte und die Erinnerung verblasst nicht.

Erkennen Sie ein Bild, das eine KI erstellt hat?

Ich würde sagen, ja. Zumindest bisher. Die Bilder haben eine besondere Ästhetik. Ich kann mir im Übrigen vorstellen, dass es hier – wie bei vielen anderen Themen auch – eine Gegenbewegung geben wird. Eine Wertschätzung althergebrachter Handwerkstechniken.

Zum Beispiel?

Von Hand erstellte Skizzen. Die Verwendung von Papier und Bleistift. Kleine Scribbles. Bei uns arbeiten wir immer auch mit physischen Modellen.

Haben Sie auch Bedenken? Wo sehen Sie Grenzen?

In meinem Bereich würde ich sagen, gibt es – noch – keine. Einfach, weil es Spaß macht, die Möglichkeiten auszukosten und zu schauen, was die vielen Tools alles können. Wenn man darauf Lust hat, gibt es kein Zurück mehr. Es ist eine Revolution! Naja ok, zumindest eine Evolution.

Vielen Dank für diesen Einblick, Elisabeth Ramm.

Weitere Interviews finden Sie hier


Elisabeth Ramm

Als Konzeptionerin bei Atelier Brückner mit Schwerpunkt auf Storytelling, Dramaturgie und Szenografie entwirft Elisabeth Ramm Ausstellungen auf inhaltlicher Ebene und entwickelt die passenden Raumbilder. Ihr Ziel ist es, komplexe Inhalte holistisch, immersiv und künstlerisch in den Raum zu übersetzen – ohne inhaltliche Qualität zu verlieren. Hierfür greift sie auf ein breites Wissensspektrum an konzeptionellen Strategien und inszenatorischen Mitteln aus den Bereichen Ausstellung, Theater, TV/Audiovision und Mediale Kunst zurück. Dabei helfen ihr der Bachelor in Medialer Kunst und der Master in Theater-Regie (beides an der Zürcher Hochschule der Künste). Entsprechend der Philosophie von Atelier Brückner ,Form Follows Content‘ bildet die Arbeit von Elisabeth Ramm das Fundament der Ausstellungskonzepte.

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