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Berthold Hoffmann

Heavy Metal: Koch- und Tafelgerät in Kleinserie
Berthold Hoffmann

Berthold Hoffmann fertigt für Generationen. Die Kochgeräte aus Eisen sind ebenso schön wie schwer und eignen sich bestens für den alltäglichen Gebrauch. Ein Werkstattbesuch in Nürnberg.

Autor Oliver Herwig

Berthold Hoffmann schafft Stücke für die Ewigkeit: Schwarze Küchengeräte, die schwer in der Hand liegen. Die Finger nehmen sie sofort in Besitz und streichen über den Rand der Pfannen und Bräter hin zu den plastisch geformten Griffen. Die Form entwickelt sich organisch und bleibt doch markant.

Hier ist nichts weichgespült. Das ist Heavy Metal und anders als das, was sonst in der Küche steht. 3,5 kg wiegt bereits die kleine Gusseisenschale, 8 kg die Gusseisenpfanne mit Deckel, 9 kg der große Gusseisentopf mit Deckel und 15 kg der ovale Fischbräter mit Deckel, getoppt nur noch vom 20 kg schweren Fondueset.

Sind die Teile nicht ein wenig zu schwer? Nein, entgegnet der Gestalter und Unternehmer, und erinnert sich an eine filigrane Dame, die zielstrebig auf die Geräte zuschritt, sie in die Hand nahm und gleich damit arbeiten wollte.

Berthold Hoffmann
Foto: Kathrin Koschitzk

Gestaltungsspielraum öffnen

Es stimmt: Die mattschwarzen Teile entfalten magische Anziehungskraft. Sie entstehen im Nordosten Nürnbergs. Das Atelier Berthold Hoffmann liegt in einer alten Metallwerkstatt im Hinterhof, erhellt von Leuchtstoffröhren und einem quadratischen Oberlicht. Der ausgebildete Gold- und Silberschmied arbeitet hier alleine, geradeaus die Schutzausrüstung fürs Schweißen, links an der Wand die sauber aufgereihten Hämmer und ein Amboss.

Berthold Hoffmann
Foto: Karina Hagemann

Mit Jeans, dunklem Hemd und eisgrauem Bart passt Berthold Hoffmann perfekt zu seinen Arbeiten, die über reine Gebrauchsstücke hinausgehen. „Beeindruckt hatten mich Plastiken von Henry Moore oder auch Norbert Kricke“, erinnert er sich an seine Anfänge vor über vier Jahrzehnten. Vor seinem Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg hatte Hoffmann eine Lehre als Goldschmied bei Carlo Dürselen in Münster absolviert.

Ihn begeisterten besonders architekturbezogene Arbeiten im privaten wie kirchlichen Umfeld, weshalb er die Lehre zum Gürtler abschloss. Die Akademie war ein großer Schritt. „Im Gegensatz zu der Mehrzahl meiner Kommilitonen, die die Berufsausbildung in der Fachschule für Gold-und Silberschmieden in Neugablonz absolviert hatten, begann ich das Studium ohne jegliche Vorprägung, was diesen Bereich der Gestaltung angeht“, erinnert sich Berthold Hoffmann, der zu Beginn über die thematische Festlegung des Studiengangs „etwas irritiert“ war.

„Aber letztendlich war es die Überzeugungskraft meines Professors Erhard Hössle, der mir durch seine Person und durch seine Arbeiten den gestalterischen Spielraum eröffnet hat.“ Diesen Spielraum war er gewillt auszufüllen.

Hoffmann Metallgefäße
Foto: Oliver Herwig

Der Weg zur Form

Seine Hände sind Bildhauerhände, mit denen er seine besonderen Geräte formt. Keine Zeichnungen, Hoffmann arbeitet sofort dreidimensional, treibt Metall und modelliert Formen aus Holz und Kunststoff, wie sie sonst für Ausbesserungsarbeiten an Autos verwendet werden. Schritt für Schritt arbeitet er sich an die endgültige Form vor, treibt Kupfer, fügt Holz und baut mit der Spachtelmasse die Übergänge von Boden, Wand und Griffen. Seine Serie ist reduziert und klar und erinnert an japanische Arbeiten.

Das mag sein, entgegnet Berthold Hoffmann, aber ein anderer Anker sind hellenistische Keramiken, die ihn im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe fasziniert hatten. Da ist tatsächlich etwas Archaisches, das mit Worten nur unzureichend zu beschreiben ist, eigentlich muss man die Stücke fühlen, heben, in die Hand nehmen.

Eisenguss ist eine uralte Kulturtechnik. Vom Modell wird ein Negativ gefertigt, aus dem schließlich das Werkzeug für alle weiteren Güsse entsteht. Hoffmann ist offen für neue Wege. So entstehen die Modelle neuerdings am Rechner, und die Modelle werden Schicht für Schicht aus Sand und Harzen im 3D-Drucker gefertigt.

Entsprechend perfekt fallen sie aus. Früher musste Berthold Hoffmann die meisten Stücke der Gießerei nachbearbeiten, also Kanten glatt schleifen und säubern. Das entfällt weitgehend.

Nur eines bleibt gleich: Nichts verlässt das Atelier, bevor es nicht von Auge und Hand geprüft wurde. Hoffmann ist Perfektionist, der die Stücke abschließend mit Leinöl bestreicht und im Ofen brennt. So erhalten sie ihre charakteristische Kohlenstoff-Patina.

Hoffmann Metallgefäße
Foto: Berthold Hoffmann

Arbeiten für die Ewigkeit

Die Arbeiten können Rost ansetzen, doch sobald sie wieder auf dem Herd stehen, versiegelt sie das Öl aufs Neue. So urtümlich sie wirken, sie sind ideal für Induktionsherde. Das gehe sogar bestens, bekräftigt der Mann, der bereits seit 1985 unter dem Label Hoffmann Metallgefäße Objekte in Kleinserie entwickelt und produziert.

Dafür erhielt er zahllose Auszeichnungen, darunter 2009 den Bayerischen Staatspreis, 2013 den 1. Preis für Angewandte Kunst auf der Zeughausmesse, Berlin, dann 2016 den German Design Award des Rats für Formgebung und jüngst erneut den Bayerischen Staatspreis 2022. Besonders eindrücklich war ihm New York, wo er 2019 auf Einladung der Rhett Butler Manufacturers die Arbeiten im Showroom in Manhattan präsentierte und der „General Society of Mechanics and Tradesmen of the City of New York“ in einem Vortrag nahebrachte.

Hoffmann Metallgefäße
Foto: Karina Hagemann

Berthold Hoffmann setzt auf Qualität

Doch warum ausgerechnet Koch- und Tafelgerät? Das seien doch „klassische Themen“ eines Silberschmieds, entgegnet Berthold Hoffmann. Küchengeräte seien gewissermaßen existentiell. Und dann sagt er noch etwas Entscheidendes: „Da ich als Künstler grundsätzlich frei bin, alles zu tun – oder zu lassen –, birgt das natürlich auch die große Gefahr, sich zu verlieren oder zu scheitern.“ Insofern arbeite er gerne in einem streng thematisch gesteckten Rahmen, also Koch- und Tafelgerät mit dem klaren Anspruch höchster Funktionalität.

„Ich sehe die Aufgabe darin, Dinge für den alltäglichen Gebrauch zu gestalten.“

Gute Gestaltung heißt bei ihm: neben der reinen Funktion Nutzern ein Objekt in die Hand zu geben, „das auch nur durch seine Formgebung bestehen kann.“ Seine reduzierten Arbeiten sind schlicht, eindeutig und liegen gut in der Hand. Sie geben etwas von der Energie zurück, die in ihre Herstellung floss.

Apropos: Das Vorwärmen der Teekanne bitte nicht vergessen, rät Berthold Hoffmann. Sonst wird der Tee gleich kalt. Das Eisen speichert zwar Wärme, entzieht sie aber auch schnell.

Weitere spannende Porträts hier

Webseite der Manufaktur Hoffmann Metallgefäße

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