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Corcrete von Studio Niruk

Materialexperimente von Nina Ruthe und David Antonin
Studio Niruk

Nina Ruthe und David Antonin möchten beim Entwerfen neue Wege beschreiten. Sie haben ein Händchen für Oberflächen und Werkstoffe, egal, ob Glas, Palmblätter, Metall oder ‚Corcrete‘ – eine bemerkenswerte Kombination zweier Materialien.

Autor Oliver Herwig

Nichts ist vor Nina Ruthe und David Antonin sicher. Sie quetschen Glas mit gusseisernen Waffeleisen, gestalten Türdrücker aus Porzellan und formen Kerzenständer aus Metall, die das Wachs nur durch Spannung halten. Das Duo von Niruk ist sich für kein Experiment und keine Extrarunde zu schade. Hauptsache, es eröffnen sich neue Perspektiven.

Corcrete
Foto: Thomas Wiuf

Nun steht auch für ihre Verhältnisse etwas völlig Anderes an, etwas, das David Antonin schon seit Studientagen verfolgt: Corcrete, eine Mischung aus Kork und Beton, die auf den ersten Blick an Gussstein erinnert.

Ein gesprenkelter, leichter Terrazzo, der Gegensätze harmonisch vereint: Leicht und doch stabil, spröde und streichelzart, warm und kühl zugleich. David Antonin erinnert sich an die Anfänge, als er „sehr unorthodox“ an Beton heranging, ihn mit Papier und Stoff mischte, um leichte Formen zu erhalten. Schließlich habe er „einen alten Korkuntersetzer zerbröselt, in Beton gegossen, aufgeschnitten und abgeschliffen.“

Ein langer Weg zu Corcrete

Das Ergebnis: Corcrete. Es gab nur ein Problem: Kork ist leichter und schwimmt auf dem Beton. Anfangs entstand also eine dicke Betonschicht mit Korkschredder obenauf. David Antonin ließ sich nicht entmutigen. Er machte weiter und dokumentierte jede Mischung akribisch. Der Designer veränderte die Zutaten, bis es funktionierte und ein neuer Stoff mit samtiger Haptik entstanden war.

NIRUK-KORK-by-THOMAS-WIUF-SCHWARTZ-1084.jpg
Foto: Thomas Wiuf

Doch ausgerechnet diese Mischung hatte er nicht aufgeschrieben. Also zurück auf Los. Dranbleiben. „Es hat noch ein paar Jahre gedauert, bis Corcrete so wurde, wie wir uns das vorgestellt haben“, sagt Antonin und blickt über den Tisch zu Nina Ruthe, bei der er 2013 als Praktikant begann und vier Jahre später Büropartner wurde.

Getroffen haben sie sich auf der Kölner Möbelmesse. „Das war quasi das erste Kennenlerngespräch“, erinnert sich die Designerin. „Und dann ging es los. Es war ja auch das erste Praktikum, das jemand bei mir gemacht hat. Ich dachte, dass ich Unterstützung gebrauchen könnte und Austausch. Gucken wir mal, ob es menschlich passt.“

Gestalterisches Experimentieren

Offenbar passte die Chemie, mehr noch. „Wir haben ganz oft bei gestalterischen Fragen gemerkt, dass wir identische Antworten haben. Wir mussten nicht viel sagen, sondern haben das Gleiche gedacht“, sagt Nina Ruthe. „Wenn ich meinte, probier‘ das doch mal aus, kam die Antwort: Ja, das habe ich schon gemacht.“

Am Anfang jedes Projekts steht das gemeinsame Brainstorming. Skizzen oder kleine Modelle, je nachdem, „was sich gerade für die Idee im Kopf am besten eignet. Manchmal bekommen wir aber auch eine Materialvorgabe oder wir legen uns auf einen Werkstoff fest und kommen über dessen spezielle Eigenschaften, Aussehen und Verarbeitungsmöglichkeiten auf Ideen.“ In jedem Fall verbindet das Duo Fachwissen und gestalterisches Experimentieren.

Studio Niruk
Foto: Thomas Wiuf

Studio Niruk: Zehn Jahre Zusammenarbeit

Seit zehn Jahren arbeiten Nina Ruthe (51) und David Antonin (32) nun schon zusammen. Ein eingespieltes Team. Mehr noch: zwei Menschen, die sich wortlos verstehen, wenn sie wieder einmal die Grenzen eines Materials austesten und neue Wege einschlagen. Feste Rollen gibt es nicht.

Unisono sagen sie: „Wir sind beide sehr offen für die Ideen der anderen Person und arbeiten gemeinsam die beste Idee aus.“ Vielleicht liegt es daran, dass sie beide in Krefeld studierten und sich von Kindesbeinen an mit gestalterischen Themen beschäftigen.

„Meine Mutter hat mich zur Kreativität gebracht“, sagt Nina Ruthe und liefert eine bemerkenswerte Definition: „Aus Nichts etwas Interessantes zu machen – das ist Kunst.“

David Antonin besuchte eine Jugendkunstschule. Dort konnte er „ganz frei und kreativ sein, Neues ausprobieren und in dieser offenen Atmosphäre arbeiten.“ Es scheint, dass sie dieses Umfeld im renovierten Dachstuhl ihres Studios bei Köln wiederaufleben ließen. Eine Mischung aus Werkstatt und Büro, hell und freundlich nach der Renovierung. Zwei Schreibtische, dazu große Arbeitstische, vor allem aber genug Platz, um auch einmal etwas stehen lassen zu können.

Augenblicklich arbeiten die beiden ohne Praktikantinnen. Dafür machen sie immer wieder Ausflüge an Unis und bieten Workshops zur Materialkunde an. Wer nachhaltig gestalten wolle, müsse sich einfach „mit Werkstoffen auskennen“. Zudem beraten sie große Unternehmen, gerade etwa Miele zum Thema nachhaltige Materialien und deren Anwendung in Produkten.

Nina Ruthe und David Antonin gehen auch sonst gerne in Werkstätten und Firmen, dorthin, wo es laut ist, wo es staubt und wo Menschen mit Materialien werkeln. Im Kontakt mit den Maschinen und dem Fachwissen der anderen formen sich Ideen. Woher kommt dieses Liebe zu den verschiedenen Werkstoffen, die sie fast schon systematisch durcharbeiten?

Bolia
Foto: Bolia

Wichtig sind Werkstätten

„Unser Wissen zu Materialien und deren Verarbeitung ermöglicht es uns, ganz neue Designkonzepte zu entwickeln, gezielt in Prozesse einzugreifen und alternative Wege zu gehen, die man sonst nicht gefunden hätte“, erläuter die Beiden.

Sie beschreiben den reduzierten, manchmal fast grafisch anmutenden Stil mit einer Flut von Eigenschaftswörtern: „Klar, emotional, elegant, gestalterisch relevant und besonders von Dauer.“ Diese ausgewogene Mischung klingt in Projekten wie dem konstruktiven Kerzenständer ‚Lily‘ für Bolia deutlich nach.

In Mailand stellten sie erstmals Leuchten vor. Einer der Entwürfe feiert die Schönheit des traditionell hergestellten Washipapiers der Firma Wood & Washi. Dann gibt es noch ihre Kooperation mit Hartis. Das belgische Unternehmen stellt für sie Corcrete her.

Corcrete
Foto: Alan Tensey

Aus dem Stoff entstanden bereits einige Möbel im New Yorker Headquarter des Sneakerherstellers Veja. Wandpaneele, Türen, und Sitzgelegenheiten sind ebenfalls in Planung.

Gibt es denn gar keine Schwäche im Team von Studio Niruk? Da schauen sich die Materialisten kurz an und sagen: „Das Vermarkten von Ideen ist nicht so unser Ding – wenn jedoch eine Idee einen Kunden findet, oder ein Kunde aufgrund unserer Arbeiten und Arbeitsweise auf uns zukommt und wir gemeinsam ein Projekt beginnen, dann ist das der Start für eine Zusammenarbeit.“

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