Nach einer Planungs- und Bauzeit von sieben Jahren sowie intensiven Abstimmungen zwischen dem brasilianischen Büro in Rio de Janeiro, den lokalen Architekten und einem engagierten Bauherrn ist der 2011 entstandene Entwurf von Oscar Niemeyer nun in Leipzig Realität geworden.
Niemeyer ist ein Meister der Kurven. Genau diese zeichnen die Lichtplaner von Licht Kunst Licht im Inneren und Äußeren der Oscar Niemeyer Sphere nach. Sie betonen die feinen Rundungen mit dem passenden Licht. Gleichzeitig entsteht dabei eine Atmosphäre zum Genießen und Erleben dieses außergewöhnlichen Ambientes.
Oscar Niemeyers Sphere
Überirdisch wirkt die weiß-schwarze Kugel der Sphere mit der Perfektion ihrer Form und Oberflächen und der stolzen Kompromisslosigkeit, die sich nicht erklären muss. Obwohl sie vorgibt in acht Metern Höhe nur zufällig auf der Ecke der fast 100 Jahre alten Backsteinhalle zu sitzen, ruht sie auf einem ziegelfarbenen Betonschaft, der bündig an den Gebäudekopf gesetzt wurde.
Zwei organisch geformte Ausschnitte öffnen die perfekte Betonhülle, geschlossen werden sie mit einem geodätischen Stahlmaßwerk, dessen 147 dreieckige Scheiben aus Liquid Crystal Glas sich der Sonneneinstrahlung entsprechend zur Verschattung schwarz färben lassen.
Perfekte Illusion
Die Illusion eines Architektur-Follys bleibt perfekt, da keine Treppe, keine Tür die Hülle an sichtbarer Stelle perforiert. Die Erschließung der Sphere erfolgt über den Betonschaft am Gebäudekopf, der eine Liftlobby und den zentralen Aufzug in die oberen Etagen birgt.
Die ziegelfarbene Betonoberfläche erstreckt sich auch in das Innere des Schafts und wird von Licht Kunst Licht sanft durch eine Lichtvoute beleuchtet, die in einem in Richtung der Aufzugstür geneigten Deckensegel integriert wurde. Die Decke wie auch das Licht haben eine wegweisende Funktion.
Barbereich der Sphere
Über den Aufzug erreicht man auf der unteren Ebene den Barbereich der Sphere. Eine Deckenvoute entlang des Perimeters der Kugel zeichnet die runde Grundrissform nach und blendet die gewölbte Weißbetonschale mit indirektem Licht ein. Vor der für Oscar Niemeyer so typischen roten Wand ist die Bar platziert.
Ein Kunstwerk von Niemeyer an der Rückwand sowie der Bartresen werden mit direktstrahlenden Einbauleuchten in Szene gesetzt. LED Downlights mit Warm-Dimm-Technik erlauben ein sehr goldenes und warmtoniges Licht. Bartresen und Regalböden an der Rückwand sind mit möbelintegrierter Beleuchtung versehen.
Lounge und Restaurant
Auf der Äquator-Ebene der Kugel befindet sich das Restaurant sowie die Lounge der Sphere, welche über eine innenliegende freischwebende Treppe von der Bar aus erschlossen wird. Das 100 cm hohe und 21,5 mm dicke Geländer aus VSG-Sicherheitsglas gibt Stufe für Stufe den Blick frei auf die offene Raumarchitektur. Während der Servicebereich des Restaurants im hinteren Bereich der Kugel mit einer eingestellten Wand umgeben ist, sitzt man tagsüber im vorderen, lichtdurchfluteten Restaurantbereich unter einer Glaskuppel mit wunderbaren Blickbezügen nach draußen.
Als Blend- und thermischer Schutz dienen Flüssigkristallgläser, die je nach Sonneneinstrahlung automatisch verdunkeln. Die 2,50 m hohe, eingestellte Wand trennt den Servicebereich vom Restaurant und zeigt eine der berühmten Strandskizzen von Oscar Niemeyer auf Azulejos gebrannt.
Programmierte Lichtszenen
Um den Lounge- und Restaurantbereich im Obergeschoss der Sphere für verschiedene Anlässe hausintern, aber auch zur Fremdvermietung nutzen zu können, bietet das Kunstlicht speziell für die Abendstunden verschiedene, einprogrammierte Lichtszenen an. Als Architekturlicht dient zunächst die Indirektbeleuchtung.
Justierbare, kleine Strahler sind im oberen Bereich der Trennwand integriert und beleuchten die innere Betonhülle, die wie ein weißer Reflektor fungiert. Weitere kleine Strahler sitzen im schwarzen Bodenlüftungskanal entlang des Perimeters der Kugel direkt neben der Glas-Stahlkonstruktion, um diese sanft mit indirektem Licht einzublenden. Ein weiterer Lichtlayer durch Miniaturstrahler an den Knotenpunkten der Stahlkonstruktion dient zur Direktbeleuchtung des Raumes und der Treppe sowie zur Inszenierung des raumgreifenden Wandbildes. Alle Strahler sind im Ausstrahlwinkel und Kippwinkel justierbar.
Intimes Licht
Um auch während der Abendstunden einen ungestörten Blick in den Leipziger Himmel genießen zu können, war es für die Lichtplanung wichtig, sowohl den Boden, als auch die Tische in einem dunklen Ton zu halten, um Rückreflexionen in den Glasscheiben zu vermeiden.
Im Restaurantbetrieb sorgen batteriebetriebene Tischleuchten für ein zoniertes, intimes Licht auf den Tischflächen, während die Deckenstrahler ein atmosphärisches Licht durch entsprechende Dimmbarkeit bieten. Für andere Veranstaltungen wie Vorträge oder Empfänge dienen die Deckenstrahler als Allgemeinbeleuchtung.
Außenbeleuchtung von Licht Kunst Licht
Ziel der Lichtplaner von Licht Kunst Licht war es, gerade in den Abendstunden die organische Form der Kugel in ihrer Ganzheit auch von außen erlebbar zu machen. Die Lichtvouten und die Indirektbeleuchtung im Innenraum zeichnen die außergewöhnlichen Volumina im Inneren der Sphere nach. Sie setzen die Wölbungen in Szene und erzeugen eine Tiefenwirkung sowie interessante Blickbezüge von außen in das Innere der Niemeyer Sphere.
Auf den Dächern montierte Gobo-Strahler illuminieren die weißen Betonschalen der Sphere und ein sanfter Lichtverlauf verleiht dem Beton eine für den Architekten typische Leichtigkeit. Sowohl das angrenzende Kesselhaus als auch die großen Fensteröffnungen in der Kugel werden durch Spezialmasken ausgeblendet, um damit Blendungen im Inneren zu vermeiden.
In den Abendstunden erweckt die Außenbeleuchtung den Eindruck, die Kugel schwebe im dunklen Nichts. Während das Äußere der Kugel bewusst in einer kühleren Lichtfarbe von 4.000 K strahlt, sind die Innenräume entsprechend der Funktionen mit warmem, einladendem Licht von 2.700 K – 3.000 K beleuchtet.
Niemeyers Hauptantrieb war immer die Aufmerksamkeit durch Andersartigkeit zu erlangen. „Ich will, dass die Leute stehen bleiben“, „Architektur ist eine Überraschung“ – all dies ist ihm auch mit seinem Spätwerk in Leipzig gelungen. Man kann nichts anderes tun als stehen zu bleiben und in den Himmel zu schauen – auf die scheinbar schwebende, glühende Kugel der Sphere.
Projektdaten
Bauherr: Kirow, Leipzig
Nutzer: Kantinenerweiterung auf dem Gelände der Techne Sphere
Leipzig
Entwurf: Oscar Niemeyer
Design Architekt: Ana Niemeyer Arquitetura e Consultoria LTDA – Jair Valera
Ausführender Architekt und Projektleitung: KERN Architektur UG, Leipzig –
Harald Kern
Lichtplanung: Licht Kunst Licht AG, Bonn/ Berlin –
Projektleitung: Martina Weiss
Team: Konstantin Klaas, Naiara Caballero, Thomas Möritz
Tragwerksplanung: Ingenieurbüro Förster + Sennewald Ingenieurgesellschaft mbH
Planungszeit: 2011 (Entwurf)
08/2013 – 08/2016 (Realisierung)
Bauzeit: 04/2017 – 06/2020
BGF: 218 m²
Leuchten:
Miniaturstrahler für Direkt- und Indirektbeleuchtung: XAL – ‚Just 32 Variable Focus‘
Lichtvouten, möbelintegrierte Beleuchtung: LED Linear – ‚Flex Venus‘; ‚Xooline‘
Downlights: Lucifer Lighting – ‚2 Series Pinhole Warmdim‘;
Alteme – ‚P11‘
Wandeinbauleuchte Treppe: Bega
Strahler Fassadenbeleuchtung: Opticalight
Flüssigkristallgläser: Merck licrivision©
Treppe: Spitzbart Treppen
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