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Nyta

Johannes Marmon, Johannes Müller – Nyta
Erfolgreich im Team

Firmen im Artikel
Wie die Hochschulabsolventen der HfG Karlsruhe Johannes Müller und Johannes Marmon zu Unternehmern wurden und mit ihrer Leuchtenfirma Nyta in kurzer Zeit durchstarteten.

Autor Oliver Herwig

Eine Firma gründen, mit nur einem Produkt. Das war eine eher hemdsärmelige Idee. Auf was sie sich da einließen, als sie 2012 die Leuchtenfirma Nyta gründeten, wussten Johannes Marmon (Head of Design) und Johannes Müller (kaufmännischer Geschäftsführer) natürlich nicht. Sie waren mutig, aber nicht blauäugig.

Schließlich hatten sie von Anfang an professionelle Partner: den auf Lichtplanung spezialisierten Architekten Fabian Maier sowie einen Vertriebsprofi. Gleich mit ihrer ersten Leuchte trafen sie den Nerv der Zeit. ‚Tilt‘ schlug ein. Und wie. Ein kegelförmiger Schirm, der sich frei um die Lichtquelle bewegen lässt und das Licht präzise lenkt. Einfach, geradlinig, sympathisch.

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Gleichberechtigt, aber mit unterschiedlichem Ansatz: Johannes Marmon (links, Schwerpunkt Entwurf) und Johannes Müller (Schwerpunkt Planung). Foto: Elias Siebert

Eine Neuerung im Jahr

Besonders Skandinavier lieben die Pendelleuchte, und das nicht nur, weil der Name der neuen Firma auch auf Schwedisch etwas hermacht: „Nytta“ heißt nämlich Nutzen. 2007 hatten sich die Absolventen der Karlsruher Hochschule für Gestaltung mit einem Büro für Produktdesign (jjoo design – nach den kombinierten Vornamen) selbstständig gemacht, bis sie nach fünf Jahren den nächsten Schritt wagten und Unternehmer wurden. Das ging ganz natürlich, so als würde man einen Song langsam runter- und den nächsten hochfahren.

Heute ist das Büro für Produktgestaltung stillgestellt und alle Kraft fließt in Nyta. Bekannt wurden sie für ihre Entwürfe, die mit Preisen geradezu überhäuft wurden. Im aktuellen Prospekt – mit nunmehr vier Einzelleuchten und einer ganzen Leuchtenfamilie ‚Tilt‘ – zeigen sie nur noch eine Auswahl der Auszeichnungen. Dafür erhielten die drei ursprünglichen Entwürfe – die technisch-klare ‚Tilt‘, (2014) die ultraleichte ‚Fade‘ (2014) sowie die eher feminine ‚Pretty‘ (2017) – mit der genial einfachen Akku-Leuchte ‚Pong‘ (2017) Zuwachs.

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Design mit gutem Aufhänger: ‚Pong Batter‘ von Nyta. Foto: Elias Siebert

Das Ziel lautete: eine Neuerung pro Jahr. Doch ‚Pong‘ hat alles durcheinandergewirbelt. Zweieinhalb Jahre Entwicklungszeit stecken in dem Entwurf des ehemaligen HfG-Kollegen Simon Diener. Eigentlich ging es um ganz einfache Dinge, die es dann doch in sich hatten: Akku und LED sollten austauschbar sein, damit die Leuchte möglichst lange im Einsatz bleiben kann. Mindestens 20 Jahre, so jedenfalls die Planung. Das hieß freilich, auch eine eigene Platine zu entwickeln.

Und plötzlich waren sie auf einem ganz anderen Niveau, was Komplexität, Detailtiefe und den Einsatz an Kapital betraf. Denn ‚Nyta‘ ist schlank.

Hands on – aber mit Augenmass

Fünf Mitarbeiter stemmen alles – vom Entwurf bis zur Endmontage und vom Wareneingang zum Warenwirtschaftssystem. Moderne Unternehmensführung, getreu dem Motto: designed in Germany, produced in Europe. Die Herstellung ist ebenso ausgelagert wie der Vertrieb.

Was in Karlsruhe-West geblieben ist, neben roh belassenen Decken und Aufputzleitungen sowie verschwenderisch vielem Licht, das durch die großen Scheiben förmlich hereinprasselt, das ist der Kopf des Unternehmens: Design und Verwaltung, die Endmontage und natürlich auch die Qualitätskontrolle. Viermal sind sie in Karlsruhe umgezogen. Vor einem Jahr in einen ehemaligen Supermarkt.

Hier können sie sich ausbreiten. Vorne ist ein Waschsalon, hinten eine Laderampe. Als erstes rissen sie die abgehängte Decke raus und verputzten die Stahlrippendecke darunter. Dann zogen sie Wände ein – mit dem Holz ehemaliger Messestände. Das Lager ist an der ehemaligen Fleischtheke, im einstigen Kühlraum steckt die Modellbauwerkstatt. Ein echter Glücksgriff für Karlsruher Verhältnisse, bekräftigen Marmon und Müller unisono.

Statt in einem Lager im Industriegebiet arbeiten sie nun in einem angesagten Viertel mit vielen Cafés und Kneipen. Selbst die Uni ist nicht weit weg, auch wenn das nun keine Rolle mehr spielt. Seit ihrem Umzug haben sie Platz im Überfluss.

Nyta: detaillierte Vorstellungen und Ziele

So viel, dass sie den Keller an einen befreundeten Fotografen abgaben, der in der ehemaligen Kabine des Marktleiters sein Büro aufgeschlagen hat. Rechts neben dem Nyta-Firmensitz mit separatem Eingang entstand sogar ein Atelier für Abendveranstaltungen und Produktpräsentationen. Hier kommen Architekten und Freunde des Hauses zusammen.

Marmon und Müller sind genau. Fast schon pingelig. „Manche Zulieferer sind an unseren Ansprüchen schon verzweifelt. Wir haben detaillierte Vorstellungen und Ziele.“ Dazu kommt allerdings ein guter Schuss Pragmatismus. Statt in vielen Arbeitsstunden 1:1-Modelle zu bauen, die letztendlich doch nicht so umgesetzt werden, spielen sie sich gekonnt die Bälle zu. „Wir verstehen uns zumeist mit ganz wenigen Worten“.

Wie das funktioniert, kann man sehr gut im Gespräch verfolgen. Der Dialog wirkt wie eine ausgefeilte Choreografie. Kaum hat der eine ausgesprochen, setzt der andere nach. Ein gut eingespieltes Team. So geht es auch mit Ideen, die in den Raum geworfen werden, bis einer der Kollegen anbeißt. Diese Ideen können auch Skizzen sein oder kleine Pappmodelle.

Weiter gehen als andere

Echte Modelle lassen sie lieber gleich von ihren bevorzugten Herstellern (vor allem in Deutschland und Italien) fertigen, mit deren Maschinen und deren Spezifikationen. Das sind veritable Produktionsmuster, keine Entwurfsmuster, die dann im Prozess der Fertigung ohnehin erst angepasst werden müssen.

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Eine gute Mischung aus industrieller Produktion und handwerklichem Feingefühl. Foto: Elias Siebert

„Wir reduzieren auf Nötiges und kochen Ideen so lange ein, bis wir überzeugt sind“, erläutern die beiden. „Meist kommen wir so zu einer zurückhaltenden, ruhigen Ästhetik.“ Diese wiederum sei kein allgemeines Ziel, sondern oft „nur schlüssiges Ergebnis“. So entstand auch die Pendelleuchte ‚Fade‘.

Das mikroperforierte Blech des Leuchtenschirms ist gerade 0,08 mm stark – so dünn und durchscheinend, dass viele glauben, einfaches Plastik vor sich zu haben – und kein ausgefeiltes Stück Hightech, made in Germany. Das scheinbar Einfache ist eben manchmal besonders schwer zu erreichen.

Ihre Mission klingt fast genauso: „Wir möchten gut gestaltete Produkte verkaufen, die langlebig und in hoher Qualität unter guten Bedingungen hergestellt sind.“ So entstehen besondere Entwürfe.

Erfolg mit Anspruchsdenken

Ja, da könnten sie schon fordernd sein, gestehen Marmon und Müller. Die beiden 40-Jährigen haben Erfolg mit ihrem Anspruchsdenken. Wie zum Beweis holen sie einige Plagiate ihrer Erfolgsleuchte ‚Tilt‘ hervor und stellen sie auf den Tisch. Dagegen springen abgeschabte Kanten und lieblose Formen sofort ins Auge.

Was ‚Tilt‘ aber auszeichnet – absolute Präzision und bestechende Mechanik, bleibt unerreicht. „Das klappt dann schon irgendwie“, ist nicht unser Weg“, sagen die Karlsruher. „Ohne technische Aspekte von Anfang an vollständig einzubeziehen, findet man zu keiner guten Gestaltung.“

Das heißt bei ‚Tilt‘: Der Schwerpunkt legt sich immer unter den Hängepunkt, was dafür sorgt, dass der Lichtkegel nicht rutscht, in welcher Stellung er auch gerade arretiert ist. Im Grunde besteht die Erfolgsleuchte lediglich aus einem drehbaren Kugelelement und einem angeflanschten Kegel, der das Licht lenkt.

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Und sie hält – in jeder Position. Design als Innovationstreiber, das ist das Geheimnis von Nyta. Foto: Elias Siebert

Aus dieser Idee machten sie eine harmonische Gesamtform. Zwar gibt es ein Geschmacksmuster, sogar ein technisches Geschmacksmuster – doch das hat Plagiatoren nicht abgehalten. Einer erklärte sogar frech, als Marmon und Müller vor dessen Messestand standen, seine Anwälte hätten das schon abgeklärt. Sein Objekt sei „weit genug“ entfernt von ‚Tilt‘.

Wie arbeitet das Duo eigentlich zusammen? Obwohl sich die beiden auf verschiedene Rollen geeinigt haben, der eine als Head of Design und der andere als kaufmännischer Geschäftsführer, machen sie doch vieles gemeinsam. Er habe sich auch mal durch das Warenwirtschaftssystem gequält, als sein Kollege im Urlaub war, scherzt Johannes Marmon, während Johannes Müller zugibt, dass die Rollen nicht festgezurrt sind.

Viel eher geht es um Haltungen. Er sei der Skeptiker, während sein Kollege der Euphorische sei. Irgendjemand fange halt mal an mit einer Idee. Und die anderen reagieren einfach darauf. Es sei wie in der freien Wildbahn. Was sich hier durchsetze, werde weitergeführt. Sie gestalten mit Worten und Werkzeugen. Und schließlich mit Zahlen. Unternehmerisch denken heißt nämlich auch: Wer produziert das Stück wie und zu welchen Kosten?

Nyta: Der nächste Schritt

So seltsam es klingt: Das freie Studium an der HfG Karlsruhe war eine gute Schule für die Selbstständigkeit. „Man bekommt wenig Halt und wenig Grenzen. Uns hat diese Form des Studiums gut gefallen, da lag der Weg in die Selbstständigkeit nahe.“ So schwärmen sie in einem Interview mit dem Hochschulmagazin von der besonderen Freiheit, die an der Schule herrscht.

Karlsruhe verließen sie auch nach dem Studienabschluss nicht. Inzwischen haben sie Familie dort. Und gestalten könne man überall. Warum dann nicht auch in Karlsruhe, dachten sie sich und legten los.

Aus Uni-Zeiten stammt auch der fast schlafwandlerisch sichere Umgang mit Öffentlichkeitsarbeit. Fast zehn Jahre stemmten sie „Oh Tannenbaum“, die Jahresausstellung der Fakultät, die schließlich sogar vom Goetheinstitut übernommen wurde.

Zeitdruck ist ein Faktor

Die 30 besten Exponate wurden vervielfältigt und an 25 Orten zugleich gezeigt. Der Anruf für diese Weihnachtsaktion kam übrigens Mitte August. Zeitdruck ist also ein Faktor, mit dem sie umzugehen wissen. Der Erfolg von Nyta kommt nicht von ungefähr. Johannes Marmon und Johannes Müller haben den Zeitgeist getroffen und das Sortiment immer weiter vorangetrieben.

Neben Hochtechnischem gibt es Sinnliches. Natürlich ist nicht alles gleich zum Erfolg geworden. Mit „Fade“ seien sie zwar „ziemlich an die Grenzen gegangen“, geben die Unternehmerdesigner zu. Am Markt aber „scheint die schlichte Gestaltung zu leise.“

Vielleicht schlugen sie mit ‚Pretty‘ daher einen völlig anderen Weg ein. Statt technischer Brillanz punkten sie hier mit Handwerk.

Die schweren Formen werden wirklich Stück für Stück gedengelt, was man kaum glauben mag, angesichts der Wespentaille von ‚Pretty‘. Die Leuchte ist gefälliger, eingängiger und definiert sich über weiche, fließende Linien“, sagt Marmon.

Komplexer Inhalt bei einfacher Funktion

Da ist die aktuelle Leuchte ‚Pong‘ – die erste, hinter der ein externer Designer steckt – nochmals ein Schritt auf neues Terrain. Komplexer Inhalt bei einfacher Funktion und einfacher Form. Das Licht ist gestengesteuert – dieses komplexe Feature erwartet man eher von anderen Herstellern.

Inzwischen ist Nyta auch im Projektgeschäft angekommen – Referenzprojekte um den halben Globus und hochrangige Partner inklusive. Die Stückzahlen stellen kein Problem dar. Mehrere Hundert könnten sie leicht liefern, sagt Müller. In den Schubladen stecken schon die nächsten Leuchten.

Ideen, so scheint es, gehen Johannes Marmon und Johannes Müller jedenfalls nicht so schnell aus.

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