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Archetyp von Dekleva Gregorič

Wohnhaus in Logatec/Slowenien
Archetyp von Dekleva Gregorič

‚Chimney House‘ nennen Dekleva Gregorič Architects aus Ljubljana ihr Wohngebäude für eine kochbegeisterte Familie. Der Schornstein ist zentrales Thema, nicht nur als Wärmespender, sondern auch als gestaltgebendes architektonisches Element.

Autor Rolf Mauer

Es braucht häufig nicht mehr als einfache und bewusst bescheidene Konzepte, um eine gute Architektur zu entwickeln. Ideengeber für das überraschende Wohnhaus in Slowenien ist ein einfacher Schornstein. Dekleva Gregorič Architekten aus Ljubljana bauten das Wohnhaus um den zentralen Kamin herum und hoben damit die wesentliche Rolle der Küche als Herzstück des Gebäudes hervor. Zeitgleich wurde dieser zentrale Raum mit einem durchgehenden Oberlicht versehen und strahlt dadurch, mit dem Herd als „Altar“, eine fast sakrale Aura aus.

Wie uns die Architekten Tina Gregorič und Aljoša Dekleva erklärten, bestand die Herausforderung dieser Bauaufgabe darin, den obsessiven Lebensstil der Bewohner mit deren zentralem Thema Kochen zu berücksichtigen und deren, häufig auch mit Freunden, zelebrierte Essenszubereitung in die Architektur des Hauses einzupassen. Gleichzeitig sollte das Haus einen traditionellen Charakter haben. Mit dem althergebrachten Satteldach wird bewusst gespielt, die Dachflächen sind auseinandergeschoben und ermöglichen somit die Belichtung von oben. Das Oberlicht läuft vollständig durch das lineare Volumen des Hauses und liefert Licht für alle entscheidenden Räume. Durch den schmalen Dachschlitz kann auf Sonnenschutzmaßnahmen verzichtet werden. Bewohner und Besucher haben einen unverfälschten direkten Blick ins Blau des Firmaments. Der Ausblick zieht den Himmel und sich ständig wechselnde Wolkenformationen in die Architektur hinein.

Bewohnbare Fenster

Auf den ersten Blick scheint das Gebäude nur spärlich möbliert. So steht in der Küche, neben dem zentralen Herd, nur ein massiver Esstisch mit den bekannten Stühlen ‚Vegetal‘ von Ronan and Erwan Bouroullec für Vitra. Es ist ein sehr geschickter Schachzug von Tina Gregorič und Aljoša Dekleva, die Schränke hinter der Holzvertäfelung der Außenwände einzubauen. So ist eine außen und innen mit Holz verkleidete, ungewöhnliche, dicke Wand entstanden, deren Fensternischen tatsächlich als Aufenthaltsort dienen und innerhalb des eigentlich nicht besonders großen Gebäudes sehr viel Materialität und Schwere suggerieren. Die Stauräume in den Außenwänden ziehen sich wie das Oberlicht durch das Gebäude und sind so dezent, dass der Besucher sie fast nicht wahrnimmt.

Während die tiefen und nach Aussage der Architekten „bewohnbaren“ Fensternischen seitliche Ausblicke gewähren, treffen sich in den angeschrägten Laibungen die geölten Eichenbretter des Innenraums mit der Holzverkleidung der Außenwand aus ebenfalls geölten Lärchenbrettern. Während die Lärche die Hausfassade komplett einhaust, einschließlich der Dachflächen, lässt die innere Eichenverschalung das massive Satteldach aus Sichtbeton frei. Wer genau beobachtet, versteht die feine Ironie zwischen Sichtbeton und der Wandverkleidung: Holz war als Schalung natürlich auch das gestaltgebende Element des Sichtbetons.

Kunst des Weglassens

Dekleva Gregorič Architekten sind versiert in der Kunst des Weglassens. Boden und Wand wurden materialhomogen in Eiche ausgeführt, nur die inneren Trennwände haben eine Gipsoberfläche. Die Bereiche, die von Menschen berührt werden, sind mit warmen Materialien gestaltet, während der „kalte“ Sichtbeton nur optisch „erreichbar“ ist. Die Lichtquellen erscheinen rudimentär. Einfache Fassungen mit eingeschraubten Glühbirnen hängen an schnöden Ösen von der Betondecke ab. Das sieht gut aus, aber so viel lichttechnische Zurückhaltung muss man als Bewohner schon wollen. Passend dazu werden auch Elektroanschlüsse wie die Steckdosen nur in limitierter Menge angeboten.

Spiel mit der Tradition

Es bleibt zu hinterfragen, ob die Split-Level-Bauweise notwendig ist. Sicher hat der untere Schlafraum eine bessere Belichtung, wenn er aus dem Erdreich angehoben wird, andererseits ist das ständige Treppensteigen bei jedem Raumwechsel mit fortschreitendem Alter eher hinderlich. Auch für die Architektur ist das doppelte Treppenhaus ohne Bedeutung, zumal die beiden Treppenhäuser in der Fassade nicht ablesbar sind. Man kann darüber streiten, ob diese Kritik angesichts der Qualität des Gebäudes notwendig ist. Architekturinteressierte unter fünfzig werden das sicher verneinen, wer jedoch die Erfahrung des Älterwerdens am eigenen Körper spürt, der kann dem barrierefreien Bauen eine Menge abgewinnen.

Auf den ersten Blick wirkt das Haus ungewöhnlich in seiner formalen Aussage. Es zitiert jedoch lokal übliche Materialien, die in den nachbarschaftlichen Anwesen als Fassaden zu beobachten sind. Auch das Satteldach ist vor Ort die Norm, natürlich nicht in der von Dekleva Gregorič Architects variierten Formensprache. Am Ortsrand gelegen, steht das ‚Chimney House‘ als ein unübersehbarer Kontrast zur nahegelegenen Kirche aus dem 16. Jahrhundert.

Verfechter traditioneller Architektur, wie sie im ländlichen Raum nicht allzu selten vorkommen, dürften wenig Ansatzpunkte für ihre Kritik finden. Trotzdem bleibt das Gebäude beredtes Beispiel für eine gelungene kritische, regionale Architektur.

Lesen Sie das Interview mit Dekleva Gregorič Architects


Aljoša Dekleva und Tina Gregorič

sind die Inhaber von Dekleva Gregorič Architects, Ljubljana und gründeten ihr Büro 2003.

Realisierte Projekte (Auswahl): XXS house, Ljubljana; Clifftop house, Maui

www.dekleva-gregoric.com


Factsheet

Projekt: Chimney House

Standort: Logatec, Slowenien

Bauherr: Andrej Dolenc

Bauaufgabe: Wohnhaus

Planungsbeginn: 2012

Fertigstellung: 2016

Grundstücksgröße: 830 m²

Anzahl Geschosse: 2

Geschossfläche: 205 m²

Materialien: Decke: Sichtbeton

Wand: innen: Gips; außen: Eichenverschalung wird zu Schränken innen

Boden: geöltes Eichenparkett

Möbel: ‚Chair One‘ von Konstantin Grcic für Magis

Übrige Ausstattung: lokale Unternehmen


A Family Home in Slovenia

Archetypal

Dekleva Gregorič Architects from Ljubljana call their home for a family of cooking aficionados ‘Chimney House’. The chimney is the key theme and functions not only as a source of warmth but also as a design-defining architectural element.

Author: Rolf Mauer

Often you don‘t need much more than a simple and deliberately modest concept for creating good architecture. A simple chimney provided the basic idea for this surprising family home in Slovenia. Dekleva Gregorič Architects from Ljubljana constructed the house around the central chimney, thus emphasizing the essential role of the kitchen as the heart of the building. This central space was simultaneously given a continuous skylight which makes it exude an almost sacred aura with the cooking range functioning as the “atar”.

The architects, Tina Gregorič and Aljoša Dekleva, explained to us that the challenge of this building assignment was to take the family’s obsessive lifestyle into account and adapt the house’s architecture to their ceremonious way of preparing food, often in the company of friends. At the same time, the house was to have a traditional character. The time-honored saddle roof is deliberately brought into play, with the roof surfaces pushed apart thus enabling lighting from above. The skylight extends through the complete length of the house and provides light for all important spaces. There is no need for sunshading thanks to the slim lengthwise roof opening. Those who live here and visitors are offered an unadulterated direct view of the blue of the sky. This vista draws the sky and the constantly changing cloud formations into the architecture.

Habitable windows

At first glance the house seems to be sparsely furnished. In the kitchen, for instance, apart from the central cooking range there is only a solid dining table plus the well-known ‘Vegetal’ chairs, designed by Ronan and Erwan Bouroullec for Vitra. It’s a very clever move by Tina Gregorič and Aljoša Dekleva to fit in the cabinets behind the wooden paneling of the outer walls. This resulted in the creation of an unusually thick wood-clad wall inside and out, whose window recesses are actually used as a place to dwell in and conjure up a great deal of physicality and weight inside a building that is not very big. Like the skylight, the storage spaces in the outer walls pervade the building and are designed so unobtrusively that visitors are scarcely aware of them.

While the deep and, according to the architects, “habitable” window recesses afford views to the sides, the oiled oak boards of the interior meet with the wood cladding of the outside, consisting of oiled larch boards, in the beveled reveals. The larch boards completely cover the building’s façade, roof surfaces included, but the interior oak cladding leaves the massive exposed-concrete saddle roof uncovered. Being a keen observer, you will understand the subtle irony behind exposed concrete and wall cladding: wood in the shape of formwork had of course been the design-defining element of the exposed concrete.

The art of omission

Dekleva Gregorič Architects are well-versed in the art of omission. Floor and wall were uniformly made of oak, only the interior dividing walls have a plaster surface. The areas that people use and touch are created with warm materials, while the “cold” exposed concrete is only visually “accessible”. Light sources are of a rudimentary shape. Simple light sockets with screwed-in light bulbs hang down from the concrete ceiling, attached to unassuming eyelets. It looks good, but living there you really have to want such a high degree of subdued lighting. Consistently, electrical connections, too, are only offered in limited numbers, like the sockets.

A play with tradition

All we now need ask is whether the split-level construction is necessary. It is true that the lower bedroom is lit better when it is elevated off the ground, but on the other hand it will be a burden for the elderly when they constantly have to climb stairs from one room to the next. From an architectural point of view, the double staircase has no significance, all the more so since the two staircases are not recognizable on the outside. It is debatable whether such criticism is necessary in view of the building’s quality. People interested in architecture and aged less than 50 will certainly answer no, but if you experience the problems of growing older at first-hand, you will definitely acquire a taste for disabled-access construction.

As far as its formal statement is concerned, the house appears unusual at first glance. However, the architects of the building utilize materials used locally that can be found in the neighboring properties as façades. The saddle roof is also a standard feature of the location, but of course not in the formal idiom adapted by Dekleva Gregorič Architects. ‘Chimney House’, located on the outskirts, presents an unmistakable contrast to the church nearby, dating back to the 16th century.

Advocates of traditional architecture, not uncommon in rural areas, will have very few toeholds for criticism. Nevertheless, the building remains an eloquent example of a successfully critical regional architecture.


Aljoša Dekleva and Tina Gregorič are the owners of Dekleva Gregorič Architects in Ljubljana. They founded their studio in 2003.

Completed projects (a selection): XXS house, Ljubljana Clifftop house, Maui

www.dekleva-gregoric.com

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