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Flagshipstore Shiseido im Tokioter Stadtteil Ginza von Oki Sato

Shiseido Flagshipstore in Tokio/Japan
Die kleinen Momente

Der Kosmetikkonzern Shiseido wurde im Tokioter Stadtteil Ginza gegründet. An dieser historischen, für das Unternehmen sehr wichtigen Adresse galt es für Oki Sato, den Flagshipstore zeitgemäß zu revitalisieren.

Autor Rolf Mauer

Shiseido ist das größte Kosmetikunternehmen in Japan und existiert bereits seit 1872. Sage und schreibe 33 000 Mitarbeiter beschäftigt die Firma. Nicht dass diese Information für die hier zur Sprache kommende Architektur relevant wäre, aber sie hilft einzuschätzen, wer der Bauherr ist und wie wichtig er sich nimmt. Der Architekt Oki Sato ist mit seinen vierzig Jahren ein junger Architekt, der ein nach deutschen Maßstäben recht großes Architekturbüro mit ca. 80 Mitarbeitern führt. Gemeinsam mit den Designern von Onndo entwickelte Oki Sato ein Gebäude, dessen Architektur und Design-Ansatz sich am Prozess des Schminkens orientiert. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass Nendo, also das Architekturbüro von Sato, eine Hälfte von Onndo bildet. Für Nendo sind, so hat Oki Sato es uns erklärt, die kleinen Momente im Leben eines Menschen wichtig. Diese wollen sie wieder bewusst machen. Sato ist der Meinung, dass in unserem täglichen Leben viele kleine Momente verborgen sind. Häufig erkennen wir sie nicht und selbst wenn wir sie erkennen, neigen wir dazu, sie nur unbewusst wahrzunehmen und schnell zu vergessen, was wir gesehen haben. Die Räume von ‚Shiseido The Store‘ belegen vier Stockwerke, die jeweils verschiedene Funktionen erfüllen und unterschiedliche Dienstleistungen bieten. Im Erdgeschoss und im ersten Stock werden Kosmetikartikel verkauft, wobei die Produkte im Erdgeschoss für Touristen bestimmt sind. Im ersten Stock befindet sich ein Hautpflege-Salon. Auf der zweiten Etage finden wir ein Fotostudio, den Friseur und einen Make-up-Salon. In der obersten Etage ist ein Café für Kundinnen entstanden sowie Räumlichkeiten für Veranstaltungen und Plätze für Einzelberatungen.

Architektur ist Make-up

Die Planer haben sich für ihren Entwurf die Prozesse aus der Schminktechnik zum Vorbild genommen. Die typische Shiseido-Kundin trägt erst eine Feuchtigkeitscreme auf, überzieht diese mit einer Grundierung, auf die die finalen Farben wie Lidschatten kommen. Nach genau dieser Anleitung wurden die Produkte des Unternehmens im Innenraum aufgetragen. Die Räume wurden also im wahrsten Sinne des Wortes geschminkt.

Papier aus hauchdünn ausgebreiteten Wattepads wurde für die Wände verwendet. Geschickt ausgeleuchtet, strahlen diese Oberflächen das Licht sanft zurück. Kamelienöl – ein Hauptbestandteil der Produkte von Shiseido – wurde auf unbehandeltes Holz aufgetragen, um diesem eine unverwechselbare Oberfläche zu geben, die so wirkt, als sei das Holz natürlich gealtert. Lidschatten wurde mit Make-up-Pinseln an den Wänden verarbeitet, bis eine marmorähnliche Struktur entstand. In die Deckenfarbe mischte man Nagellack, wodurch ein subtiler Schimmer realisiert wurde, der auf die Beleuchtung reagiert. Solche versteckten gestalterischen Andeutungen haben ihre Wurzeln im japanischen Sinn für Schönheit und sind, so wurde es uns erklärt, ein passender Ausdruck für die Produkte und das Selbstverständnis des Kosmetikunternehmens.

Als starkes, im Raum vielfach wiederholtes Motiv begegnet dem Besucher die Silhouette der Kamelienblüte, die seit 1915 Vorlage für das Firmenemblem ist. Weitere Gestaltungsmerkmale im Shop sind Objekte im Stil von traditionellen Scherenschnitten und gewebte Muster, die an alte Körbe erinnern. Hinter der Glasfassade ist eine weitere typische traditionelle japanische Technik zu bewundern. Dekorative Knoten, Awaji Musubi genannt, wurden so an verschiedenen Stellen eines vertikalen Fadens eingearbeitet, dass ein sich wiederholendes Muster entsteht. Die Fassade wird, besonders bei nächtlicher Beleuchtung, auf überraschende Weise überlagert. Die Knotentechnik Awaji Musubi steht in Japan für die Hoffnung auf ewiges Glück.

Wiederkehrende Effekte

Jenseits aller japanischen Traditionen entdecken wir jedoch auch ein universelles Gestaltungsprinzip, das in Oki Satos Design unübersehbar ist, kulturübergreifend funktioniert und das der Tessiner Architekt Luigi Snozzi wie folgt auf den Punkt bringt: „Wenn du ein gutes Element hast, wiederhole es!“

Auch wenn die Wiederholung im Alltäglichen negativ angesehen ist, in der Architektur steht sie für Kontinuität und Verlässlichkeit. Die Reduktion, also die Vereinfachung, die im Alltag ebenfalls nicht allzu gut beleumundet ist, darf in der Architektur ebenfalls als Gewinn betrachtet werden. Im Flagship-Outlet finden wir wenige Materialien und diese pointiert verwendet. Die Kunst des Weglassens hat Oki Sato perfektioniert. Im Mittelpunkt der Architektur steht das Produkt, dass auf sakrale Weise auf kleinen Altären stehend angeboten wird. Sämtliche Gestaltung, alles Design, bis hin zu den Bodenfliesen, ahmt Symboliken des Kosmetikkonzerns nach. Die hinterleuchtete Wandgestaltung mit der Silhouette der Kamelienblüte und den vielfach wiederholten Kosmetikprodukten kann als Zitat von Kirchenfenstern interpretiert werden. Davon abgesehen, dass die Wand „schön“ wirkt − tritt die Architektur in diesem Fall nicht zu weit hinter dem unübersehbaren Wunsch des Bauherrn zurück, Kundinnen zum Konsum zu verführen? Sind die kleinen Momente, auf die der Architekt Wert legt, hier allzu offen dem Umsatzwunsch eines Make-Up- Konzerns gewidmet? Ist „Schminke“ nicht ein Sinnbild von reiner Oberfläche? Was meinen Sie?

Webseite des Architekturbüros

Weitere Projekte finden Sie hier


Architekt Oki Sato

führt das Architektur- und Designbüro Nendo, in dem 80 Mitarbeiter beschäftigt sind. Sato ist der Meinung, dass im täglichen Leben „viele kleine Momente“ verborgen sind. Er möchte, dass die Menschen diese Momente durch seine Arbeit intuitiv und bewusst erleben.

Portrait: Nendo

Factsheet

Projekt: Shiseido the Store

Standort: Fukuhara Ginza, 7–8–10, Ginza, Chuo-city, Tokio/Japan

Bauherr: Shiseido Company, Limited

Bauaufgabe: Verkaufsräume

Fertigstellung: 2018

Grundstücksgröße: 1 040 m²

Geschosse: 4

Nutzfläche: 1 040 m²

Materialien: Möbel und Leuchten wurden von den Architekten entwickelt. Leuchten von PMC lighting design, Möbel: Bo & Co., Avelco


The Shiseido Flagship Store in Tokyo

The small moments in life

The Shiseido cosmetics group was established in the Ginza quarter of Tokyo. The aim now was to update and revitalise the flagship store at this historical location that means a great deal to the company.

Author: Rolf Mauer

Shiseido is the biggest cosmetics enterprise in Japan and has been in existence since 1872. The staff amounts to the amazing number of 33 000. This information may not be relevant to the architecture discussed in this article, but it helps to assess the importance of the client and how important he thinks he is. At 40, architect Oki Sato is a young architect who manages a studio with a staff of 80, which, according to German standards, is quite big. Together with the designers of Onndo Oki Sato developed a building with an architecture and design approach that is based on the process of applying makeup. It is worth mentioning that Nendo, i.e. Oki Sato’s architects‘ studio, is one half of Onndo.

As Oki Sato explained to us, to Nendo the small moments in the lives of people are important. And this is what they want us to recall again. Oki Sato thinks that there are many small, hidden things in our daily life. We are often not aware of them, and even when we see then we are inclined to perceive them unconsciously and quickly forget what we have seen. The rooms of Shiseido The Store are laid out on four levels that each fulfil a definite function and offer different services. On the first and second floors cosmetic items are sold, the products on the first floor being intended for tourists. On the second floor there is a skincare salon, and on the third floor a photo studio, the hairdresser and a makeup salon. On the top floor a café for customers has come into being, plus rooms for events and private spaces for individual counseling.

Architecture equals makeup

The planners modelled their design on processes used as part of makeup techniques. Typical Shiseido clients first apply moisturiser, which is then covered with a foundation. Then the final colors – lipstick and eye shadow – are put on. The company‘s products are used exactly according to this procedure in the interior spaces. In other words: the rooms were actually made up in the true sense of the word.

For the walls, paper made of wafer-thin, rolled out cotton pads was used. These surfaces are cleverly lit so that they softly reflect the light. Untreated wood was primed with camellia oil, one of the main ingredients of Shiseido‘s products, to achieve an unmistakable surface that looks as if the wood had aged naturally. With a makeup brush, eye shadow was applied to the walls until a marble-like texture had been achieved. For the ceiling color, nail varnish was mixed, resulting in a subtle sheen that reacts to the lighting. These hidden design hints have their roots in the Japanese sense of beauty, and they are, as was explained to us, a fitting manifestation of the company‘s products and the self-perception of the cosmetics enterprise.

Recurring effects

Visitors will be confronted with a strong motif recurring everywhere in the room: the silhouette of a camellia flower that has been the model of the company‘s logo since 1916. Additional design features in the shop are objects in the style of traditional paper cuttings and woven patterns that are reminiscent of old baskets. Another typical, traditional Japanese technique can be admired behind the glass facade. Decorative awaji-musubi knots were incorporated in various places in a vertical string such that a recurring pattern comes into being. Especially at night with its special lighting, the facade appears in a surprising way. In Japan, the awaji-musubi knot technique is a symbol of the hope for eternal happiness.

But beyond all Japanese traditions we discover a universal design principle that is conspicuous in Oki Sato‘s design and has a cross-cultural function. Ticino architect Luigi Snozzi sums it up as follows: “If you have a good element to work with, repeat it!” Although repetition may be regarded as negative in everyday life, it stands for continuity and reliability in the architectural domain. Reduction, or simplification, also not exactly enjoying good repute in daily life, may be deemed a positive characteristic in architecture, too. In this flagship outlet, we encounter only a few materials which are pointedly applied.

Oki Sato has perfected the art of omitting. The focus of his architecture is on the product that is offered and displayed in a sacred manner on small altars. The whole design, including the floor tiles, mimics the symbolisms of the cosmetics group. The backlit wall design with the camellia-flower silhouette and the multiply recurring cosmetic products may be interpreted as a quotation of church windows. But apart from the fact that the wall looks “beautiful”, does architecture in this cases not retreat too much behind the unmistakable demand of the client, to tempt their female customers to buy their products? Are the small moments emphasized by the architect not too openly dedicated to the desire of a makeup company to boost its sales? What is your opinion?

Architect Oki Sato

manages the Nendo architectural and design studio with a staff of 80. Sato thinks that in daily life there are “many small hidden moments”. He wants that people experience these moments intuitively and consciously through his work.

Fact Sheet

Project: Shiseido the Store

Location: Fukuhara Ginza, 7–8–10, Ginza, Chuo-city, Tokyo, Japan

Client: Shiseido Company, Limited

Building task: Salesrooms

Completion: 2018

Plot size: 1040 m²

Stories: 4

Usable area: 1040 m²

Materials: furnishings and lamps were devised by the architects. Lamps were made by PMC lighting design, furnishings: Bo & Co., Avelco

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