Am 22. August startet die Eröffnungswoche für das Basler Konzerthaus. Nach Plänen von Herzog & de Meuron wurde der Gebäudekomplex umfassend saniert und erweitert und der Musiksaal in seinen Zustand von 1905 zurückversetzt.
Der Stehlinsche Musiksaal in Basel ist einer der ältesten und wichtigsten Konzertsäle Europas. Mit seinen 1.400 Sitzplätzen ist er international für seine außergewöhnliche Akustik bekannt. Errichtet wurde er 1876 im neobarocken Stil vom Architekten Johann Jakob Stehlin.
Inzwischen waren die Räumlichkeiten so veraltet und beengt, dass sie den Bedürfnissen eines zeitgenössischen Konzertsaals nicht mehr gerecht werden konnten. Aus diesem Grund beauftragte man die Schweizer Architekten Herzog & de Meuron damit, den gesamten Gebäudekomplex des Basler Konzerthauses neu zu strukturieren, instandzusetzen und zu erweitern.
Neobarocke Architekturtradition
„Der Stehlin-Musiksaal war brillant als Palazzo konzipiert“, so Herzog & de Meuron. „Alle Versuche, das Gebäude zu erweitern, wirkten wie lächerliches Flickwerk. Die einzig gangbare Lösung bestand darin, den Musiksaal als autonomes Gebäude zu behandeln.“
Der neue Erweiterungsbau sollte aus dem alten Bau „herauswachsen, als ob er immer schon da gewesen wäre“. Die Architekten gestalteten den Anbau mit Foyers, Serviceeinrichtungen, Proben- und Umkleideräumen deshalb so, dass er – zumindest auf den ersten Blick – in der gleichen neobarocken Architekturtradition zu stehen scheint.
Ursprünglichen Zustand wiederherstellen
Seit seiner Erbauung 1876 hatte sich der Stehlin-Musiksaal mehrfach erheblich verändert. 1905 wurden beispielsweise Büsten von Musikern an den Wänden aufgestellt, Stuckdekoration an der Decke angebracht und eine Orgel in den Saal eingebaut. 1939 veränderte man die Neigung des hinteren Balkons erheblich, und im Laufe der nächsten Jahrzehnte wurden die Fenster und das Oberlicht geschlossen, die historischen Kronleuchter neu gestaltet, das Parkett und die historische Bestuhlung ausgetauscht und eine völlig neue Farbgebung eingeführt.
Herzog & de Meuron erhielten nun den Auftrag, im Zuge der Restaurierungsmaßnahmen den ursprünglichen Zustand des Gebäudes von 1905 wiederherzustellen – unter der Prämisse, die akustischen Eigenschaften des Saals zu erhalten.
„Wir öffneten das Oberlicht und die Fenster wieder, stellten die ursprüngliche Bestuhlung wieder her, reduzierten die Neigung des Balkons, verlegten ein Duplikat des ursprünglichen Parkettbodens und stellten die Farbgebung von 1905 wieder her“, erläutern die Architekten.
Denkmalgerechte Bestuhlung
Mit dem originalgetreuen Nachbau der Bestuhlung – 1.388 Klappsitzen – wurde die Schweizer Möbelmanufaktur Girsberger beauftragt. Diese entwickelte die Möblierung in Anlehnung an vorhandene Abbildungen auf historischen Fotografien.
Anhand verschiedener Prototypen wurden Sitzkomfort, Klappmechanismus, Material- und Farbauswahl sowie Abmessungen mit den Architekten abgestimmt sowie akustische Eigenschaften unterschiedlicher Ausführungen im Labor überprüft. Zum Einsatz kamen massives Eichenholz (Räuchereiche gebeizt) sowie brandschutzzertifizierte Polsterschäume und Veloursstoff. Ein pneumatischer Anschlagsdämpfer sorgt für einen geräuscharmen Klappmechanismus.
Auch die mit Rattangeflecht bespannten Klappstühle auf der Empore des (ebenfalls denkmalgeschützten) Hans-Huber-Saals wurden von Girsberger instandgesetzt und neu lackiert.
Möbel fürs Foyer
Für das Hauptfoyer des neuen Erweiterungsbaus fertigte Girsberger eine große, zentrale Sitzbank für 24 Personen. Zudem realisierte die Möbelmanufaktur große Baldachine nach Plänen von Herzog & de Meuron. Unterkonstruktionen, Polsterelemente sowie Velourstoff sind schwer entflammbar und entsprechen den Brandschutzanforderungen. Sockelfronten wurden mit spiegelpoliertem Chrom-Nickel-Stahl ummantelt.
Davide Mastrodomenico, Mitglied der Geschäftsleitung Girsberger Schweiz, äußert sich zufrieden: „Für uns sind Projekte wie dieses, in denen die Visionen des Bauherrn dank der Fähigkeiten der Architekten wahr werden sollen, mehr als spannend. Wir sind stolz und dankbar, dass wir das aus dieser Beziehung heraus entstandene, maßgefertigte Mobiliar in eine fassbare Realität umsetzen durften.“
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