Lukas Imhof Architektur deuteten die L-förmige Anlage der anthroposophischen Schule mit einem zusätzlichen Gebäudeflügel zu einer dreiarmigen Figur um. Das bestehende, eigenwillig geformte Dach wurde über Eingangshalle und Anbau weiter gebaut und bindet die Gebäudeteile eng zusammen.
Neue Eingangshalle als Mittelpunkt
Im Fügungspunkt von Neubau und Altbau entstand ein fünfeckiger, dreigeschossiger Restraum. Dieser ist nun die neue Eingangshalle. Doch während die äußere Form des Gebäudes durch das plastische Weiterbauen und das nahtlos weitergeführte Dach stimmig wirkte, ergab sich im Schnittpunkt nur ein unbefriedigender Innenraum. Vor allem im Schnitt ergaben die diversen Dachflächen und die polygonale Raumform einen räumlich und konstruktiv kaum zu kontrollierenden Raum.
Innenraum losgelöst von der Außenform
Um den Raum plastisch zu formen, fügte das Büro Lukas Imhof Architektur eine Gips-Innenform in den Raum, die sich von Konstruktion und Außenform des Gebäudes löst. Zwischen der inneren, blauen Kuppel der Eingangshalle und dem Dach befindet sich demnach ein Hohlraum, der von wenigen Zentimetern bis zu drei Metern hoch wird. Als Nebeneffekt finden die nötigen haustechnischen Installationen, die Leuchten und dergleichen ihren Platz.
Putzfelder bilden einen Farbverlauf
Die neue Eingangshalle bildet den Auftakt des heilpädagogischen Schulalltags von 56 Kindern mit geistigen und oft auch körperlichen Behinderungen. Die Kinder, die meist von Zuhause gebracht werden, treten in diesem Raum von ihrem gewohnten Umfeld in die fremde Welt der Schule ein.
Der Raum ist schützend, introvertiert, kühl und dämmrig – fast sakral. Licht fällt weich gestreut durch ein milchiges Oblicht sanft in den Raumkörper. Auf schallabsorbierende Maßnahmen verzichtete das Team von Lukas Imhof, Schritte und Töne klingen lange nach. Als identitätsstiftende Intervention wurde die fünfeckige, fast 12 Meter hohe innere Formschale der Eingangshalle schliesslich mit einer Auskleidung aus eingefärbtem Kalkputz – einer abgewandelten Form des so genannten Marmorino – in 22 Farbtönen ausgekleidet. Die Putzfelder bilden einen Farbverlauf von einem warmen Rotbraun im unteren Teil zu einem kühlen Blau für den „Himmel“ des Raumes.
Eingefärbter Kalkputz in 22 Farbtönen
Auf allen der drei Geschossen des Gebäudes finden sich neu geschaffene Sichtachsen, Fenster oder auch ein kleiner Balkon zur Halle. So bleibt der Farbraum im Schulalltag präsent und kontrastiert die in ruhigen Weiss, Grau oder Beigetönen gehaltenen weiteren Räume des Hauses.
Fakten
Projekt: Schulhaus am Ekkharthof – Eingangshalle
Standort: Ekkharthof, Lengwil, TG, Schweiz
Fertigstellung: 2019
Bauherr: Ekkharthof-Verein / Hochbauamt Kanton Thurgau
Architektur/Innenarchitektur: Lukas Imhof Architektur GmbH, Webseite des Büros
Team: Carlos Wilkening, Carmen Diaz-Maroto Rivas, Jean-Brice De Bary
Fläche: 2780 m2
Putz/Wandbeschichtung innen/außen: Stucco Veneziano ‚Marmorino‘ (Kalkpresstechnik aus Kalkputz mit Marmormehl, Sanden und natürlichen Pigmenten / Gipsergeschäft Kradolfer GmbH)
Produkte/Hersteller: Bodenbelag aus Naturstein, belgischer Granit von NAKU Steinhandel; Deckensysteme, Akustikdecken von Knauf; Beleuchtung von Zumtobel; Sanitärkeramik ‚Moderna R‘ von Laufen; Armaturen ‚Focus‘ von Hansgrohe; Möblierung: Holz, Esche massiv: Stuhl ‚EK-S1‘, Tisch ‚EK-T1‘ von WIMMöbel, Wilkening Imhof GmbH
Fotos: Hannes Heinzer, Lucas Peters