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Fondazione Giangiacomo Feltrinelli

Glasbau in Mailand von Herzog & de Meuron
Fondazione Giangiacomo Feltrinelli

Mailands nördliche City verändert ihr Gesicht. Jüngst fertiggestellt: Die Fondazione Giangiacomo Feltrinelli. Das archetypische, allseits transparente Glashaus von Herzog De Meuron signalisiert: „Ich bin offen für Ideen und für alle Bürger da.“

Autorin Cecilia Fabiani

Ein neues Gebäude schmückt Mailand. An der Porta Volta – dort, wo die Stadtviertel Brera, Garibaldi und Paolo Sarpi zusammentreffen – erhebt sich ein elegantes, aus zwei Körpern gebildetes „Glashaus“. Die Lage des archaisch anmutenden Gebäudes ist exponiert, denn es profitiert von den angrenzenden Stadtvierteln und ist gut erreichbar. Hier verläuft die ehemalige Stadtgrenze. Von der Mura Spagnole, der Spanischen Mauer stehen noch Überreste aus dem 16. Jahrhundert.
Der Entwurf von Herzog & de Meuron ist das erste bedeutende Bauwerk des Schweizer Architekturbüros in Italien. In nur zwei Jahren Bauzeit ist in der heutigen Stadtmitte von Mailand ein öffentliches Gebäude für die Fondazione Giangiacomo Feltrinelli entstanden.
Den Vorschlag zum Bau des Gebäudes hatte Feltrinelli der Stadt zwar schon im Jahr 2005 gemacht, doch Vorbereitung und Planung sowie erforderliche archäologische Grabungen hatten zu einer zeitlichen Verzögerung von mehreren Jahren geführt. Die Zusammenarbeit zwischen Staat, Stadt und privatem Investor hat gut funktioniert, ebenso wie die Joint Ventures zwischen dem Immobilienfond von Feltrinelli und der Coima Sgr, die verantwortlich ist für sämtliche Neubauten im Viertel Porta Volta, und mehreren Banken.
Die Idee des Projekts stammt von Carlo Feltrinelli, dem einzigen Sohn des legendären Verlegers Giangiacomo Feltrinelli. Er ist Präsident eines Unternehmens, das den Verlag, die Stiftung, Buchläden, Fernsehsender wie Effe TV Channel und weitere Geschäftsfelder umfasst.
Zentrum der Kultur
Obwohl in dem größeren der beiden Baukörper die Büros von Microsoft Italia eingezogen sind und die Stiftung selbst nur etwa ein Drittel der Gesamtfläche des Gebäudes einnimmt, ist die Ausstrahlung der Fondazione Giangiacomo Feltrinelli – die dem Haus übrigens auch seinen Namen verleiht – ungleich größer und deshalb im öffentlichen Diskurs fast nur von ihr die Rede. Mit der in den zwei Untergeschossen archivierten Sammlung von 200 000 Büchern, 17 500 Zeitschriften, 1 500 000 Handschriften, 20 000 Fotos und 14 000 Plakaten zählt die Stiftung zu den bedeutendsten Kulturinstitutionen Europas.
Die Grundlage für die Stiftung hat Giangiacomo Feltrinelli geschaffen, der 1926 als Sohn einer wohlhabenden Unternehmerfamilie geboren wurde, die im Finanzwesen und im Holzhandel tätig war. Feltrinelli entwickelte sich zu einer einflussreichen Persönlichkeit, war zugleich Intellektueller, Widerstandskämpfer, Verleger, Unternehmer, Mäzen.
Bis zu seinem frühen Tod 1972 führte er ein aktives Leben: 1949 gründete er die Biblioteca Giangiacomo Feltrinelli, die 1974 in eine Stiftung umgewandelt wurde. Inhaltlich ging es Feltrinelli bei seiner Sammlertätigkeit anfangs vor allem um die Geschichte der Arbeiter, später wurde das Thema breiter gefasst, bezog die politischen und wirtschaftlichen Veränderungen ein, die zur Nachkriegsmoderne geführt hatten.
Gesammelt wurde fast alles, während Wissenschaftler und Intellektuelle jahrelang mit der Dokumentation und Archivierung der Stücke beschäftigt waren.
Ein begnadeter Verleger
1955 gründete Feltrinelli den gleichnamigen Verlag und war damit kulturell und kommerziell so erfolgreich, dass sogar eigene Buchläden eröffnet wurden. Weltweit veröffentlichte Feltrinelli bedeutende literarische und gesellschaftliche Werke wie beispielsweise 1957 den Roman „Doktor Schiwago“ von Boris Pasternak, 1958 „Der Leopard“ von Tomasi di Lampedusa oder das „Bolivianische Tagebuch“ von Che Guevara, das ihm Fidel Castro anvertraut hatte. Unterdessen hatte Feltrinelli die deutsche Fotografin Inge Schönthal geheiratet, 1962 wurde Sohn Carlo geboren, 1970 die linkspolitische Bewegung GAP gegründet. Als Giangiacomo Feltrinelli am 14. März 1972 unter einem Hochspannungsmast in Segrate bei Mailand tot aufgefunden wurde, hatte er schon seit einigen Jahren im Untergrund gelebt, aus Angst beschuldigt zu werden, politische Attentate zu planen. Es war die Zeit der anni di piomba, der „Bleiernen Jahre“. Die Vorwürfe und sein Tod sind bis heute ungeklärt. Feltrinelli aber besteht fort als Verlag der Intellektuellen. An seinem wirtschaftlichen Erfolg dürften die eigenen Buchläden maßgeblich beteiligt sein. Im Eingangsbereich des Erdgeschosses der Fondazione Giangiacomo Feltrinelli an der Porta Volta befindet sich der neueste Buchladen: 400 Quadratmeter offene Fläche, inklusive einer Bar. Im 2. Stock ist ein Mehrzweckraum untergebracht für Veranstaltungen, in der dritten und vierten Etage Büros und Seminarräume, und im obersten Stockwerk lockt ein wunderschöner Leseraum mit Blick über die Dächer der Stadt.
Sieben Stockwerke fasst das Gebäude insgesamt: fünf davon oberirdisch, zwei davon unterirdisch angelegt. Das Interiordesign- und Möblierungskonzept ist in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Herzog & de Meuron, dem italienischen Leuchtenhersteller Artemide, dem Büromöbelhersteller Unifor und dem Küchenhersteller Dada (Molteni & C-Gruppe) entstanden.
„Wir haben versucht, ein Stück Zukunft für die Stiftung zu formulieren“, sagte Carlo Feltrinelli anlässlich der Eröffnung des neuen Gebäudes. Die Stiftung versteht sich als offenes, der Zukunft zugewandtes Kulturzentrum. Diese Offenheit kommt in der gläsernen Architektur zum Ausdruck. Die Fondazione Giangiacomo Feltrinelli will ein Treffpunkt sein, ein Ort des Austauschs – mit einem internationalen Programm von Ausstellungen, Konzerten, Filmvorführungen. Gespannt warten die Mailänder auf den Sommer, denn dann werden die begrünten Außenanlagen fertig sein: mit Bäumen, Sitzbänken, Fahrradwegen, die die Fondazione Giangiacomo Feltrinelli – wie mit der Stadt vereinbart – sechzig Tage im Jahr für Events nutzen kann.

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