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Licht im Stadtraum

Fassadenbeleuchtung für den Mailänder Dom
Licht im Stadtraum

Der Mailänder Dom erscheint in neuem Licht. Nach dem Innenraum, der 2015 zeitgemäß ausgeleuchtet wurde, nutzen Dombauhütte und Lichtplaner Pietro Palladino auch für die Fassadenbeleuchtung Produkte made in Germany.

Autor Thomas Edelmann

Der Mailänder Dom erstrahlt seit Kurzem in neuem Glanz. Das gotische Bauwerk, 1386 begonnen und erst 1813 mit einer in napoleonischer Zeit geplanten Fassade vollendet, erhielt eine veränderte Fassadenbeleuchtung. Verantwortlich dafür ist Pietro Palladino. Über einen langen Zeitraum hinweg war der Bau der Kathedrale ein identitätsstiftendes Projekt für die Stadt, das weit über ihre Grenzen hinausstrahlte. Die Struktur des historischen Mailands basiert auf den Kanälen, über die einst jeder Baustein aus Candoglia-Marmor per Schiff bis ins Zentrum der Stadt befördert wurde.

Der Marmor aus dem Ort nordwestlich vom Lago Maggiore ist härter als der Carrara-Marmor und er ist nicht weiß, sondern hat eine ins Rosa gehende Färbung. Das ist wichtig, will man das Baudenkmal richtig ausleuchten, so ist von Pietro Palladino zu erfahren. Denn der renommierte Mailänder Lichtplaner, Mitgründer von Ferrara Palladino, dem Büro, das die Architektin Cinzia Ferrara mit ihm betreibt, hat bereits zur Expo 2015 den Innenraum des Doms neu beleuchtet. Aus einem unschön blendenden Licht wurde ein stimmiges Beleuchtungssystem.

Pietro Palladino
Mit der aktuellen Fassadenbeleuchtung auf LED-Basis wird der Mailänder Dom markant im Stadtraum sichtbar. Foto: Moritz Hillebrand

Mailänder Dom im besten Licht

Aus zuvor 175 Flutern, ausgestattet mit 400-Watt-Halogen-Metalldampflampen, machte Palladino 784 LED-Leuchten, die jeden Altar, jede Kanzel, jede Skulptur, jedes der eigenartigen Kapitelle in klarem Licht erscheinen lassen. Seine Devise ist mehr Licht bei weniger Anschlussleistung.

Von Stromverbrauch sprechen Elektroingenieure nicht so gern wie der Rest der Welt. Statt 70 kw, die die Anlage zuvor benötigte, sind nun nur noch 23,7 kW nötig, um das Innere des Doms zu erleuchten.

Seit 2015 sind dort Erco-Leuchten im Einsatz, hauptsächlich ‚Parscan‘-Strahler, täglich zwölf Stunden lang. Sie lassen sich per Tablet steuern. Programmiert sind zudem Szenarien und Zonierungen der Beleuchtung für Gottesdienste oder bestimmte Ereignisse des Kirchenjahres. Die Grundeinstellung sieht vor, dass sämtliche Leuchten eingeschaltet sind, nicht auf 100 Prozent, aber doch merklich sichtbar.

Eine Besonderheit der Erco-Strahler – innen wie außen – besteht in den eng bündelnden Spot- und Narrow-Spot-Spherolitlinsen, mit denen eine Ausleuchtung über große Distanzen möglich ist.

Die Lichtinstallation relativiert Unzulänglichkeiten der Tageslichtplanung in der Kathedrale, wie sie etwa Jacob Burckhardt bei seinem Besuch 1850 heftig kritisierte: „Es ist aber nichts anderes als die unschöne Verteilung des Lichtes, welches fast ganz aus den unteren Fenstern kommt, indem die Oberfenster in den nur wenig erhöhten drei Mittelschiffen so klein wie Dachluken aussehen und im Großen und Ganzen gar nicht zu wirken imstande sind.“

Fassadenbeleuchtung von Pietro Palladino

Von einem Mangel an Licht, das von oben kommt, kann nun nicht mehr die Rede sein. Um Bedürfnisse der touristischen Besucher zu befriedigen, die gutes Licht für Smartphone-Fotos benötigen, ist die Lichtmenge hoch. Basis ist ein verlässliches System, bei dem jede einzelne Leuchte konstant ihre warmweiße Lichtfarbe von 4 000 Kelvin hält und Streulicht oder gar Blendung vermeidet. Um die Leuchten vor Spannungsschwankungen zu schützen, wurden spezielle Relais eingebaut.

Pietro Palladino weiß, weshalb er der Erco-Technik vertraut, die kostspieliger ist. Da sie auf Jahre hinaus wartungsfrei ist, kommt sie ohne Nacharbeiten aus. Störende Absperrungen, Hebebühnen oder Gerüste in schwindelnder Höhe wären nach Palladinos Berechnung etwa dreimal so teuer wie eine einzelne Leuchte. Neben der allgemeinen Zuverlässigkeit ist auch das verlässliche Farbspektrum eines jeden Lichtpunktes von Bedeutung.

Die Denkmalpfleger der Dombauhütte arbeiten permanent daran, den Gesamteindruck des größten Kirchenbaus aus Marmor zu bewahren, die Schäden durch Luftverschmutzung zu beseitigen. Wie also kann das spezifische Farbspektrum des Marmors besser hervortreten, fragte sich Pietro Palladino. Eine Kombination aus drei Leuchtentypen (‚Lightscan‘, ‚Gecko‘ und ‚Focalflood‘) in einer Gesamtstückzahl von knapp 700 Einzelleuchten garantiert ihm die nötige Lichtmenge, um den Mailänder Dom vom gelegentlich unruhigen Hintergrund abzuheben.

Pietro Palladino
‚Lightscan‘-Projektoren machen sich unsichtbar. Mit dem Erco-‚individual-Programm‘ werden Gehäusefarbe und elektronische Ausstattung dem Projekt angepasst. Zeichnung: Pietro Palladino

Noblesse oblige

Von Italienreisenden auf Grand Tour wird der Mailänder Dom mal belächelt, mal bestaunt, mal verdammt. Goethe etwa befand 1788, da war die Fertigstellung längst nicht absehbar, „ein ganzes Marmorgebirg“ werde „in die abgeschmacktesten Formen gebracht“.

Ein halbes Jahrhundert später stellt James Fenimore Cooper (Autor von Lederstrumpf) die größte Eigentümlichkeit des Gebäudes heraus, die „Menge seiner Thurmspitzen, die gleich umgekehrten Tropfsteinbildungen aufstreben und die Zinnen desselben von allen Seiten umgeben“. Dies gäbe dem Gebäude „ein moschee-ähnliches, fantastisches Aussehen“. Standbilder „mehrerer rechtgläubiger Heiliger“ auf jeder solchen Spitze kündeten vom Charakter des christlichen Tempels.

Auch die Fialen und Skulpturen auf dem Dach werden regelmäßig erneuert und ausgetauscht. Um sie wirkungsvoll zu erleuchten oder zwischen ihnen aufs Mittelschiff zu strahlen, kommen seriell gefertigte ‚Lightscan‘-Projektoren zum Einsatz. Mit den Möglichkeiten des Individual-Programms hat man sie lichttechnischen wie denkmalpflegerischen Anforderungen optimal angepasst.

Bei der Fassadenbeleuchtung des Monuments inmitten des Stadtraums setzt Pietro Palladino auf das Motto „Mehr mit weniger“. Wieder sinken Anschlusswerte, diesmal etwa um ein Drittel, wieder nimmt die Zahl der Leuchten, nehmen Lichtstrom und Helligkeit zu.

Pietro Palladino
Mehr Helligkeit fürs Smartphone-Foto: Im Mailänder Dom kommt Licht von oben und erleuchtet alle Details. Foto:Moritz Hillebrand

Während etwa in Hamburg Lichtplaner seit Jahren kooperieren, um mit einem Masterplan den „Ensemblegedanken“ im Stadtraum zu stärken und den Lichtbedarf möglichst herunterzuschrauben, versuchen in Mailand die Kaufhäuser wie La Rinascente und andere Nachbarn, mit immer mehr Licht noch mehr Aufmerksamkeit zu erregen. Um auf ureigenem Terrain besser wahrgenommen zu werden, dreht also auch Pietro Palladino an der Helligkeitsschraube. Ob da noch der „mitternächtliche Mondschein“ sichtbar wird, der laut Heinrich Heine den besten Anblick gewährt?

So offenbart der Mailänder Dom manches Geheimnis, „dann kommen all die weißen Steinmenschen aus ihrer wimmelnden Höhe herabgestiegen und gehen mit einem über die Piazza und flüstern einem alte Geschichten ins Ohr, putzig heilige, ganz geheime Geschichten von Galeazzo Visconti, der den Dombau begonnen, und von Napoleon Buonaparte, der ihn späterhin fortgesetzt“. Mal sehen, ob das noch immer funktioniert.

Ferrara Palladino

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Pietro Palladino

Milan Cathedral appears in a new light. After the interior had been equipped with up-to-date, new lighting in 2015, the cathedral building’s office and light planner Pietro Palladino decided to present the façade in a new light and use products made in Germany.

Author: Thomas Edelmann

Milan Cathedral is now shining in new splendor. Construction on the Gothic structure started in 1386 and was completed as late as in 1813 with a façade that had been planned in Napoleonic times. It was now time to shine a new light. For a long time, the construction of the cathedral had been a project that determined the identity of the town and impacted on its reputation far beyond its boundaries. The structure of historical Milan is characterized by canals on which each building block of Candoglia marble was shipped right into the town center.

The marble originates from a site in the northwest of Lago Maggiore and it is harder than Carrara marble, with a pinkish, off-white shade. Knowing this is pivotal if you want to illuminate the historic monument correctly, says Pietro Palladino. The renowned Milanese light planner is the co-founder of Ferrara Palladino, the studio that he runs together with architect Cinzia Ferrara. He had already illuminated the cathedral’s interior with new lights on the occasion of Expo 2015. The hitherto unpleasantly glaring lighting was replaced by an appropriate lighting system.

In the best possible light

Pietro Palladino removed the 175 previously installed floodlights that were equipped with 400 watt metal halide lamps, and instead used 784 LED lamps to shed a clear light on each altar, each pulpit, each sculpture and each of the peculiar capitals, following his maxim to achieve more light with less power input.

Unlike the rest of the world, electrical engineers don’t like to talk about power consumption very much. Before the change the system used a total of 70 kilowatts to illuminate the cathedral’s interior. Now this figure has been cut to only 23.7 kilowatts. Since 2015, lamps by Erco have been in use, mainly ‘Parscan’ spotlights, for 12 hours each day. They can be controlled by tablet. In addition, there are programmed in scenarios and illumination zonings for church services or special events during the liturgical year. In the default setting all lamps are switched on, not at 100 percent, but to a sufficient extent.

A special feature of the Erco spotlights both inside and outside are the densely packed spot and narrow spot Sperolit lenses that enable light distribution over great distances.

At the same time, the light installation offsets the inadequacies of daylight planning in the cathedral, strongly criticized by Jacob Burckhardt, for instance, when he visited Milan in 1850: “It is nothing else but the unpleasant distribution of the light which comes almost exclusively from the lower windows, so that the upper windows in the only slightly raised central naves look like small roof hatches and are not able to have any overall effect.” Now it can no longer be claimed that there is a deficiency of light coming from above. The quantity of light is high to meet the requirements of tourists in need of adequate lighting conditions for their smartphones and photographs. It is based on a reliable system with which each and every lamp constantly emits its warm white light color with 4,000 Kelvin and avoids scattered or even glaring light. Special relays were added to protect the lamps from voltage fluctuations.

Pietro Palladino knows why he puts his trust on costlier Erco technology. Because it is maintenance-free for years to come and needs no follow-up checks. According to Palladino’s calculation, annoying cordoned-off areas, lifting platforms or scaffolds in dizzying heights would be about three times as expensive as one single lamp. In addition to general reliability, the dependable color spectrum of each spotlight is important. The curators of the cathedral’s construction team are permanently working on preserving the overall impression of the biggest church construction of marble, attempting to remove the damage caused by air pollution. So Pietro Palladio asked himself how the specific color spectrum of the marble could be showcased from a better angle. By combining three lamp types (‘Lightscan’, ‘Gecko’ and
‘Focalflood’) to the tune of almost 700 individual lights in total, he achieved the necessary amount of light to make the cathedral stand out against its sometimes restless background.

Noblesse oblige

Visitors to Italy on their Grand Tour will sometimes belittle, admire or curse the cathedral. In 1788, when completion was still unforeseeable, Goethe decreed that “a whole marble mountain range is being converted into the most tasteless shapes”. And half a century later, James Fenimore Cooper (author of ‘The Leatherstocking Tales’) emphasized the biggest peculiarity of the building – “the sheer quantity of spires, rising like reverse stalactite formations towards the sky and surrounding its merlons from all sides”. This, he says, “gives the building a mosque-like, fantastic appearance”. Statues of “several orthodox saints” on each of these merlons herald the character of the Christian temple, he says. The pinnacles and sculptures on the roof are also regularly restored or replaced. Serially produced ‘Lightscan’ projectors are used to illuminate them effectively or shed light onto the central nave between them. Using the possibilities of the individual Erco range, they were adapted optimally to meet all requirements of light technology and heritage preservation.

Working on the illumination of this monument in a central, urban space, Pietro Palladino’s motto was “more with less”. Once again consumption has been cut (this time by about a third), and the number of lamps keeps growing while luminous flux and brightness increase. While in Hamburg light planners have co-operated for years to strengthen the “ensemble concept” in urban space with a master plan to lower lighting demands by as much as possible, department stores in Milan like Rinascente and other neighbors try to attract ever more attention by ever more light.

So the cathedral building office, too, tightens the screw of brightness in order to be perceived better on its own terrain. Given this fact, will “moonshine at midnight” still be visible which, according to Heinrich Heine, will provide the best sight? Because then Milan’s Cathedral will reveal some of its little secrets, “all the white stone people climb down from their swarming height to accompany you across the piazza, whisper ancient stories in your ear, cute and very secret stories about Galeazzo Visconti who started building the cathedral, and about Napoleon Buonaparte, who continued building it later on.“ Let us try to emulate this.


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