AfD und jedes andere Nazipack, Junggesellenabschiede, Fundamentalisten, Flugzeugfurzer, Wurstfabrikanten à la Uli Höneß, Pelzträger, Hater, Deutsche Telekom, Sexisten (…) würden wir freundlich bitten, uns die Poperze zu zuzeln und draußen zu bleiben. Alle anderen: Immer schön hereinspaziert“. So.
Mit dieser klaren Ansage – zu lesen auf einem polierten Messingschild – begrüßt das Frankfurter Hotel Lindley Lindenberg seine Gäste. Und es ist nicht nur seine Türpolitik, die es vom gewohnten Standard unterscheidet. Aber gehen wir einen Schritt zurück. Und zwar im räumlichen Sinne, nämlich vor die Eingangstür und blicken hinauf auf die Stirnseite des Baukörpers. Denn hier verrät das Hotel bereits einiges vom Hotelkonzept, von dem, was nicht nur für Gäste, sondern auch für Frankfurter ein Gewinn ist.
Heterogenes Stadtviertel
Die dieses Jahr eröffnete Herberge befindet sich im Frankfurter Osthafen. Ein Viertel, das heterogener nicht sein könnte: Zwischen Autohäusern, Baustoffhändlern und Schiffscontainern zog die dort ansässige Klubszene Werbeagenturen und Designmöbelhäuser, Restaurants und Hotels, Start-ups und Fitnessstudios an.
In Sichtweite des schimmernden Turms der Europäischen Zentralbank werden immer mehr neue Wohn- und Bürobauten mit der rauen, lauten und surrenden Atmosphäre des Quartiers verwoben. Das Hotel Lindley Lindenberg befindet sich mittendrin. Der sieben Geschosse hohe Bau steht mit seiner schmalen Seite zur Straße. Zu seinem Nachbargebäude im Westen teilt es sich eine Terrasse und einen kleinen, zukünftig auch wilden Garten, dessen Triebe aber noch frisch aus dem Boden schauen.
Hotelkonzept von Außen sichtbar
Die große Schau läuft auf der Stirnseite, denn hier offenbart eine Glasfassade den Blick auf buntes Leben: Im ersten Obergeschoss findet gerade ein Event statt, es wird getanzt und gelacht. Eine Etage darüber stecken in einem in Senfgelb leuchtenden Salon eine Handvoll Menschen ihre Köpfe in Laptops und Bücher.
Im dritten Obergeschoss befindet sich ein Kräuterraum und eine Etage weiter kochen ein paar Leute zusammen. Daneben streckt sich ein Baum über zwei Geschosse in die Höhe. Und wer den Kopf weit in den Nacken legt, der kann im obersten Geschoss eine Terrasse entdecken, auf der gemütlich Drinks genossen werden.
„Die Stirnseite soll wie ein Setzkasten voller wundersamer Räume wirken“, erklärt der mit dem Hotelkonzept beauftragte Architekt Robin Heather vom Frankfurter Architektur- und Designstudio Aberja. Es ist, als hätte man einen Schnitt durch das Gebäude gemacht und das Hotelleben für Passanten offengelegt.
Auch architektonisch wird die Schmalseite betont: Gusseiserne, dreieckige Elemente formen sich zu einem Ornament und legen sich wie ein Band um den Setzkasten. Die Offenheit des Hotels signalisiert, dass nicht nur der Hotelgast willkommen ist, sondern das sich viele Angebote an alle richten.
Die betonte Andersartigkeit des Hotels zeigt sich auch beim Betreten. Die klassische Lobbyatmosphäre auf gedämpftem Teppich fehlt. Stattdessen wird man vom Duft frisch gebackenen Brotes empfangen, das von einer Bäckerei angeboten wird. Gleich davor befindet sich ein langer Tisch, an dem Menschen Kaffee trinken, arbeiten und lesen. Fast würde man bei dem Angebot der Bäckerei den Counter zum Check-in übersehen, auch wenn sich der gleich gegenüber vom Eingang befindet.
Farbgestaltung betont vielgestaltigen Innenausbau
So vielschichtig das Angebot an Gemeinschaftsräumen für die Gästegemeinschaft und an öffentlichen Bereichen des Hotels ist, so vielgestaltig ist auch der Innenausbau. Er lebt von einer Fülle an Farb- und Oberflächenwechseln. Jeder dieser Räume weist eine eigene Farb- und Materialpalette auf und vermittelt dadurch eine individuelle Atmosphäre.
So ist die Gästeküche im obersten Stock in lichtem Blau gehalten und an eine farbenfrohe Terrasse angeschlossen. Eine zweite, etwas größere Gästeküche strahlt in einem hellen Korallton. „Die Gute Stube“ leuchtet in Gelb- und Ockertönen. Die für jedermann zugängliche Bar im sechsten Obergeschoss spielt mit Zitaten aus der Postmoderne und den 1920er Jahren und vermischt diese mit zeitgenössischen Möbeln zu einer entspannten Atmosphäre.
Offenes Hotelkonzept für offene Gäste
Die 100 Hotelzimmer variieren zwischen 16 und 22 m² Größe. Schlaf- und Badbereich werden lediglich durch einen durchlässigen, feingliedrigen Raumtrenner aus Metall separiert: Vom Bett kann man also durchaus in die Dusche blicken. Allein das WC ist in einer Box versteckt, die einem Schrank ähnelt.
Fast jedes Möbelstück in den Zimmern ist ein Multitasker. So dient beispielsweise der Raumtrenner sowohl als Waschtisch wie auch als Kleiderschrank, Ablage und zur Medienunterbringung
Einen großen Teil des Mobiliars hat man erst vor kurzen auf den Designmessen dieser Welt gesehen. Man könnte meinen: Mehr Zeitgeist geht nicht. Überall finden sich Instagramgerechte Motive. Zahlreiche Secondhand-Schätze, die mit Liebe wieder aufbereitet wurden, mischen sich unter die neuen Einrichtungsgegenstände. Dabei hat es das Frankfurter Büro Aberja geschafft, das Gesamtarrangement mit all den unterschiedlichen Atmosphären nicht eklektizistisch wirken zu lassen. Es gibt immer wieder Elemente, die aufgrund ihrer Omnipräsenz das gestalterische Gefüge für das Hotelkonzept zusammenhalten.
Materialcollage für instagramgerechte Motive
Da ist zum Beispiel das Metallregal, das in den Hotelzimmern Bad- und Schlafbereich zoniert. Dieses zierliche Element aus gebogenen und geraden Streben wird universal eingesetzt, beispielsweise in der Bäckerei, wo es den Backbereich vom Gastraum als Großstruktur abtrennt und zugleich als Regal und Ablage dient. Auch Walnussholz und Kupfer bei den Einbauten, der angeschliffene Gussasphalt am Boden sind Materialien, die immer wieder zum Einsatz kommen.
Ebenso auch die signifikante, rautenförmige Keramikfliese, die von den Architekten eigens mit Kaufmann Keramik für das Hotel entwickelt wurde und in unterschiedlichen Farben eingesetzt wird. Als Wandverkleidung im WC und in der Dusche, als Kopfteil der Betten, am Kachelofen in der „Guten Stube“ und als Spritzschutz in den Küchen, um nur wenige Beispiele zu nennen.
Damit gelingt den Architekten mit ihrem Interieurdesign etwas ganz Besonderes: Sie schenken dem Hotel mit ihrem Hotelkonzept eine Persönlichkeit – das Lindley Lindenberg ist ein etwas exzentrischer, sehr interessanter und ausgesprochen herzlicher Dandy, bei dem man gerne länger zu Gast ist.
Die Architekten Juliane Maier, Robin Heather gründeten 2016 das Frankfurter Planungsbüro Aberja. Mit 5 Mitarbeitern erarbeiten sie Konzepte für Architektur, Interior und Fassadendesign.
Factsheet
Projekt: Lindley Lindenberg
Standort: Lindley Strasse 17, 60314 Frankfurt
Bauaufgabe/Innenarchitektur: Interiordesign/ Fassadendesign eines Hotels
Architekten: Franken Architekten Group, www.franken-architekten.de
Fertigstellung: 2019
Geschosse: 7
Nutzfläche: 2850 m²
Materialien (Decke, Wand, Boden): Gussasphalt, Massivholzparkett Walnuss, Fliesen von Keramik Kaufmann, Tapeten von Arte und in Eigenentwicklung, umfassende Farbgestaltung nach Farbleitplanung von Aberja
Möblierung/Sanitär/Beleuchtung/Hauskommunikation: Raumtrenner und Möbel nach Entwurf von Aberja
Umsetzung: Innenausbau Biermann, Gebrüder Jung, Arthur Z, Tatcraft, Objektleuchten, Klemm Vivendi
Weitere Ausstattung: Thonet, e15, Fennobed, Thonet Vienna, Kvadrat/Kinnasand, Fashion for Floors, Frank Landau, Creation Baumann, Rossittis