Die Architektur des Bestandsgebäudes der psychiatrischen Privatstation der LVR-Klinik Köln ist geprägt von hohen Räumen mit viel Tageslicht und Offenheit. Innenarchitektin Sylvia Leydecker konnte mit ihrer Innenraumgestaltung auf diese Parameter aufbauen.
Die Idee der Offenheit, Präsenz und der Möglichkeit zum Rückzug entwickelte sie weiter und führt sie in die Zukunft. Teil der umfangreichen Umgestaltung, bei der ein besonderes Augenmerk auf die Farbgestaltung gelegt wurde, sind folgende Bereiche: Foyer, Lounges, Patientenzimmer, Bäder, Personal- und Funktionsbereiche. Der Anspruch an eine angenehme Atmosphäre war hoch.
Healing Environment: Ort zur Heilung der Seele
Dennoch gibt es keinerlei Kompromisse an die Funktionalität. Suizidprävention als auch Anforderungen an die Hygiene konnten dezent integriert werden. Arbeitsprozesse wurden sorgfältig durchdacht. Anstelle einer emotional beklemmenden Klinikatmosphäre entstand eine angenehm beruhigende und gleichermaßen inspirierende Atmosphäre.
„Die Patienten sollen einen angenehmen Ort zur Heilung der Seele finden. Das Healing Environment der Räume soll das Gefühl von Schutz und Geborgenheit, Vertrauen und Zuversicht vermitteln“, erklärt die Innenarchitektin ihre Gestaltungsintention. Sie verwendet hauptsächlich helle Materialien, von der Natur inspirierte Farben, sanfte Texturen und eine Formensprache, die von Eleganz und klarer Modernität geprägt ist.
Offenheit und Rückzug
Die Patienten haben je nach Stimmung und Gemütszustand die Wahl zwischen verschiedenen Aufenthaltsorten. Im offenen Foyer, direkt am Entrée geht es trubeliger zu als in der geselligen Lounge und im Aufenthaltsbereich. Wer sich zurückziehen möchte, befindet sich in seinem privaten Patientenzimmer auf sicherem Terrain. Es gibt unterschiedliche Typologien: Einbett-, Zweibett- oder Flex-Zimmer. Jedes für sich bietet ein Maximum an Privatsphäre — auch bei einer Zweierbelegung.
Einen Zwischenraum, ein charmantes „In between“ bilden kleine separate Eingangsbereiche, die die Möglichkeit bieten, am Leben „draußen“ teilzuhaben, ohne die Geborgenheit des eigenen Zimmers zu verlassen. Diese Zwischenräume geben außerdem Ärzten die Möglichkeit, ihre Patienten zu besuchen. Ein Ansatz, den LVR bereits früher verfolgte.
Im Sinne der umfassenden Barrierefreiheit dachte Sylvia Leydecker auch an zwei rollstuhlgerechte Patientenzimmer. Die Brailleschrift hilft blinden Menschen bei der Orientierung. Offenheit, Rückzug und Privatheit erhalten durch verschiedene, gezielt eingesetzte Stilmittel eine Differenzierung, sodass unterschiedliche, hochwertige Szenarien entstanden.
Das Pflegebad strahlt einen Wellnesscharakter aus. Das erreicht die Innenarchitektin durch den Einsatz differenzierter Materialien mit unterschiedlichen Qualitäten wie Mosaiksteinen, Holz und Textilstrukturen. Hinzu kommt eine moderne Lichtsteuerung in Kombination mit Sound. Lichtfarbe und Sound können frei gewählt werden und begleiten im positiven Sinne das erholsame Bad.
Innenarchitektur, die umarmt
Die Lounges sind mit einer Kaffeebar ausgestattet. Verschiedene Sitzmöglichkeiten wie bequeme Bänke und Stühle, eine variable Sofalandschaft sowie Schaukelstühle stehen zur Wahl. In Schränken und niedrigen Sideboards finden sich Bücher und Spiele. Manche Wände sind noch bewusst neutral gehalten. Diese warten auf die Kunstwerke der Patienten. Lediglich die Wahl des Farbtons ‚Resedagrün‘ setzt einen farbigen Akzent. Dieser soll Entspannung und Ruhe fördern, alles weitere ist in zurückhaltenden Naturnuancen gehalten.
„Die Räume sollen nicht streng wirken, sondern einer Umarmung gleichen. Sie sollen die Menschen emotional auffangen und ihre Heilung unterstützen.“ Sylvia Leydecker ist sich sicher: Das gelingt durch eine angenehme Atmosphäre in den Innenräumen, die geprägt ist durch Einblicke und Ausblicke, eine bewusste Wegeführung, von der Natur inspirierte Farbnuancen, Formen und Texturen, aber auch die mit Bedacht gewählten Proportionen.
Patient Experience
Am Boden setzte Sylvia Leydecker nachhaltigen Kautschukboden ein. Dieser ermöglicht eine farbliche Differenzierung der unterschiedlichen Funktionszonen. Ausgewählte Wandbeläge mit fein texturierter Qualität unterscheiden sich vom Standardanstrich. Sie sind Teil des Akustikkonzepts, genau wie die akustisch wirksamen Decken. Megaprints sanft wogender Gräser unterstreichen den natürlichen, entspannten ersten Eindruck im Foyer und sollen stressreduzierend wirken. Private Terrassen und die umgebende Landschaftsarchitektur bekräftigen den harmonischen, positiven Gesamteindruck, die sogenannte ‚Patient Experience‘. In den warmen Monaten fließen Außen und Innen ineinander über. Die Innenarchitektur findet ihren Soulmate, ihr Pendant, in der Natur, als Healing Environment, das der Seele guttut.
Buffet und Showküche
Aufgeteilt in einen offenen und geschützten Bereich sind parallele Lounges zum Speisen entstanden. Anspruch war es, den Aufenthalt, ähnlich wie in einem gehobenen Restaurant, wertig zu gestalten. Die edel wirkende Küche ist rollstuhlgerecht und auch als Therapieküche geeignet. „Sie fungiert als repräsentatives Buffet, kann aber auch zum Showcooking dienen“, zeigt sich Leydecker begeistert. Bequem lässt sich diese flexibel arrangieren und wechselnden Bedürfnissen anpassen. Die Gestaltung folgt einer Linie, lässt aber gleichzeitig eine Freiheit zu, die Eigeninitiative in der Nutzung erlaubt.
Attraktive Personalbereiche integrieren sich mit ihrer frischen Farbgebung in das Corporate Design von LVR und tragen so zur gemeinsamen Identität und Motivation der Mitarbeiter bei. Die Funktionsbereiche lassen Einblicke zu und entsprechen der Markenidentität. Hier wird Menschlichkeit auch hinter den Kulissen gelebt.
Fakten
Projekt: LVR-Klinik Köln, Privatstation
Standort: Wilhelm-Griesinger-Straße 23, 51109 Köln
Fertigstellung: 2021
Innenarchitektur: 100% Interior, Webseite des Innenarchitekturbüros
Produkte/Hersteller: SMV, www.smv-gmbh.de
Fotos: Karin Hessmann, www.karin-hessmann.de