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Start-up-Feeling bei Contentful Berlin

Start-up-Feeling bei Contentful Berlin
Innenarchitektur von Toi Toi Toi

In einem Neubau von RKW Architektur schufen die Melissa Amarelo und Stephanie Lund von Toi Toi Toi Creative Studio für Contentful eine Bürowelt auf fünf Ebenen. Der Geist der Anfangszeit sollte trotz Vergrößerung des Unternehmens erhalten bleiben.

Autor Thomas Geuder

Bereits im Jahr 2018 gestalteten Stephanie Lund und Melissa Amarelo vom Berliner Büro Toi Toi Toi Creativ Studio die ersten Räumlichkeiten des 2012 gegründeten Unternehmens Contentful. Für den Anbieter umfassender Web- und IT-Lösungen entwickelten sie ein jugendliches, frisches und helles Interior, das für das noch junge Team vielfältige Arbeitszonen bereithielt.

Seither wuchs das Unternehmen auf rund 800 Mitarbeiter an den drei Standorten Berlin, San Francisco und Denver. Deshalb verlagerte man das Berliner Hauptquartier in einen Teil des neuen, von RKW Architektur errichteten Bürogebäudes im Berliner Brunnenviertel, vom Projektentwickler Townscape sinnstiftend „Enter Berlin“ genannt. Amarelo und Lund erhielten erneut den gestalterischen Auftrag. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, den Start-up-Spirit aus den vorherigen Flächen auf die neuen Räume zu übertragen und auf die beinahe zehnfache Größe zu erweitern. Gleichzeitig sollten sie veränderte Anforderungen an die Arbeitsbedürfnisse räumlich umsetzen.

Ort des Zusammenseins

Gelebte Start-up-Kultur ist ein wichtiger Teil der Contentful-DNA. Konkret bedeutet das, dass das Büro nicht nur Arbeitsplatz ist, sondern ein Ort des Zusammenseins mit Freunden und Familie, auch nach der eigentlichen Arbeitszeit. Ein Raum für fast alle Unternehmungen also, die nichts mit dem privaten Wohnen zu tun haben. Für die Gestalterinnen von Toi Toi Toi ging es nun um die Frage, mit welchen Maßnahmen man diesen Gründergeist auf die neuen Flächen projizieren und dabei einen wichtigen Schritt in eine moderne Arbeitswelt gehen kann, ohne dieses Basisgefühl zu verlieren.

„Bei unserem Design ging es nie darum, zur Arbeit zu gehen und das Gefühl zu haben, dass man in einem Büro ist“, erläutern Amarelo und Lund ihre Idee. „Wir wollten, dass sich alles großzügig anfühlt und man den Komfort von zu Hause erlebt.“

Sitzmöbel zum Relaxen. Foto: Koy + Winkel

Zugleich sollten agile Räume in einem neuen Standard entstehen. Großen Einfluss darauf hatten auch die Erfahrungen aus der Pandemiezeit, die das Arbeiten im Büro und damit den Blick auf dieses Thema in den letzten drei Jahren deutlich verändert haben.

Toi Toi Toi betrieb partizipative Planung

Um herauszufinden, was die Mitarbeiter von Contentful tatsächlich benötigten, führte Toi Toi Toi zunächst Workshops und Befragungen durch. Ein Design-Komitee sorgte dafür, dass sich alle auf die Planungsreise begeben konnten. Entscheidungen wie etwa die Benennung von Besprechungsräumen nach inspirierenden Menschen und Orten entstanden als direkte Ergebnisse aus den Komiteetreffen. Ebenso trifft das auf eine hundefreundliche Abstimmung aller Einrichtungen oder sogar die Benennung von Druckern nach den Hundenamen von Teammitgliedern zu.

Vielzahl an Grundrissen

Als wichtiger Punkt im Entwurf von Toi Toi Toi galt auch die Schaffung von Arbeitsräumen, in denen sich alle miteinander vernetzen und sicher fühlen können – besonders vor dem Hintergrund der Coronapandemie, die nur wenige Monate nach Planungsbeginn ausgebrochen war. Zugleich sollten die Räume für Remote Work sowie virtuelle Meetings geeignet sein und flexibel auf die Bedürfnisse der Teammitglieder reagieren können.

„Wir haben besonderes Augenmerk auf die Teamräume gelegt“, erklären Amarelo und Lund ihren Ansatz. „Da das Unternehmen ständig wächst, ermöglicht unser Entwurf eine hohe Flexibilität dank einer Vielzahl an Grundrissen für agiles Arbeiten und Mehrzwecknutzungen.“

Agiles Arbeiten

So kann der konkrete Arbeitsplatz nach der jeweiligen Aufgabe und dem jeweiligen Arbeitsstil ausgesucht werden – von ruhig und zurückgezogen bis gemeinsam und im Team. Im gesamten Gebäude verteilte Schließfächer mit digitalem Zugang über eine App, Karte oder per Pin bieten Stauraum für die Mitarbeiter.

Das erleichtert die individuelle Anordnung der Möbel, was besonders in den Besprechungsräumen große Vorteile für die Teams bringt. Interaktive Bildschirme und Kanban-Whiteboards sollen zur vielseitigen Arbeit anregen. Auch das Mobiliar in den übrigen Gemeinschaftsbereichen lässt sich mit wenigen Handgriffen schnell neu arrangieren.

Im ‚Lovelace‘-Space beeindruckt ein digitales, 10 m breites Board. Es dient als Projektionsfläche und Whiteboard zugleich. Foto: Koy + Winkel Fotografie

Viele verschiedene Sitz- und Liegemöglichkeiten bieten den IT-Fachleuten die zu jeder Zeit richtige Arbeitsatmosphäre. Wer etwa ruhig und konzentriert arbeiten möchte, kann in akustisch abgeschirmten Kabinen in den Bürobereichen Platz nehmen. Und natürlich – auch das darf in einem vom Start-up-Gefühl geprägten Unternehmen nicht fehlen – gibt es die Möglichkeit, Tischtennis, Tischfußball oder sogar Billard zu spielen.

Entspannungskapseln

Eine Besonderheit findet sich hinter einer Tür, deren Zugang aus Mooswänden besteht. In einzelnen Kapseln können die Mitarbeiter eine entspannende und wohltuende Auszeit bei einem Nickerchen nehmen, was nicht zuletzt den Contentful-Pendlern zwischen Deutschland und den USA zugutekommen soll. Die Kabinen verfügen über eine Chromatherapie mit verschiedenen Lichtstimmungen für eine besonders gute Erholung. Für Wohlbefinden und Ausgleich schuf Toi Toi Toi außerdem einen Yoga-Wellness-Bereich im Erdgeschoss.

Wichtigste Anlaufstelle und Herz des Neubaus ist allerdings das ‚Ritter Café‘. Es ist nach der Adresse des früheren Bürostandorts benannt. Hier erleichtert eine vornehmlich klare Möblierung mit großen Gruppentischen, Lounge-Möbeln, Sofas und Sesseln den sozialen Austausch.

Das ‚Ritter Café‘. Foto: Koy + Winkel

DDR-Industrie-Wandleuchten aus den 1960er- und -1970er-Jahren sollen die Verbindung von Alt und Neu herstellen. „Die Liebe zum Detail schätzen die Contentful-Mitarbeiter am meisten“, ergänzen die Inhaberinnen von Toi Toi Toi ihre Entwurfsidee.

Bewusste Materialauswahl

Wer heute Büroräume ausstattet, muss auch auf Nachhaltigkeit achten. Das betrifft in besonderer Weise die ausgewählten Materialien: Das ‚Ritter Café‘ etwa ist deshalb mit einem Biopolymer-Bodenbelag ausgestattet, der auf ausrangierten und recycelten Fischernetzen aus der Nordsee basiert. Die Akustikdeckenbeschichtung ist ebenfalls Cradle-to-Cradle-zertifiziert, die verwendeten Stoffe fußen auf nachwachsenden Rohstoffen, sind kompostierbar oder aus recyceltem Post-Consumer-Polyester. Das trifft auch auf die zu 100 % aus Plastikflaschen bestehenden Akustikpaneele zu. Ebenso zur Nachhaltigkeit trägt bei, dass einzelne Möbel vom früheren Standort wieder zum Zuge kamen. Im Übrigen setzten Toi Toi Toi vornehmlich lokale Produkte ein und arbeiteten mit Lieferanten, Handwerkern und Start-ups zusammen, die nachhaltig agieren.

Weiche Faktoren

Ebenfalls zählt es zu einer modernen Büroplanung für einen international agierenden Konzern, Themen wie Gender, Religion und Familie in der Planung zu berücksichtigen. So gibt es private rituelle Waschräume, Gebetskapseln, die auch zur Meditation genutzt werden können, sowie eine Zone für Eltern und Kinder mit angrenzendem, privatem Raum zum Stillen, Füttern und Wickeln. Die Toiletten sind geschlechtsneutral gehalten und verfügen über ein großes Gemeinschaftswaschbecken.

Ruheraum für Eltern mit ihren Kindern und für stillende Mütter. Foto: Koy + Winkel

Leitsystem aus 3D-Symbolen

Um die diversen Bereiche und Räume schnell finden zu können, haben die beiden Interior Designerinnen mit dem Berliner Grafikdesignbüro Startling Brands ein Leitsystem aus zahlreichen 3D-Symbolen entwickelt. Es ist zurückhaltend integriert, jedoch überall zu finden. Die teils als wandhängende Objekte, teils als Schilder oder als Aufkleber wiederkehrenden Hinweise in den Unternehmensfarben sollen die Markenidentität und die Werte von Contentful transportieren.

Mit einer gewissen Verspieltheit vermitteln sie die Ambitionen des vergleichsweise jungen Global Players. Die Elemente unterstreichen das von Melissa Amarelo und Stephanie Lund avisierte „kühne, progressive Design ohne Ego“.


Die Inhaberinnen von Toi Toi Toi: Stephanie Lund (links ) und Melissa Amarelo. Porträt: Gabriella Achadinha

Toi Toi Toi

Stephanie Lund (links) und Melissa Amarelo gründeten ihr Büro 2017. Ihre Schwerpunkte liegen in den Gebieten Büro, Gastronomie, Wohnen und Ausstellungsdesign.


Fakten

Projekt: Contentful Berlin
Standort: Max-Urich-Straße 3, 13355 Berlin

Bauherr: Contentful GmbH
Bauaufgabe: Gestaltung der Räume
Architektur: RKW Architektur
Innenarchitektur: Toi Toi Toi Creative Studio, Webseite des Büros
Grafikdesign: Startling Brands
Fertigstellung: April 2022
Geschosse: EG bis 5. OG
Nutzfläche: 8 215 m²
Materialien (Auswahl): Akustikpaneele ‚Refelt‘ von Devorm, Trennwandsysteme mit Einscheiben-Ganzglaswand ‚T50‘ von Goldbach Kirchner, Deckenakustikpaneele von Owa, Akustik-, Heiz- und Kühldecke ‚Alumline‘ von Zehnder, Teppichboden ‚Composure Isolation‘ von Interface, Bodenbelag ‚Marmoleum Walton‘ von Forbo
Möblierung (Auswahl): Hochstuhl ‚Crona Up‘ von Brunner, Stuhl, Sofa, Tisch der Serie ‚High Nest‘, modulares Sitzmöbel ‚Runway‘, Stuhl ‚Proto‘ von +Halle, Stuhl ‚Marien 152‘ von Coalesse, modulares Tischsystem ‚Lite‘, Beistelltisch ‚Musette‘ und Loungesessel ‚Nook‘ von Devorm, Beistelltisch ‚Puck‘, Stuhl ‚Ema‘, Tisch ‚LTS‘ von Enea, Bürodrehstühle ‚Cosm‘ und ‚Sayl‘ von Herman Miller, höhenverstellbare Schreibtische von König + Neurath, Loungemöbel ‚B-Free‘, Sofa ‚Fuuga‘, Bürodrehstuhl ‚Reply‘ von Steelcase, Tisch und Hocker ‚Co‘ von Vank, Stuhl ‚Rookie‘, Beistelltisch ‚Cork Family‘ von Vitra, höhenverstellbarer Konferenztisch ‚Timetable Lift‘ von Wilkhahn
Beleuchtung (Auswahl): Lineardeckenleuchten und Pendelleuchte ‚Lincor‘ von Zumtobel, allgemeine Bürobeleuchtung ‚Mova‘ von Molto Luce, Lichtkanal ‚LC50‘ und Hängeleuchte ‚Parelia‘ von Trilux, Hängeleuchte ‚Darf‘ von Wever & Ducré

Interview mit Stephanie Lund und Melissa Amarelo

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