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Nachhaltiges Büroensemble von Tchoban Voss Architekten und de Winder Architekten

Büroensemble Edge Südkreuz Berlin von Tchoban Voss Architekten und de Winder Architekten
Freie Platzwahl

In einem Bürogebäude am Berliner Südkreuz haben de Winder Architekten eine non-territoriale Bürolandschaft geschaffen, die für die Mitarbeitenden verschiedene Arbeitsorte bereithält. Das von Tchoban Voss Architekten errichtete Bauwerk ist ein Holz-Beton-Hybrid, dessen hölzernes Tragwerk raumprägend ist.

Autor: Thomas Geuder

Moden und Trends in Farbe und Material beeinflussten schon immer die Gestaltung von Büros. In den letzten gut 20 Jahren war zusätzlich die Digitalisierung ein wirkmächtiger Treiber, der das Arbeiten grundlegend modifiziert hat. Die Coronapandemie schließlich hat die Möglichkeiten für Kollaboration und Austausch noch einmal auf ein neues Level gehoben.

Für die Mitarbeitenden sind heute die Büros oft eher eine Art räumliches Angebot, denn einen Teil ihrer Aufgaben können sie im Grunde auch zu Hause oder im Kiez-Café erledigen, örtlich und zeitlich flexibel also, den Lebensumständen angepasst. Diese veränderte Nutzerperspektive prägt letztlich auch die Arbeit von Gestalterinnen und Gestaltern, bei deren Entwürfen es nicht mehr nur um Farbe, Material und Produkt geht, sondern auch um die Frage nach der Organisation und Struktur der Büroarbeit. In manchen Fällen beinhaltet das sogar die Initiierung eines Change-Prozesses bei den Auftraggebern, hin zu einer Bürolandschaft, die auch von Mitarbeitenden mitentwickelt ist. So auch bei diesem Projekt von de Winder Architekten, dem Büroensemble Edge Südkreuz in Berlin.

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Das Büroensemble EDGE Südkreuz Berlin besteht aus zwei Baukörpern, die den Vorplatz des Etagenbahnhofs räumlich fassen. Foto: HG Esch

Verortung

Tchoban Voss Architekten haben hier ein nur auf den ersten Blick gewöhnliches Ensemble aus zwei Gebäuden geschaffen. Es bildet den östlichen Abschluss des Stadtentwicklungsgebiets „Schöneberger Linse“ mit einem Nutzungsmix aus Wohnen, Arbeiten, Kultur und Gewerbe.

In der Außenansicht fügen sich die beiden Siebengeschosser recht geschmeidig in die Architektursprache des Orts, mit engmaschiger Lochfassade und Glasfaserbetonplatten in jeweils zwei verschiedenen Farben, durchbrochen hier und da durch polygonartige Portale, angedeutete Pilaster sowie mehrgeschossige Fensterflächen und Öffnungen. Der Hildegard-Knef-Platz vor dem Etagenbahnhof erhält dadurch eine sinnvolle stadträumliche Fassung.

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Im Carré, dem größeren der beiden Baukörper, bildet ein gebäudehohes Atrium ein repräsentatives, halböffentliches Zentrum. Foto: Mark Seelen Photography

Repräsentatives Atrium

Spannend mit Blick auf das Thema Büro wird es beim größeren der beiden Ensemblegebäude, dem sogenannten ‚Carré‘: Vom Platz aus schlüpft man zunächst durch die sieben Meter hohe, gläserne Eingangslobby und gelangt in das gebäudehohe, mit ETFE-Folien überspannte Atrium, in das viel Tageslicht gelangt.

Die Atmosphäre prägen hier die hellen Innenfassaden, der matte Industrieboden reflektiert das Licht zusätzlich. Wirkungsvoll stehen in diesem großmütigen Raumvolumen vier ‚Trees‘, stilisierte Bäume mit aufstrebender Holzlamellenstruktur mit Plattformen als informelle Treffpunkte in deren Wipfeln. Der größte Baum hat eine Höhe von knapp 15 m und einen Plattformdurchmesser von 6,20 m, der niedrigste eine Höhe von 4,28 m und einen Durchmesser von 7,20 m. Sie sind verbunden durch konstruktiv minimierte Treppenanlagen, auf denen ein reizvolles Flanieren durch den Raum möglich ist.

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Die Fläche des Atriums ist dreigeteilt und bietet Platz für Co-Working oder einfach zum Verweilen mit einem Kaffee. Foto: Mark Seelen Photography

Repräsentative Begegnungsstätte

Dieses zentrale Raumvolumen fungiert für de Winder Architekten, die die komplette, 22 000 m² große Bürofläche ausformuliert haben, außerdem als halböffentliche, repräsentative Begegnungsstätte. Die Zonierung erfolgt durch die Sitzlandschaft, die die Atriumfläche in die drei Bereiche Cafeteria, Coffee Area und Co-Working einteilt.

So gibt es große Tische für Gruppenarbeiten, dem Restaurant zugeordnete Tisch-Bank-Kombinationen sowie loungeartige Sofainseln, die mit Beistelltischen zum entspannten Verweilen einladen. Um die Akustik in dem immerhin 26 m hohen Raum in den Griff zu bekommen, sind absorbierende Filzpaneele in den Möbeln integriert. Verschiedene kleinere bis baumgroße Pflanzen holen ein Stück echte Natur hinein. Die angenehme Höhenstaffelung der Sitzlandschaft erzeugt im Zusammenspiel mit den ‚Trees‘ erfrischende Wahrnehmungs- und Sichtbezüge.

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Vier baumähnliche Stelen, die sogenannten „Trees“, die wie in einem Gewächshaus emporwachsen, bilden den Blickfang im Atrium. Foto: HG Esch

Hybrides Tragwerk von Tchoban Voss Architekten

Die ‚Trees‘ sind durch ihre Materialität gleichzeitig ein Verweis auf die Gebäudekonstruktion, ein Holz-Beton-Hybrid-Tragwerk mit hohem Holzanteil. Beton ist beim Fundament und Untergeschoss eingesetzt. Für Tchoban Voss Architekten stand dabei im Vordergrund, den CO2-Fußabdruck und das Gewicht des Bauwerks zu reduzieren und nachhaltige, nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip recyclingfähige Materialien zu verwenden.

Insgesamt wurden 1.190 Holz-Hybrid-Deckenelemente verbaut, die auf 1 280 Brettschichtholz-Fassadenstützen lagern. Die Wände bestehen aus 445 Multibox-Wandelementen mit einer Fläche von 16 000 m². Alles in allem besteht der Hochbau aus 3 500 m³ FSC-zertifiziertem Fichtenholz. So konnte das Gewicht des Bauwerks deutlich reduziert werden, was sich nicht zuletzt auf sämtliche Bauteil-Dimensionierungen ausgewirkt hat.

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Das Gebäude ist ein Holz-Beton-Hybrid, dessen offene Holzkonstruktion die Atmosphäre in den Büroräumen prägt. Foto: Mark Seelen Photography

Zurückhaltendes Farbschema

Das Holztragwerk ist in den Räumen größtenteils sichtbar, wodurch auch hier die Atmosphäre durch die hölzerne Natürlichkeit geprägt ist. Alle weiteren Decken- und Wandflächen sind weiß, teils als akustisch wirksames Lochblech. Neben dem freundlich hellgrauen Boden in den Bürobereichen finden sich in den Besprechungsräumen farbliche Akzente.

So besteht das Farbschema der Büroräume vornehmlich aus Holz, Weiß und Pastelltönen. Für Claudia und Klaus de Winder – die übrigens den Projektentwickler bei der Suche nach geeigneten Nutzern begleitet haben – war es wichtig, eine freundlich zurückhaltende Stimmung für die 1 600 Mitarbeitenden des schwedischen Energieunternehmens zu erzeugen.

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Je nach momentaner Arbeit können die Mitarbeitenden aussuchen, ob sie einen ruhigen Arbeitsplatz für konzentriertes Arbeiten oder einen Raum für Gruppenarbeiten benötigen. Foto: Mark Seelen Photography

De Winder setzen auf Partizipation

Um herauszufinden, welchen Anspruch die Mitarbeitenden an ihren neuen Arbeitsplatz haben, haben de Winder Architekten mit ihnen zwei Workshopreihen durchgeführt und in diesem partizipativen Prozess Lösungen für die Struktur und die Nutzungsmöglichkeiten erarbeitet.

Intensiv diskutiert wurden dabei die Größe und Lage der Workspaces, der Meetingräume und der Rückzugsbereiche sowie die konkreten Nutzungsbedarfe und die Anordnung der Arbeitsinseln in unterschiedlichen Konstellationen. So konnte eine maßgeschneiderte Bürolandschaft mit wechselnden Atmosphären und Nutzungskonstellationen entwickelt werden. Hilfreich dabei war, dass es in den Grundrissen nur wenige Stützen gab.

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In dem non-territorialen Arbeitsplatzkonzept haben die Mitarbeitenden innerhalb ihrer „Homebase“ freie Platzwahl. Foto: Mark Seelen Photography

Freie Platzwahl innerhalb der ‚Homebase‘

Zur besseren Orientierung sind die Teamareas unterschiedlichen Farben zugeordnet. Jede dieser ‚Homebases‘ ist von den Teams innerhalb des allgemeinen Gestaltungsrahmens individuell bespielt, was nicht zuletzt das Identifikationsgefühl steigern soll. Neben den Arbeitsplätzen finden sich dort Telefonzellen und Meeting-Boxen, Rückzugsbereiche zum Entspannen oder konzentrierten Arbeiten sowie Zonen für informelle Meetings, ergänzt durch Stauraumflächen und Locker-Einheiten.

Die gesamte Organisation der Büroflächen orientiert sich einem non-territorialen Arbeitsplatzkonzept, in dem alle Mitarbeitenden freie Platzwahl haben – innerhalb ihrer ‚Homebase‘ natürlich. Pro Geschoss gibt es zwei Teamküchen sowie separat buchbare ‚Collaboration Centers‘.

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Die Skylounge im obersten Geschoss bietet ebenfalls verschiedene Nutzungsmöglichkeiten. Foto: Mark Seelen Photography

Blick über Berlin

Eine Besonderheit findet sich im 5. Obergeschoss, wo die ‚Skylounge‘ zum Verweilen und zum Austausch lädt. Die Fläche ist in drei Bereiche gegliedert, wobei eine mittig platzierte Meetingbox-Insel den Raum unterteilt. Auf der einen Seite gibt es mobile Sitzkuben für verschiedene Veranstaltungssituationen, die andere Seite lockt eine Lounge mit Bar. Von hier aus gelangt man schließlich auf eine möblierte Außenterrasse, auf der man einen weiten Blick auf den Bahnhof Südkreuz und in Richtung der Berliner Innenstadt genießen kann.

Das Büroensemble Edge Südkreuz Berlin hat das Zertifikat DGNB Platin mit einer Bewertung von 95,4 % erhalten, die gestalterische und baukulturelle Qualität wurde mit DGNB Diamant zertifiziert.

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Fakten

Projekt: Edge Südkreuz Berlin

Bauaufgabe: Neubau eines Büroensembles in Holz-Hybrid-Bauweise mit Carré- und Solitärgebäude, Tiefgarage, Gastronomie und Gewerbefläche

Ort: Hildegard-Knef-Platz 2 und 3, 10829 Berlin

Architektur: Tchoban Voss Architekten, Webseite der Architekten

Innenarchitektur: De Winder Architekten, Webseite der Innenarchitekten

Leistungsphasen de Winder: LPH 1–5 sowie Teilleistungen LPH 6 bis 8

Ausstattung (Auswahl):

Atrium (Auswahl): Barhocker ‚Alto‘ von Artek, Bistrotisch ‚MG3‘ (Sonderanfertigung) von Devorm, Bistrostuhl ‚404‘ von Thonet, Sitzlandschaft ‚Bob‘ von Bla Station

Büroräume (Auswahl): Bodenbelag ‚Superfloor‘ von Interface, ‚Exclusive 1009‘ von Vorwerk, Schreibtische und Akustikpaneele ‚Talo‘ von König + Neurath, Bürodrehstuhl ‚Fern‘ von Haworth, Stauraum/Regale/Pflanzgefäße ‚Acta‘ von König + Neurath, Raum in Raum ‚Cas Box‘ von Carpet Concept, Barhocker ‚Dundra‘ von Bla Station, Stehtisch ‚Lift‘ von Brunner, Infosäule von Tischlerei Fa. Twents

Besprechungszonen (Auswahl): Wandboard/Hocker/Sitzbank von Tischlerei Fa. Twents, Stehhilfe ‚Hopper‘ von Se:dus, Pouf ‚Drum‘ von Softline, Whiteboard ‚Air‘ von Lintex, Meetingtisch ‚Four Real Flake‘ von Four Design, Meetingstuhl ‚LJ1‘ von DeVorm, Whiteboard ‚Dancing Walls‘ von Vitra; Möbellandschaft ‚Pixel‘ von Bene

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